Urteil zum Euro-Rettungsschirm:Gerade noch mal gutgegangen

Die Angst vor Börsenpanik: verflogen. Der Kollaps der Euro-Zone: abgewendet. Deutschlands Verfassungsrichter billigen den Euro-Rettungsschirm so wie er ist - und die Politiker atmen auf. Ändern muss sich aber dennoch etwas.

Frederik Obermaier

Europas Politiker können aufatmen: Das Bundesverfassungsgericht hat die Hilfe für Griechenland und den EU-Rettungsschirm gebilligt. Die Karlsruher Richter verwarfen die Verfassungsbeschwerden des CSU-Politikers Peter Gauweiler und einer Gruppe von Professoren um den Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider. Zwar muss der Bundestag künftig bei der Euro-Rettung besser eingebunden werden, der große Knall jedoch blieb aus. Damit ist die Stabilität des Euro-Rettungsschirms vorerst gesichert. Das Urteil sorgt am Devisenmarkt für Erleichterung: Der Euro schoss nach der Bekanntgabe der Entscheidung kurz steil nach oben, fiel dann aber wieder leicht. Der Dax gewann zeitweise rund drei Prozent.

Urteil Bundesverfassungsgericht zu Griechenlandhilfe

Ohne Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht: Die Klage der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler Wilhelm Nölling (von links), Karl Albrecht Schachtschneider, Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty gegen den Euro-Rettungsschirm wurde abgewiesen.

(Foto: dpa)

Die Klage hatte sich gegen das erste Griechenland-Hilfspaket sowie den im Mai 2010 beschlossenen Euro-Rettungsschirm gerichtet. Deutschland bürgt dabei mit insgesamt rund 170 Milliarden Euro - die Kläger sahen dadurch das Haushaltsrecht des Bundestags verletzt. Durch die enorme Haftungssumme würde im Krisenfall die Haushaltsplanung des Bundestags extrem belastet. Die Verfassungsrichter jedoch waren anderer Meinung: Es könne nicht festgestellt werden, dass die Höhe der Bürgschaften die haushaltswirtschaftliche Belastungsgrenze derart überschreite, dass die Haushaltsautonomie völlig leerliefe. Eine Obergrenze für die künftige Höhe von Bürgschaften setzte das Verfassungsgericht nicht fest.

Entsprechend erleichtert reagierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie sehe sich durch das Urteil in ihrer Euro-Krisenpolitik "absolut bestätigt", sagte sie bei der Haushaltsdebatte im Bundestag. Ihre Rede war extra nach hinten verschoben worden, damit sie direkt auf die Entscheidung aus Karlsruhe reagieren konnte - schließlich hätten die Verfassungsrichter mit ihrem Urteil auch die gesamte Euro-Zone in die Krise stürzen können.

"Eine Sternstunde für das Parlament"

Hätten sie den Rettungsschirm für nichtig erklärt, hätte dies massive Folgen gehabt: Bereits gezahlte Kredite hätten rückabgewickelt werden müssen, Deutschland wäre als maßgeblicher Zahler und Bürge ausgefallen. Der aktuelle Rettungsschirm EFSF hätte nach Einschätzung von Finanzexperten die Bonitätsnote AAA verloren.

Nun kommt alles anders - und die schwarz-gelbe Regierungskoalition jubelt. Das Urteil sei eine "Sternstunde für das Parlament", sagte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). "Das Königsrecht des Parlaments, über Einnahmen und Ausgaben des Staates zu entscheiden, ist heute gestärkt worden", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).

Ihr Parteikollege Otto Fricke deutet das Urteil als "klare Absage" gegen die Einführung von gemeinsamen Anleihen der Euro-Staaten, den sogenannten Euro-Bonds, "da hierdurch unabsehbare Belastungen auf den Bundeshaushalt zukommen könnten". Auch nach Ansicht von CSU-Chef Horst Seehofer sind die Bonds durch das Urteil vom Tisch. "Deutschland sagt ja zu Europa und ja zu solidarischen Hilfen."

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