Urteil des Rating-Riesen:Standard & Poor's droht Frankreich - diesmal wirklich

Lesezeit: 1 min

Anfang November war es angeblich ein Computerfehler, jetzt meint es Standard & Poor's ernst: Die Ratingagentur könnte den Ausblick für Frankreichs Spitzenbonität auf "negativ" senken. Doch auch diesmal gibt es Ungereimtheiten - denn ursprünglich wollte S&P das schon vergangene Woche verkünden.

Frankreich versucht, seine Milliardenschulden in den Griff zu bekommen - an den Finanzmärkten gibt es allerdings offenbar Zweifel, ob das gelingen kann. Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) könnte in den kommenden zehn Tagen den Ausblick für Frankreichs Spitzenbonität von "stabil" auf "negativ" senken, berichtet die französische Zeitung La Tribune.

In Frage gestellt: Experten an den Finanzmärkten bezweifeln, dass Frankreichs Regierung um Präsident Nicolas Sarkozy die Milliardenschulden in den Griff bekommen. (Foto: dpa)

S&P hätte dies bereits am vergangenen Freitag mitteilen wollen, die Ankündigung aber aus unbekannten Gründen verschoben. Ein Sprecher der Agentur mit Sitz in New York wollte sich zu dem Bericht auf Anfrage nicht äußern. Der Ausblick für Frankreichs Bonitätsnote ist bei S&P derzeit stabil, allerdings stellen Experten an den Finanzmärkten die Fähigkeit der Regierung in Frage, die Schulden in den Griff zu bekommen.

Französische Staatsanleihen verbuchten zuletzt herbe Wertverluste. Doch auch Zweifel an der Reformfähigkeit des Landes haben die Refinanzierungskosten in die Höhe getrieben. Die beiden angloamerikanischen S&P-Konkurrenten Fitch und Moody's haben Frankreich bereits gewarnt, dass es sein "AAA"-Rating im Sog der Schuldenkrise verlieren könne.

S&P hatte bereits Anfang November eine Mail an einige Abonnenten verschickt, in der sie Frankreichs Bonität versehentlich herabgestuft hatte. Wenig später begründete sie den Irrtum mit einer Computerpanne.

Eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Landes hätte nach Einschätzung von Finanzexperten Auswirkungen auf den Euro-Rettungsfonds EFSF, der dann wahrscheinlich höhere Zinsen zahlen müsste, um Krisenländer unterstützen zu können. Die Euro-Schuldenkrise würde sich dadurch verschärfen.

Moody's kündigt mögliche Banken-Herabstufung an

Die Rating-Agentur Moody's kündigte indes an, möglicherweise die nachrangigen Schulden von 87 Banken aus 15 europäischen Staaten herabstufen zu wollen. Grund hierfür sei die Sorge, dass die Regierungen im Falle einer finanziellen Schieflage der Institute möglicherweise zu knapp bei Kasse seien, um nachrangige Gläubiger vor Schaden zu bewahren, erklärte die Agentur. Betroffen von der Überprüfung seien vor allem zahlreiche Banken in Spanien, Italien, Österreich und auch Frankreich, jedoch kein deutsches Institut.

Möglicherweise dürften die nachrangigen Papiere der betroffenen Geldhäuser um durchschnittlich zwei Stufen abgewertet werden, erläuterte Moody's. Im Insolvenzfall sind nachrangige Schulden anderen Schuldenpapieren untergeordnet. Sie sind deshalb eine risikoreichere Anlageklasse.

© Reuters/aper - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: