Unternehmensranking:Vom Wert einer Firma

Unternehmensranking: Deutschlands größte Unternehmen

Deutschlands größte Unternehmen

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Es gibt verwirrend viele Messgrößen, um Unternehmen zu vergleichen - Umsatz, Gewinn, Börsenkapital. Doch die Größe ist oft gar nicht entscheidend. Es gibt kleine Firmen, die erfolgreich sind, und ganz wichtige, die Probleme haben. Die Wichtigsten kommt in den Ranglisten aber oft gar nicht vor: Es ist der deutsche Mittelstand.

Von Caspar Busse

Wie misst man eigentlich den Erfolg eines Unternehmens? Man hat die Qual der Wahl, denn es gibt jede Menge Messgrößen. Zunächst einmal kann ein Ranking ganz klassisch nach der Höhe des Umsatzes erstellt werden: Die alte Tonnenideologie - big is beautiful - ist noch immer die beliebteste. Aber auch die Wertschätzung eines Unternehmens ist ein wichtiger Indikator: Bei börsennotierten Firmen beispielsweise steht der Wert jeden Tag an der Kurstafel - Aktienkurs mal Zahl der Aktien ergibt die Marktkapitalisierung. Die ist ein Gradmesser für den Erfolg - wie auch das Image, das freilich viel schwerer zu quantifizieren ist. Ist BMW gut und die Deutsche Bank böse? Oder doch Apple toll und Daimler schlecht? Und wie ramponiert ist das Ansehen von Siemens von der jüngsten Eskalation des Machtkampfes?

Es gibt noch ganz andere Kriterien: Die absolute Höhe des Gewinns, die Rentabilität, die Höhe der Ausschüttung an die Aktionäre und an andere Anteilseigner, die Zahl der Arbeitsplätze - oder noch besser: die Zahl der neu geschaffenen Jobs, die Zufriedenheit der Mitarbeiter, die Umweltverträglichkeit des Unternehmens, die gezahlten Steuern, die Investitionen, die Anzahl der Patentanmeldungen, die Innovationskraft, die Qualität der Produkte, die Internationalität. Die Liste ließe sich fortsetzen. Und es zeigt sich: Die Erstellung einer Rangliste kann durchaus auch subjektiv sein.

Fast 200 Milliarden Euro Umsatz, deutlich mehr als eine halbe Million Beschäftigte - der Volkswagen-Konzern ist objektiv hierzulande spitze, und als einziger deutscher Konzern auch weltweit unter den Top Zehn. Dieses Ranking wird allerdings von den internationalen Rohstoffkonzernen dominiert. Ließe man die außen vor, würde VW als reiner Industriekonzern nur noch hinter dem japanischen Konkurrenten Toyota liegen. Gemessen am Börsenwert sind die Wolfsburger weit oben. Der Gewinn betrug im vergangenen Jahr fast 22 Milliarden Euro - das hatte noch nie ein deutscher Konzern geschafft. Enthalten sind allerdings bilanzielle Sondereffekte durch die Eingliederung von Porsche. 9,3 Millionen Fahrzeuge wurde im vergangenen Jahr ausgeliefert. VW-Chef Martin Winterkorn ist unterwegs zu seinem Ziel, größter Autohersteller der Welt zu werden.

Aber Größe zählt nicht allein: Die beiden Energiekonzerne Eon und RWE sind am Umsatz gemessen zwar ganz vorne dabei. Die Aktien jedoch liefen zuletzt schlecht, die Probleme durch die Energiewende, die Suche nach einer schlüssigen Strategie, Mitarbeiterabbau und interne Querelen sorgen für schlechte Stimmung. Oder Metro: Der Düsseldorfer Handelskonzern ist nach wie vor einer der größten der Welt, der Gewinn ist unter Druck, hausgemachte Probleme bringen Unternehmenschef Olaf Koch in Bedrängnis.

Eine Lösung muss her, und zwar schnell

Ganz schlecht sieht es bei zwei ganz Großen in Deutschland aus: Die Deutsche Telekom und Thyssen-Krupp, die beiden haben 2012 zusammen fast zehn Milliarden Euro Verlust gemeldet. Der ehemalige Bonner Staatskonzern hatte sein Mobilfunkgeschäft in den USA neu geordnet und deshalb hohe bilanzielle Abschreibungen vornehmen müssen, operativ laufen die Geschäfte dagegen. Bedrohlicher ist die Lage beim Stahlunternehmen aus Essen: Thyssen-Krupp hat sich mit dem Bau zweier Stahlwerke in Brasilien und im Süden der USA völlig übernommen. Jetzt wird händeringend nach einem Käufer gesucht. Langsam wird für Konzernchef Heinrich Hiesinger die Zeit knapp. Eine Lösung muss her, und zwar schnell.

Da läuft es bei SAP deutlich besser: Das Softwareunternehmen kommt auf einen Jahresumsatz von gut 16 Milliarden Euro, das ist nur ein Viertel von Metro oder von der Deutschen Telekom. Bei Gewinn oder Börsenwert rangieren die Walldorfer dagegen mit ganz oben, und sind sogar doppelt so viel wert wie Facebook. Das soziale Netzwerk war im vergangenen Jahr mit großem Pomp an die Börse gegangen und gnadenlos abgestürzt. Keine Frage: SAP, der Shootingstar, ist das einzige europäische IT-Unternehmen von weltweiter Bedeutung, besteht gegen die amerikanische Konkurrenz und erzielt eine der höchsten Umsatzrenditen. Gerade erst hat Co-Chef Jim Hagemann Snabe seinen Rückzug verkündet, künftig wird der Amerikaner Bill McDermott das Unternehmen führen. Es wird erwartet, dass sich der Schwerpunkt jetzt weiter weg von den deutschen Wurzlen in die USA verlagert. Aber vorerst bleibt SAP eine deutsche Firma - mit internationalem Anspruch.

Deutsch und international - das gilt auch für die großen Unternehmen, die nicht an der Börse notiert sind, sondern sich in der Hand von Familien oder Stiftungen befinden. Es gibt einige Schwergewichte, die in Privatbesitz sind und trotzdem immer wieder für Schlagzeilen sorgen Haniel, ZF Friedrichshafen, Aldi, die Schwarz-Gruppe (Lidl), Heraeus, Bertelsmann oder Schaeffler. Und natürlich der Autozulieferer Robert Bosch. Der ist mit mehr als 50 Milliarden Euro Umsatz und über 300 000 Mitarbeitern schon größer als Bayer, und verfolgt einen eigenen Weg. "Gewinn ist kein Selbstzweck für uns", sagte vor Kurzem der Bosch-Vize Stefan Asenkerschbaumer. Bosch gehört einer gemeinnützigen Stiftung und will vor allem eines: wachsen. Aber das funktioniert nicht mehr wie zuletzt: Der Gewinn und der Umsatz haben gelitten, das Solargeschäft musste sogar aufgegeben werden. In Gerlingen bei Stuttgart wird anders gerechnet.

Exportabhängigkeit ist Segen und Fluch zugleich

Wie so viele - ob klein oder groß: Die deutschen Unternehmen leben auch vom Export, vom Erfolg auf den weltweiten Märkten, von China über Europa bis hin zu den USA. Weltweit sind deutsche Produkte gefragt. Deutsche Luxuslimousinen verkaufen sich ebenso gut wie Maschinen und Chemiegüter. Nach einer Untersuchung der Wirtschaftsprüferfirma Ernst & Young haben 2012 neun von zehn Top-Konzernen in Deutschland den Umsatz steigern können, in keinem anderen Land des Kontinents sei dieser Anteil so hoch gewesen. Die durchschnittlichen Margen seien aber leicht gesunken - auf 6,6 Prozent. Ohnehin waren die US-Konzerne zuletzt erfolgreicher: Sie machten im vergangenen Jahr zumindest mehr Gewinn als die Europäer. Aber ist das nachhaltig?

Unternehmensranking: Deutsches Unternehmensranking nach Börsenwert

Deutsches Unternehmensranking nach Börsenwert

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Unternehmensranking: Deutsches Unternehmensranking nach Börsenwert

Deutsches Unternehmensranking nach Börsenwert

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Unternehmensranking: Unternehmensranking nach Umsatz weltweit

Unternehmensranking nach Umsatz weltweit

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Die hohe Exportabhängigkeit ist Segen und Fluch zugleich: Durch die konsequente Internationalität - und eben nicht die einseitige Abhängigkeit von einzelnen Märkten - haben die deutschen Unternehmen in der Mehrzahl die tiefe Krise in Europa gemeistert. Allerdings bedeutet dies auch, dass sich eine weltweite Abkühlung der Konjunktur nun besonders negativ auswirken kann. Sollte es etwa in China, einer der größten Exportmärkte Deutschlands, tatsächlich zu einer dauerhaften Verlangsamung des Wirtschaftswachstums kommen - und dafür spricht vieles - könnte dies einige deutsche Firmen durchaus hart treffen. Auch die Stimmung in Brasilien, ebenfalls ein wichtiger Abnehmer deutscher Waren, ist schlecht. Dafür könnten sich langsam aber die USA wieder nach vorne schieben. Die amerikanische Wirtschaft läuft derzeit erstaunlich gut. Kai Carstensen vom Ifo-Institut sagt dazu: "Man kann auch in langsam wachsenden Märkten reüssieren."

Das stimmt prinzipiell: Erfolg haben deutsche Unternehmen immer dann, wenn sie gute Produkte anbieten können und in ihrem Markt eine herausragende Stellung haben. Hier gilt die alte Weisheit: "Besser ein großer Fisch in einem kleinen Meer, als ein kleiner Fisch in einem großen Meer." Das ist das Motto des German Mittelstand, inzwischen weltweit bewundert. "Mittelständler zu sein, ist eine Geisteshaltung", sagt Eric Schweitzer, der neue Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und selbst Mitinhaber der Entsorgungsfirma Alba.

Rund 1300 Weltmarktführer gibt es in Deutschland

Mittelstand, das sind Millionen Unternehmen, die in klassischen Ranglisten gar nicht auftauchen, aber die in der Summe wichtiger sind als Großunternehmen. Die meisten Jobs hierzulande werden in der mittelständischen Wirtschaft geschaffen, nicht in den Großkonzernen. Der frühere EADS-Chef, der Franzose Louis Gallois, sieht auch darin einen Grund, warum Deutschland im Vergleich zu Frankreich so viel besser dasteht: "Uns fehlt es an mittelgroßen Firmen in der Art des deutschen Mittelstands, die in der Lage sind zu Innovationen und zu Exporten."

In Deutschland gibt es viele Weltmarktführer, die international einen guten Ruf genießen - darunter vor allem viele Maschinenbauer und Tüftler aus Baden-Württemberg. Sie sind oft nur in Nischen tätig, dort aber umso erfolgreicher. Denn ihre Produkte sind führend. Rund 1300 solcher Weltmarktführer, die viel gerühmten Hidden Champions, gibt es nach Schätzungen in Deutschland. Sie bilden das Rückgrat der Wirtschaft. Für die Marktführerschaft tun sie fast alles, ohne es an die große Glocke zu hängen. In Rankings aufzutauchen passt vielen da gar nicht ins Konzept.

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