Süddeutsche Zeitung

Urteil:Empörung in Israel

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Export-Produkte aus den Siedlungen im Westjordanland und den anderen 1967 besetzten Gebieten in der EU speziell gekennzeichnet werden müssen. Das trifft vor allem Obst, Gemüse und Wein.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Luxemburg/Tel Aviv

In Israel wurde das Urteil kritisiert, in den palästinensischen Gebieten wurde es begrüßt: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass Produkte aus israelischen Siedlungen im Westjordanland und anderen 1967 besetzten Gebieten gekennzeichnet werden müssen. Das betrifft vor allem Obst, Gemüse und Wein. Das sei nötig, damit Verbraucher "unter Berücksichtigung nicht nur von gesundheitsbezogenen, wirtschaftlichen, umweltbezogenen oder sozialen, sondern auch von ethischen Erwägungen oder solchen, die die Wahrung des Völkerrechts betreffen, eine fundierte Wahl" treffen könnten, urteilten die Richter.

Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat, rief "alle EU-Länder" auf, das Urteil umzusetzen. Zugleich sprach er sich für einen Bann aller Produkte aus jüdischen Siedlungen aus. Erst vergangene Woche hatte er vor Journalisten beklagt, dass den Palästinensern "nicht nur Land, sondern auch Wasser" gestohlen werde. Datteln würden als israelische Produkte ausgewiesen oder in anderen Ländern umgepackt und neu etikettiert. Der israelische Transportminister Bezalel Smotrich, der der den Siedlern nahestehenden Partei Neue Rechte angehört, kritisierte die Entscheidung dagegen scharf. Just an dem Tag, an dem Israel von Raketen seiner Gegner getroffen werde, positioniere sich das europäische Gericht an deren Seite. Das israelische Außenministerium nannte die Entscheidung "ein Werkzeug in der politischen Kampagne gegen Israel."

Jüdische Verbände sehen das Urteil als Teil der Boykottbewegung gegen Israel. Der auf EU-Recht spezialisierte Wirtschaftsprofessor Arie Reich nannte es eine Entscheidung mit politischen Motiven. Rechtsprofessor Eugene Kontorovich sprach von einem "gelben Stern auf jüdische Produkte", der nun notwendig sei.

Auslöser für das Verfahren war eine Klage einer jüdischen Organisation und des Weinguts Psagot gegen einen Erlass in Frankreich, der unter Berufung auf EU-Regelungen die Kennzeichnung von Siedlungsprodukten festlegte.

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Quelle:
SZ vom 13.11.2019
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