Süddeutsche Zeitung

Unternehmer Oetker:"Mein Vater war Nationalsozialist"

Rudolf-August Oetker wollte seine Nazi-Vergangenheit nie aufarbeiten. Nach 70 Jahren haben Wissenschaftler sie nun erforscht. Sein Sohn erklärt in einem Interview, warum der Vater auch nach 1945 anfällig für rechtes Gedankengut war.

Erstmals hat ein Mitglied der Familie Oetker über die NS-Vergangenheit des Bielefelder Nahrungsmittelkonzerns Dr. Oetker und seines langjährigen Chefs Rudolf-August Oetker gesprochen. "Mein Vater war Nationalsozialist", sagte August Oetker der Wochenzeitung Die Zeit.

Rudolf-August Oetkers Stiefvater Richard Kaselowsky führte das Unternehmen bis zu seinem Tod bei einem Luftangriff 1944. Dann übernahm Oetker das Amt. Zu Lebzeiten hatte der eine Aufarbeitung der NS-Zeit abgelehnt. Auch nach 1945 sei sein Vater, der Untersturmführer bei der Waffen-SS war, noch anfällig für rechtes Gedankengut gewesen, sagte sein Sohn August Oetker jetzt. "Das sind die Menschen bis heute. Und er war es auch."

Der heute 69-jährige August Oetker stand von 1981 bis 2009 an der Spitze des Konzerns, er ist mittlerweile Beiratsvorsitzender der Unternehmensgruppe. Die Vergangenheit des Unternehmens während der NS-Zeit ließ er zuletzt wissenschaftlich untersuchen. "Ich hatte das Gefühl: Jetzt geht es an die Fakten, jetzt wird der Nebel gelichtet", sagte Oetker der Zeit.

In der Familie habe es über die Aufarbeitung zunächst Differenzen gegeben. "Die jüngeren Geschwister sind meinem Vater noch nicht so entwachsen", erklärte Oetker die Meinungsverschiedenheiten. "Die haben sich gefragt: Tun wir unserem Vater da etwas Böses an? Sorgen wir dafür, dass sein sonst so guter Ruf befleckt wird?"

Sechs Jahre nach dem Tod von Rudolf-August Oetker erscheint kommende Woche ein Buch über die NS-Geschichte des Unternehmens. Bezahlt wurde die Studie von der Bielefelder Firma.

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