Urheberrecht in Europa:Fotos von Reichstag und Louvre dürfen gepostet werden

  • Das Europaparlament hat den Urheberrechts-Bericht der deutschen Piraten-Politikerin Julia Reda mit deutlicher Mehrheit akzeptiert.
  • Abgelehnt wurde ein umstrittener Änderungsantrag, der eine Einschränkung der Panoramafreiheit in Deutschland zur Folge gehabt hätte.
  • Im Internet hatte sich zuvor heftiger Widerstand gegen die Änderung formiert, mehr als eine halbe Million Menschen unterschrieben eine entsprechende Petition.

Das Europaparlament möchte, dass private Fotos vor öffentlichen Gebäuden wie dem Berliner Reichstag oder der Glaspyramide des Pariser Louvre auch weiterhin in sozialen Netzwerken wie Facebook veröffentlicht werden dürfen. Die Abgeordneten haben einen sehr umstrittenen Paragraphen aus dem Bericht zur geplanten Reform des EU-Urheberrechts gestrichen, der die sogenannte Panoramafreiheit in der gesamten EU eingeschränkt hätte.

Derzeit ist diese Frage in den einzelnen EU-Staaten unterschiedlich geregelt. Das deutsche Urheberrecht erlaubt es, "Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden", zu fotografieren und die Fotos zu verbreiten. In anderen Ländern wie etwa Frankreich, ist für die Veröffentlichung grundsätzlich die Einwilligung etwa von Architekten notwendig, sofern deren Urheberrecht noch nicht erloschen ist.

Auf den Änderungsantrag folgte eine Protestwelle

Zuvor hatte der Änderungsantrag eines französischen Abgeordneten der liberalen Fraktion eine EU-weite Einschränkung der Panoramafreiheit gefordert - und damit eine Protestwelle bei Berufsfotografen, aber auch Bürgern ausgelöst. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) warnte vor einer Behinderung der Arbeit von Journalisten und Medien, sollte die Panoramafreiheit eingeschränkt werden. Eine halbe Million Menschen unterschrieben eine Petition des Fotografen Nico Trinkhaus, außerdem wies die deutsche Wikipedia mit einem Banner auf den Änderungsantrag hin.

Die ausführliche Vorgeschichte zur Aufregung um das vermeintliche Verbot des Urlaubsselfies finden Sie hier:

Die EU-Bürger könnten in den meisten Mitgliedstaaten weiterhin "unbesorgt Selfies posten", sagte die deutsche Berichterstatterin Julia Reda von der Piratenpartei. Sie werde sich "weiter darum bemühen, dieses Recht auf ganz Europa auszudehnen". Auch Digital-Kommissar Günther Oettinger zeigte sich zufrieden. Angeblich habe das Parlament das Panoramarecht nie einschränken wollen. Die Kontroverse sei durch eine "missverständliche Idee" im Rechtsausschuss entbrannt. Insofern sei dies eine "Phantomdebatte" gewesen.

Kritischer reagierte der Verein Digitale Gesellschaft. Das EU-Parlament habe sich "leider eher für ein Reförmchen als für eine Reform des Urheberrechts ausgesprochen", sagte Geschäftsführer Alexander Sander. Trotz vereinzelter guter Ansätze sei die Chance verpasst worden, "das vollkommen veraltete EU-Urheberrecht an die Nutzungsgewohnheiten und Herausforderungen des digitalen Zeitalters" anzupassen. So fehlten etwa "ein klares Nein zum Geoblocking ebenso wie ein Ja zu Fair Use und einem Recht auf Remix".

Es ging nicht nur um die Panoramafreiheit

Obwohl die Posse um die Panoramafreiheit die meiste mediale Aufmerksamkeit auf sich zog, ging es im Urheberrechts-Bericht noch um weitere Themen: Das Europaparlament fordert in seiner Entschließung unter anderem, die Arbeit von Universitäten und Bibliotheken zu erleichtern; so sollen etwa Bücher nach Erlöschen der Autorenrechte leichter digitalisiert werden können. Auch das Ausleihen von E-Books in Bibliotheken soll erleichtert werden. Das Straßburger Parlament möchte sicherstellen, dass Kreativschaffende wie Musiker, Autoren oder Fotografen für ihre Arbeit eine faire Bezahlung erhalten. Außerdem soll mit dem sogenannten Zitatrecht garantiert werden, dass die Presse Aussagen zitieren darf.

Die Entschließung ist für die EU-Kommission nicht bindend. Bei der geplanten Gesetzgebung zur Reform des Urheberrechts hat das Europaparlament aber ein Mitbestimmungsrecht. Die Kommission, die im kommenden Winter einen Vorschlag vorlegen will, kann daher die Forderungen der EU-Volksvertretung nicht ignorieren.

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