US-Autokonzerne:Die US-Autoindustrie hofft vergeblich auf Trump

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US-Präsident Donald Trump im März bei einem Auftritt im American Center of Mobility in Ypsilanti Township, Michigan. Er hatte der Branche große Dinge versprochen. (Foto: AP)
  • US-Präsident Donald Trump hatte der Autoindustrie viel versprochen. Doch jetzt sinken die Absätze, Experten sehen schon Parallelen zur Krise Anfang der 2000er Jahre.
  • Als Reaktion darauf streichen die Konzernbosse Stellen. Damit könnten sie das Weiße Haus verärgern, schließlich hatte Trump seinen Wählern viele neue Jobs versprochen.
  • Die schwachen Zahlen machen auch die Aktionäre nervös. Das erste Opfer ist Ford-Chef Mark Fields, der am Montag zurückgetreten ist.

Von Claus Hulverscheidt, New York, und Jan Schmidbauer

Der 20. Januar war ein schöner Tag für Mark Fields, einer, der die Tür in eine goldene Zukunft aufstoßen sollte. Ein bisschen Schubkraft tat auch Not. Das Jahr hatte schlecht begonnen für den Chef des US-Autokonzerns Ford: Die Absatzzahlen blieben überraschend hinter den Vorjahreswerten zurück, und das Genörgel der Großaktionäre über die Kursschwäche der Firmenaktie schwoll immer weiter an. Nun jedoch war Abhilfe in Sicht. Donald Trump, um dessen Zuneigung Fields schon seit Wochen mit viel Liebedienerei gebuhlt hatte, übernahm das Präsidentenamt, und das bedeutete: rasche Steuersenkungen, mehr Wirtschaftswachstum, weniger Regulierung.

Doch wie es aussieht, haben sich die Manager der großen US-Autokonzerne zu viel vom neuen Präsidenten versprochen. Vier Monate und eine Reihe zerstobener Reformhoffnungen später weiß man, dass Trump allein den Abwärtstrend in der Branche kaum wird aufhalten können. Im Gegenteil: Amerikas große Autohersteller müssen ihre Probleme wohl ohne die Hilfe des Präsidenten lösen, ja, vielleicht sogar gegen ihn.

Und Mark Fields wird dabei keine Rolle mehr spielen: Wie Ford am Montag mitteilte, verlässt der 56-Jährige das Unternehmen. Fields gehe "in den Ruhestand", heißt es in dem Schreiben. Grund für den Abgang des Managers, der den Posten erst vor drei Jahren übernommen hatte, dürften aber auch schwache Zahlen sein, die Aktionäre und Aufsichtsrat zunehmend nervös machten. Die Ford-Aktie hat in Fields Amtszeit fast 40 Prozent an Wert verloren.

Rüstungsgeschäft
:USA und Saudi-Arabien schließen gigantischen Waffendeal

Bei seinem Besuch in Riad vereinbart Donald Trump mit der saudischen Regierung ein 350 Milliarden Dollar schweres Geschäft. Eine Aufrüstung Saudi-Arabiens solle "Druck vom US-Militär nehmen".

Der 62-jährige Jim Hackett soll Ford nun zurück zum Erfolg führen. Das Unternehmen gab ihn als Nachfolger bekannt. Hackett leitet bislang eine Ford-Tochtergesellschaft, die für Zukunftstechnologien wie das autonome Fahren zuständig ist. Die Ablösung von Fields hat damit auch eine Signalwirkung: Der zweitgrößte US-Autohersteller soll innovativer werden und den Rückstand bei wichtigen Zukunftstechnologien wie der Elektromobilität aufholen. Hackett ist zwar erst seit wenigen Jahren in der Automobilindustrie tätig. Der Manager hat sich aber schon davor den Ruf erarbeitet, groß zu denken und mutige Entscheidungen zu treffen.

Auch Fields hatte mehrfach angekündigt, dass er den Konzern für den Wettbewerb mit den dymanischen Firmen aus dem Silicon Valley rüsten will. Erfolgreich war der Hersteller aber weiterhin mit schweren SUVs und Pick-ups. Eine Antwort auf die Elektroautos von Tesla und den Erfolg des Taxi-Konkurrenten Uber hat Ford bislang nicht gefunden. Und auch die anderen großen US-Hersteller hinken hinterher.

Dabei lief es lange Zeit wieder gut für sie. Sieben Jahre lang, seit den Beinahe-Pleiten und der staatlich alimentierten Wiederauferstehung von General Motors (GM) und Chrysler, hatten die US-Hersteller ihre Verkaufszahlen ein ums andere Mal gesteigert. Höhepunkt war das Rekordjahr 2016, als es den US-Herstellern und ihren ausländischen Mitbewerbern zur eigenen Überraschung gelang, 17,6 Millionen Neuwagen zu verkaufen. Für 2017 war gar die 18-Millionen-Marke im Visier.

Doch seit Januar geht der Absatz deutlich zurück, Monat für Monat. Im April lag das Minus bei insgesamt 4,7 Prozent, bei den großen drei der US-Autobranche - GM, Ford und Fiat-Chrysler (FCA) - sahen die Zahlen noch schlechter aus: GM büßte im Jahresvergleich sechs, Ford und FCA jeweils gut sieben Prozent ein. Die stärksten Verluste gibt es in der Mittelklasse, doch selbst bei den so beliebten großen Sportgeländewagen wird der Kampf härter. Das ist auch für deutsche Hersteller bedeutsam, die in diesem Segment stark vertreten sind oder, siehe VW, gerade mit Macht hineindrängen.

