Urheberrecht:Automatische Abrechnung

Wie Youtube und die Verwertungsgesellschaft Gema genaue Daten über den Abruf von Musik erhalten.

Von Johannes Boie

Bei Tausenden Videos, die von sofort an in Deutschland zusätzlich auf Youtube zu sehen sind, muss die Gema auf einen Schlag die Urheberrechte verwalten. Das wäre ein gewaltiger Aufwand - sofern er händisch erledigt würde. Auf einer digitalen Plattform wie Youtube funktionieren Zählungen und Abrechnungen aber ganz anders.

Grundsätzlich können Verwertungsgesellschaften innerhalb von Youtubes System auf eine eigene Software zugreifen, die Statistiken über bestimmte Videos erstellt. Sie ähnelt jenen Funktionen, die auch Nutzer verwenden können, die selbst Videos auf Youtube hochladen. Sie sehen unter anderem Details dazu, wie viel Nutzer ihr Video angeschaut haben, ob mehr Männer oder mehr Frauen darunter waren und wie viele Nutzer ein Video komplett oder nur teilweise geguckt haben. Viele dieser Statistiken werden live erstellt. Für die Verwertungsgesellschaften reicht in der Regel ein Teil der Daten. Welcher das genau ist, ist jeweils vertraglich zwischen den Gesellschaften und Youtube festgelegt.

Wichtig sind auch die Werbeerlöse, die mit einem Clip erzielt werden

Meistens sind die Verwertungsgesellschaften vor allem interessiert daran, wie oft ein Video abgerufen wurde und - im Fall der Gema - welcher Musiktitel darin enthalten ist, also Interpret und Titel des Stücks. Dabei wird derselbe Song auch dann zuverlässig erfasst, wenn er in verschiedenen Videos zu hören ist. Wenn das der Fall ist, werden die Daten zusammen gefasst. Sofern Urheberangaben in Youtubes Datenbank verfügbar sind, möchte die Gema, dass diese auch mit erhoben werden. Die Verwertungsgesellschaft gleich die Daten dann mit einer eigenen Werkedatenbank ab und ordnet sie dem Repertoire zu.

Wichtig sind für die Gema auch Angaben darüber, wie viele Werbeerlöse mit den bei ihr registrierten Titeln auf Youtube generiert wurden. Nutzer haben die Möglichkeit, ihre Videos auf der Plattform mit Werbung zu versehen, um damit Geld zu verdienen. Die Gema interessiert sich dafür, weil Umsätze, die ein Video erzielen, Einfluss auf die Ausschüttungen haben, die die Verwertungsgesellschaft vornimmt. Und auch wenn die Schranke, die es Menschen in Deutschland bislang bei vielen Videos nicht erlaubt hat, zuzuhören oder -zuschauen nun fällt, interessieren sich sowohl Gema als auch Youtube weiterhin dafür, woher die Nutzer kommen. Schließlich ist die Gema eine deutsche Verwertungsgesellschaft. Zu diesem Zweck überprüft Youtube die IP-Adressen aller Nutzer, also die Nummern, hinter denen sich - technisch gesehen - Menschen verbergen, die Videos gucken. Sie geben in aller Regel zuverlässig Aufschluss darüber, aus welchem Land die Nutzer kommen.

Der Datenaustausch zwischen Gema und Youtube selbst erfolgt in einem speziellen Format, dem "Digital Data Exchange", kurz: DDEX. Es handelt sich dabei um einen 2006 geschaffenen Standard, der es ermöglicht, Metadaten wie also zum Beispiel die Abrufzahlen von Videos an verschiedene Beteiligte weiterzugeben, wie zum Beispiel an Händler, Plattformbetreiber, Nutzer oder eben auch Verwertungsgesellschaften.

Auch wenn grundsätzlich bekannt ist, wie der Datenaustausch läuft, äußern sich weder Gema noch Youtube zu Details. Sie fallen unter die weitreichenden Geheimhaltungspflichten, denen beide Seiten in dem nun geschlossenen Vertrag zugestimmt haben. Und ganz einig sind sich die Partner wohl auch noch nicht, so heißt es von Seiten der Gema: Die Datenübertragung von Youtube genüge "noch nicht der Erwartungshaltung der Rechteinhaber. Daher werden beide Seiten gemeinsam an einer Verbesserung des Melde- und Abrechnungsprozesses arbeiten".

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