Urteil im Silicon Valley:Ellen Pao scheitert - Diskriminierung bleibt ein Thema

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Ellen Pao vor dem Gericht in San Francisco. Die ehemalige Kleiner-Perkins-Partnerin ist derzeit Übergangschefin von Reddit. (Foto: Justin Sullivan/Getty)

Die Investment-Firma Kleiner Perkins ist ein peinlicher Jungsclub, doch sie muss ihrer ehemaligen Mitarbeiterin Ellen Pao keine Millionensumme wegen Diskriminierung zahlen. Warum die Tech-Branche an der Sexismus-Debatte trotzdem nicht vorbei kommt.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Der Prozess, der das Silicon Valley elektrisierte, ist zu Ende: Ellen Pao hat ihre Diskriminierungsklage gegen die bekannte Investmentfirma Kleiner Perkins (Google, Amazon) in allen Punkten verloren.

Damit geht ein dreijähriger Rechtsstreit zu Ende, der am Ende niemanden unbeschädigt ließ. Die E-Mails und Zeugenaussagen ließen Kleiner Perkins als erstaunlich unprofessionellen Jungsclub mit Herrenwitz-Einschlag erscheinen, der in maskuliner Blindheit eine Ellbogenmentalität förderte, aber dann Frauen den Einsatz von Ellbogen negativ anrechnete.

Ellen Pao wiederum konnte keine aktuellen oder früheren Mitarbeiterinnen finden, um ihre Diskriminierungsvorwürfe im Zeugenstand zu unterstützen. Vielmehr rückten eigene Unzulänglichkeiten im zwischenmenschlichen Umgang in den Vordergrund, mit deren Hilfe Kleiner Perkins und Anwälte die damalige Verweigerung einer Beförderung begründen konnten.

Nicht das Ende, sondern eine Wegmarke

Das Urteil ist nicht das Ende (Klagen gegen Twitter und Facebook wurden jüngst eingereicht), sondern nur eine Wegmarke in dem Diskurs über den Umgang mit Frauen und Minderheiten im Silicon Valley. Nur sechs Prozent aller Partner in Risikokapital-Firmen ("VCs") sind Frauen, das sind weniger als noch zur Jahrtausendwende. Das im Prozess beschriebene Klima zeigt deutlich, warum das auf informellen Männernetzwerken basierende VC-Geschäft Frauen Karrierewege strukturell versperrt.

Anders als die verzirkelten VCs sind die großen Tech-Konzerne wie Google und Co bereits weiter und haben Programme zur Förderung von Frauen, sowie von Latinos und Schwarzen angekündigt. Das ist ein Anfang. Greifbare Ergebnisse werden jedoch etwas auf sich warten lassen, da das Problem zu lange ignoriert wurde und diese Gruppen gerade in IT-Studiengängen unterrepräsentiert sind, die Wurzeln also bis ins Bildungssystem reichen.

Peter Pan statt Verantwortung

Das Silicon Valley steht mit seinen Problemen nicht alleine da, vielen Branchen in vielen Industrienationen mangelt es an Vielfältigkeit auf Führungspositionen. Das Selbstbild vom Peter Pan, der nie erwachsen wird und spielerisch die Welt verändert, hat den Tech-Akteuren kalifornischer Prägung allerdings den Blick auf etwas Wesentliches verstellt: Dass echter Fortschritt nicht nur etwas mit Ideen und Technologie zu tun hat, sondern auch mit der Verantwortung für die eigene Personal- und Firmenkultur. Immer mehr Frauen, aber auch Männer fordern genau dies nun ein.

Die Gegend rund um San Francisco ist als liberalste Region Amerikas für ihre progressiven Werte bekannt, für den Ruf nach Offenheit, Teilhabe und Fairness. Die Tech-Industrie präsentiert sich gerne als Produkt dieser Kultur. Nun muss sie den Bekenntnissen Taten folgen lassen.

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