Urteil: Bus-Fernverkehr:"Die Bahn ist Deutschlands größter Busunternehmer"

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Bekommen Fernbuslinien in Deutschland vor Gericht eine Chance? Busunternehmer Michael Svedek erklärt, warum die Bahn sich so heftig wehrt.

Stefan Lakeband

Bus oder Bahn? Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheidet, ob es eine Fernbuslinie zwischen Dortmund und Frankfurt geben darf. Darüber streiten sich die Busgesellschaft Deutsche Touring und die Bahn. Bis auf wenige Ausnahmen verbietet eine Vorschrift innerdeutschen Fernverkehr mit Bussen - und schützt somit das Geschäft der Deutsche Bahn.

Momentan gibt es schon einige Fernbus-Linien in Deutschland. Nach dem Urteil könnten es noch mehr werden. (Foto: Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer)

Möglicherweise hat das Urteil weitreichende Konsequenzen: Wenn das Gericht die Buslinie erlaubt, könnte das den Weg für private Anbieter freimachen. Im Interview erklärt Michael Svedek, der bei der Deutschen Touring für das laufende Geschäft zuständig ist, warum das Urteil den Reiseverkehr in Deutschland verändern könnte.

SZ: Das Bundesverwaltungsgericht urteilt an diesem Donnerstag: Wird das Reisen in Deutschland revolutioniert?

Michael Svedek: Wenn wir recht bekommen, dann wird das Reisen zumindest auf einen Stand gebracht, den andere Ländern längst erreicht haben. England, Spanien, Taiwan, Polen - ganz egal, wo Sie hingehen: Fernreisen mit Bussen sind dort längst üblich. Nur in Deutschland geht vieles nicht. Von einer Revolution kann und will ich zwar nicht sprechen, aber es wird mehr Möglichkeiten und Auswahl geben.

SZ: Wie wird sich das Reiseverhalten verändern, wenn Busfernlinien zugelassen würden?

Svedek: Alle Studien zeigen, dass in diesem Fall nicht die Bahn verlieren würde, sondern eher der individuelle Personenverkehr. Es könnte also sein, dass es etwas entspannter auf den Straßen zugeht. Die Busse, die jetzt schon auf den Straßen fahren, fallen im Gegensatz zu den Lastwagen kaum auf. Wenn da noch ein paar Busse hinzukommen, wird das die Verkehrsdichte kaum merklich erhöhen.

SZ: Wieso kann die Bahn einem privaten Unternehmer wie Ihnen derart ins Geschäft reinreden?

Svedek: Das liegt am Personenbeförderungsgesetz von 1934, das damals zum Schutz der Reichsbahn geschaffen wurde. Diese konnte so ihre Strecken ausbauen und war vor der Konkurrenz geschützt. Dieses Gesetz gilt immer noch. Deswegen muss heute noch bei jedem neuen Streckenantrag bewiesen werden, dass es eine Verbesserung des Angebotes gibt. Da kann die Bahn natürlich immer dagegenhalten und sagen: "Wir fahren schon überall, da gibt es keine Verbesserung." Wir sagen jetzt: "Es ist auch schon eine Verbesserung, wenn man einen günstigeren Preis oder eine umsteigefreie Verbindung hat." Darum geht es vor Gericht.

SZ: Wie wird Ihrer Ansicht nach das Urteil ausfallen?

Michael Svedek von der Deutsche Touring erklärt, warum das Urteil des  Bundesverwaltungsgerichts den Reiseverkehr in Deutschland verändern könnte. (Foto: oH)

Svedek: Wir gehen davon aus, dass wir gewinnen werden, weil alle fünf Instanzen zuvor die Buslinie bestätigt haben. Jetzt geht es eigentlich nur noch um die Formulierung des Gerichts. Wird nur diese spezielle Linie genehmigt - oder ist das Urteil allgemeingültig?

SZ: Gab es größere Probleme, als in anderen Ländern Europas Busfernreisen erlaubt wurden?

Svedek: In England gab es zum Beispiel eine Bereinigung im Anbietermarkt. Das ist aber auch nur logisch. Es können nicht alle Anbieter überleben, das geht einfach nicht.

SZ: Würde die Bahn auch von einer Liberalisierung des Busfernverkehrs profitieren?

Svedek: Ja. Es ist ja jetzt schon so, dass Töchter der Bahn, zum Beispiel Berlin Linien Bus, Anträge für Fernbuslinien stellen und sich auf die Öffnung des Markts vorbereiten. Die Bahn ist nach wie vor mit 12.000 Bussen der größte Busunternehmer des Landes und unser Konkurrent Nummer eins.

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