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Untersuchung des US-Senats:JP Morgan soll von Milliarden-Zockereien gewusst haben

Mit riskanten Wetten hat ein einzelner Händler der US-Bank JP Morgan sechs Milliarden Dollar verzockt. Er wurde unter dem Spitznamen "Der Wal von London" bekannt. Die Bank bestreitet, von der Gefahr gewusst zu haben - in internen E-Mails wurde die Wette dagegen als "monströs" und "idiotisch" bezeichnet.

Der US-Senat erhebt schwere Vorwürfe gegen die Großbank JP Morgan Chase: Das Institut habe in ihren extrem verlustreichen Derivategeschäften im Jahr 2012 Risiken ignoriert, Anleger getäuscht, Regulierungsbehörden umgangen und Regeln verletzt, heißt es in einem Bericht des Ausschusses, der den Fall untersucht hat. Ranghohe Manager der Bank seien schon Monate vor dem Verlust über die riskanten Derivate-Wetten informiert gewesen. Sie kosteten die Bank letztlich unglaubliche 6,2 Milliarden Dollar. Die Vorgesetzten hätten aber nichts unternommen, um die Händler zu zügeln, heißt es in dem mehr als 300 Seiten langen Dokument.

Konkret geht es um die Zockerei eines einzelnen Händlers in London, Bruno Iksil, der unbehelligt Milliarden verlieren konnte. Die Finanzbranche gab ihm den Spitznamen "der Wal", weil er sich auffällig verhielt wie ein Wal im Haifischbecken. Nur JP Morgan soll von seinen riskanten Wetten nichts gewusst haben. Das bezweifelt der US-Senat nun nach Vorlage des Berichts, für den 90.000 Dokumente ausgewertet und zahlreiche Befragungen durchgeführt worden waren (Hier das Protokoll der Anhörung, Auszüge lassen sich bei der Financial Times lesen).

In dem Bericht wird deutlich, dass Iksil selbst nicht wohl bei den Geschäften war. "Das wird immer monströser", sagte er zu einem anderen Mitarbeiter, und: "Das wird langsam idiotisch."

Eine Sprecherin von JP Morgan erklärte zu den Vorwürfen des Senats, die Bank habe wiederholt Fehler eingeräumt. Das Management habe aber immer in gutem Glauben gehandelt und niemals die Absicht gehabt, jemanden zu täuschen.

Laut dem Bericht hätte die Bank aber schon im Februar 2012 auf die drohenden Verluste aufmerksam werden müssen - ein Verantwortlicher hatte die Warnung allerdings als "Quatsch" abgetan. Erst zwei Monate später äußerte Chef Jamie Dimon erstmals öffentlich Bedenken bei einer Telefonkonferenz.

JP Morgan hatte lange Zeit den besten Ruf unter den amerikanischen Geldhäusern. Wegen ihrer breiten Aufstellung im Investmentbanking, Privatkundengeschäft und Vermögensverwaltung ließ die Bank die Finanzkrise relativ schnell hinter sich und erwarb sich das Image als guter Risikomanager - bis die Geschäfte des Wals von London bekannt wurden. Bank-Chef Dimon stellte daraufhin fest: "Wir haben uns selbst ins Knie geschossen."

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