US-Aufsicht gegen britische Geldhäuser:Drei Schläge gegen Londons Banken

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Drogengeld bei HSBC, Zinslügen bei Barclays und jetzt verbotene Iran-Deals bei Standard Chartered: Immer ist es die US-Aufsicht, die hart gegen die Banken aus London vorgeht. Britische Abgeordnete wittern eine Verschwörung.

Moritz Koch, New York

John Mann legt sich gern mit den ganz Großen an. Wann immer es darum geht, einen Spitzenbanker ins Kreuzverhör zu nehmen, ist der Labour-Abgeordnete mit bissigen Fragen und barschen Urteilen zur Stelle. Zuletzt vor ein paar Wochen, als er Barclays-Chef Bob Diamond bezichtigte, "unablässig" Unwahrheiten zu verbreiten. Nun aber hat der scharfzüngige Mr. Mann einen Gegner gefunden, der noch mächtiger ist als die heimische Hochfinanz: die US-Regierung. Der Sozialdemokrat wähnt sich einer anti-britischen Verschwörung auf der Spur - und kämpft auf einmal Seit' an Seit' mit den Spitzenbankern, die er sonst so gern verdammt hat. So schnell kann das gehen.

Viele Geschäfte in Asien: Büros von Standard Chartered in Singapur. (Foto: REUTERS)

Keine Frage: Es läuft derzeit nicht gut für britische Finanzkonzerne in den USA. Erst mischten sich die Amerikaner in die Ermittlungen gegen die Zins-Trickser von Barclays ein. Dann bezichtigten sie HSBC, Drogenbossen und Terroristen bei der Geldwäsche zu helfen. Und an diesem Montag erklärten sie Standard Chartered kurzerhand zur "Schurkenbank". All das kann kein Zufall sein, meint Politiker Mann: "Ich denke, das ist eine konzertierte Aktion, die von der Regierung angeführt wird. Washington versucht hier eine Schlacht zu gewinnen, bei der es darum geht, den Handel von London nach New York zu verlegen. Das ist ein politischer Angriff. Nichts Geringeres als das "Wohl des britischen Volkes" steht auf dem Spiel.

Manns Triade mag verwegen klingen. Doch sie macht deutlich: Die Vorwürfe gegen britische Banken drohen sich zu einer transatlantischen Beziehungskrise auszuwachsen. Zumal sich die Empörung in Großbritannien nicht auf die Oppositionsbänke im Unterhaus beschränkt. Auch Investoren, die ihr Geld in britische Banken gesteckt haben, vermuten politische Motive. Selbst Notenbank-Chef Mervyn King geht mit den Amerikanern ins Gericht, wenn auch diplomatisch verklausuliert. "Ich denke, alle Behörden im Vereinten Königreich würden sich dafür aussprechen, dass die Ermittler, die an einem konkreten Fall arbeiten, versuchen, zu kooperieren und davon Abstand nehmen, sich vor Abschluss der Untersuchungen öffentlich zu äußern", sagte King am Mittwoch. Er spielte damit auf Anschuldigungen der New Yorker Finanzaufsicht DFS gegen Standard Chartered an.

Haben sich die USA gegen Londons Banken verschworen? Nein

Die britische Großbank soll fast zehn Jahre lang in verbotene Geschäfte mit Iran verstrickt gewesen sein. Die Rede ist von einem Gesamtvolumen von über 250 Milliarden Dollar. Die Vorwürfe trafen Standard Chartered unvorbereitet. Vorstandschef Peter Sands brach seinen Urlaub ab und eilte zurück ins Büro, um mit zwei Kanzleien eine Verteidigungsstrategie zu erarbeiten. Für die Bank steht viel auf dem Spiel. Im schlimmsten Fall könnte sie ihre Geschäftslizenz verlieren und damit den Zugang zum amerikanischen Finanzmarkt.

Um hier eine Verschwörung am Werk zu sehen, benötigt man allerdings viel Phantasie. Denn die DFS überrumpelte nicht nur die Briten, sondern auch die amerikanische Notenbank Federal Reserve und das Finanzministerium in Washington. Die DFS habe die Gespräche zwischen dem Finanzministerium und Standard Chartered über Schadenersatzansprüche unnötig erschwert, hieß es aus Regierungskreisen.

Auch die Vermutung, die Vorwürfe gegen Standard Chartered, stünden im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen HSBC und Barclays, sind wenig überzeugend. Im Falle HSBC ermittelte vor allem der Senat, im Falle Barclays das Justizministerium und die Kontrollbehörde Commodity Futures Trading Commission. Dennoch: Der Labour-Politiker Mann will sich von einer Verschwörungstheorie nicht abbringen lassen. Er fordert eine parlamentarische Untersuchung, um die Hintergründe aufzudecken.

© SZ vom 09.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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