Urteil in Bettencourt-Affäre:Die alte Dame und ihre Erbschleicher

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Liliane Bettencourt in Paris im Jahr 2010.

(Foto: AFP)
  • Ein Gericht in Bordeaux hat Erbschleicher und Betrüger im Fall um die L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt zu Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt.
  • Erleichtert dürften der frühere Präsident Nicolas Sarkozy und seine Mitstreiter vernommen haben, dass ihr getreuer Parteimann Eric Woerth freigesprochen wurde.

Von Christian Wernicke, Paris

Angefangen hatte der Fall Bettencourt als Familiendrama. Fernsehreif und unappetitlich zwar, aber eigentlich strikte Privatsache: Eine Tochter kämpfte anno 2007 um die Entmündigung ihrer dementen Mutter, um ihr Erbe zu retten. Nur, die greise Liliane Bettencourt war als Großeignerin des weltgrößten Kosmetikkonzern L'Oréal eben die reichste Frau Frankreichs - weshalb gleich eine halbe Heerschar gieriger Schmeichler, Vermögensmanager und Bediensteter nach ihrem Vermögen trachtete. Obendrein lockten die Milliarden auch Politiker an, das Dossier weitete sich zur Staatsaffäre aus. Seit Donnerstag ist der "Bettencourt-Skandal" nun endgültig nur noch ein ordinärer Fall miesen Betrugs: Ein Gericht in Bordeaux verurteilte Erbschleicher und Betrüger zu Gefängnis- und Geldstrafen - der letzte noch involvierte Politiker hingegen kam per Freispruch davon.

Am härtesten traf der Richterspruch François-Marie Banier, 67. Der einstige Jetset-Fotograf und unverbesserliche Charmeur hatte der alten Dame neben drei Lebensversicherungen etwa Gemälde von Matisse und Kandinsky sowie Originalmanuskripte von Rimbaud und Molière abgeschwatzt. Er muss nun wegen "Ausnutzung von Schwäche" für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Zusätzliche sechs Monate wurden zur Bewährung ausgesetzt, hinzu kommt eine Geldstrafe in Höhe von 350 000 Euro. Das ist ein Sturz in den Abgrund für einen Mann, der sich nach Berechnungen der Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich ein Vermögen im Gesamtwert von einer Milliarde Euro erschlichen hatte. Vor acht Jahren hatte Banier sogar geprahlt, Liliane Bettencourt wolle ihn demnächst adoptieren.

Da hatte Françoise Bettencourt-Meyers die Reißleine gezogen. Die Tochter, mit ihrem ernsten, fast düsteren Wesen der völlige Gegensatz zu ihrer überaus lebenslustigen Mutter, beantragte bei Gericht deren Entmündigung. "Ich wusste mir nicht mehr anders zu helfen", hat Bettencourt-Meyers später erklärt. Zuvor hatten sich die Hinweise mehrerer Bediensteter gemehrt, dass Banier ihre Mutter "systematisch ausschlachte". Nur, Liliane Bettencourt wehrte sich, verweigerte ärztliche Untersuchungen, wetterte öffentlich über das Vorgehen ihrer Tochter. Der Familienkrach gewann Unterhaltungswert, zum Wohlgefallen der Pariser Klatschpresse.

Im Juni 2010 erschüttert der milliardenschwere Familienzank dann sogar das politische Paris. Denn da veröffentlicht die Enthüllungs-Webseite Mediapart Auszüge von Tonbandmitschnitten, mit denen Pascal Bonnefoy, damals Butler im Hause Bettencourt, beweisen wollte, wie seine alte Dienstherrin von aller Welt ausgebeutet wurde. Die Tondokumente belasten den Vermögensverwalter Patrice de Maistre schwer. Mal ist der Finanzberater zu vernehmen, wie er seine Edelklientin zum Kauf einer Luxus-Yacht animiert. Ebenso auf Band gebannt ist, wie der Mann der Milliardärin im November 2009 rät, eiligst illegal am Fiskus vorbei in der Schweiz geparkte Finanzanlagen heimzuholen. De Maistre wird am Donnerstag ebenfalls hinter Gitter geschickt, für mindestens eineinhalb Jahre. Hinzu kommen zwölf Monate Bewährung, plus 250 000 Euro Buße.

Nicolas Sarkozy könnte in eine brisante Parteispenden- Affäre hineingezogen werden

Die Tonbänder sind politischer Sprengstoff. Denn sie schüren den Verdacht, Bettencourt sei 2007 von Vertretern der konservativen Regierungspartei UMP um Spenden für die Präsidentschafts-Kampagne eines gewissen Nicolas Sarkozy angegangen worden. Damit sieht sich das einstige Staatsoberhaupt in eine potenziell brisante Parteispenden-Affäre hineingezogen. Nach Ablauf von Sarkozys Amtszeit im Élysée-Palast nehmen die Ermittlungen der Untersuchungsrichter ihren Lauf. Der Konservative sieht sich peinlichen Fragen und bis zu zwölfstündigen Vernehmungen ausgesetzt. Erst 2013 wird das Verfahren gegen den Ex-Präsidenten eingestellt.

Inzwischen zurückgekehrt, plant der 60-Jährige seinen zweiten Anlauf auf die Führung der Nation. An diesem Wochenende gibt er seiner skandalbelasteten UMP einen neuen Namen: "Les Républicains".

Erleichtert dürften Sarkozy und seine Mitstreiter am Donnerstag vernommen haben, dass ihr getreuer Parteimann Eric Woerth vom Gericht in Bordeaux freigesprochen wurde. Zeugen hatten behauptet, der frühere Budgetminister und Schatzmeister von Sarkozys Kampagne 2007 habe mindestens 50 000, vielleicht sogar 150 000 Euro an illegalen Parteispenden von Bettencourts Vermögensverwalter de Maistre zugesteckt bekommen. Doch dafür fehlten die Beweise, zudem verstrickte sich eine Kronzeugin der Anklage - eine frühere Buchhalterin im Hause Bettencourt - in Widersprüche. Sie muss sich nun selbst einem Verfahren stellen - wegen mutmaßlicher Falschaussage.

Reingewaschen wurde Ex-Minister Woerth am Donnerstag auch von dem Vorwurf, er habe einst seiner Frau in der Firma von Finanzberater de Maistre einen lukrativen Job besorgt - und dem Vermögensberater dafür die Berufung in Frankreichs Ehrenlegion ermöglicht.

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