Für das Gesamtjahr 2017 wird derzeit mit einem US-Absatz von knapp 16,9 Millionen Pkw gerechnet - einem Wert, "der im langjährigen Vergleich immer noch sehr hoch ist", wie Tim Fleming, Analyst beim Branchendienst Kelley Blue Book (KBB) sagt. Dennoch hat Ford angekündigt, jeden zehnten der weltweit gut 200 000 Arbeitsplätze abzubauen. Ford beschäftigt auch in Deutschland rund 24 000 Menschen, vor allem am Standort Köln. Ob auch hierzulande Arbeitsplätze wegfallen, ist unklar. Die meisten sollen in Asien und Nordamerika gestrichen werden. Auch Konkurrent GM hat bereits einen Abbau von 3300 Arbeitsplätzen in den USA beschlossen.

Mit dem Stellenabbau wollen die Konzerne gleich zwei Dinge erreichen: Der Kostenaufwand soll sinken, der Aktienkurs steigen. Denn noch mehr als der Absatzrückgang beschäftigt die Konzernbosse die überaus dürftige Börsenbilanz ihrer Unternehmen. Nicht nur Ford steht an der Börse unter Druck. Auch die Aktien der Konkurrenten verloren zuletzt an Wert. Die Papiere von GM verloren im Vergleich zum Höchststand im Frühjahr 2015 um fast 20 Prozent. Der S&P-Index hat im gleichen Zeitraum fast 20 Prozent zugelegt. Entsprechend groß ist der Frust der Aktionäre, der nun in Person des bisherigen Ford-Chefs Fields ein erster Opfer findet.

Der Manager hinterlässt nicht nur einen Autokonzern, dem eine Strategie fehlt. Sein Nachfolger Jim Hackett wird sich auch auf einen möglichen Konflikt mit dem US-Präsidenten vorbereiten müssen. Es wäre nicht überraschend, wenn der Personalabbau, mit dem Fields noch versuchte gegenzusteuern, Donald Trump verärgern würde. Der Präsident hat den Erhalt und die Schaffung von US-Jobs zu seinem wichtigsten Ziel erklärt. Der geplante Stellenabbau bei Ford konterkariert nun Trumps Versprechen an die Amerikaner: Jobs, Jobs und noch mal Jobs. Firmen, die aus seiner Sicht nicht mitziehen, hatte er immer wieder öffentlich gebrandmarkt.

Für die Detroiter Autokonzerne ist das nicht die einzige Demütigung: Blamabel ist für sie auch, dass der Branchenneuling Tesla, der gerade einmal ein Vierzigstel dessen produziert, was GM pro Jahr auf den US-Markt wirft, an den Platzhirschen vorbeigezogen ist. Gemessen am Börsenwert ist Tesla zur Nummer eins unter den US-Autobauern aufgestiegen. Zwar kann das Unternehmen genauso wenig wie GM oder Ford sagen, ob sich all die Milliarden rentieren werden, die die Branche derzeit in Elektroantriebe, autonomes Fahren und andere Zukunftsversprechen investiert. Der Neuling aus dem Silicon Valley muss aber nicht nebenbei noch das laufende Altgeschäft managen. Zudem umweht Tesla der frische Wind des Newcomers, während der Konkurrenz der Geruch des behäbigen Riesen anhaftet - die Börse ist ungerecht.

Der Absatz sinkt, obwohl die Hersteller aggressiv um Kundschaft geworben hatten

Doch es ist keineswegs nur der Spagat zwischen kritischen Aktionären und einem irrlichternden Präsidenten, der den Autobossen das Leben schwer macht. Es sind auch die wirtschaftlichen Realitäten. Die Auto-Analysten der Deutschen Bank fühlten sich jüngst an einen ihrer Berichte aus dem Jahr 2004 erinnert, in dem sie unter der Überschrift "Die Dreifach-Bedrohung" vor einem Einbruch des Pkw-Absatzes gewarnt und die tiefe Krise des Jahres 2008 vorgezeichnet hatten. Alle drei Probleme von damals spielen auch heute wieder eine Rolle: Die Zinsen steigen, die Gebrauchtwagenpreise sinken, und die Zahl der Autokredite, bei denen die ausstehende Schuld höher ist als der Restwert des Wagens, geht beständig nach oben.

Hinzu kommt die Frage, ob der US-Automarkt womöglich gesättigt ist. Seit Ende 2012 ist die Zahl der gemeldeten Wagen von 249 Millionen auf 270 Millionen gestiegen. Im Schnitt kommt also auf jeden erwachsenen US-Bürger mehr als ein Pkw. "Der Nachholbedarf, den es nach Überwindung der Rezession gab, ist jetzt befriedigt", sagt auch KBB-Analyst Fleming.

Was die Branche jedoch vor allem bestürzt: Der Absatz sinkt, obwohl die Hersteller in den vergangenen Monaten mit kräftigen Preisnachlässen und anderen Kaufanreizen besonders aggressiv um Kundschaft geworben hatten. Experten befürchten bereits, dass die Konzerne im Kampf um Stückzahlen und Marktanteile zu den ruinösen Rabattschlachten des vergangenen Jahrzehnts zurückkehren könnten. In der US-Wirtschaft hat der sinkende Autoabsatz schon Spuren hinterlassen. Im ersten Quartal 2017 wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf Jahresbasis gerechnet nur um magere 0,7 Prozent - auch wegen der Autoindustrie. Ohne sie hätte das BIP um 1,2 Prozent zugelegt.

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