Unternehmensgründer:Reif für die Insel

Bits & Pretzels

Besucher auf der Unternehmermesse Bits & Pretzels.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Die Gründermesse Bits & Pretzels wirbt für München als Start-up-Standort. Dabei helfen soll der Hollywood-Star Kevin Spacey, der das Team als vierter Partner verstärken wird. Die 5000 Besucher suchen nach Geld, Kontakten, Inspiration und Erfahrungen.

Von Katharina Kutsche

Nicht nur auf dem Oktoberfest, auch auf der Münchner Messe trachtelt es derzeit heftig. Selbst Gründer, die zum ersten Mal die Start-up-Konferenz Bits & Pretzels besuchen, haben sich in Dirndl oder Lederhosen geworfen. So wie Loreen Köhler, die mit ihrer Kollegin Silvia Köry im zweiten Stock des Internationalen Congress Centrums (ICM) an ihrem Stand steht und aus Wien angereist ist. Ja, die Messetickets seien schon teuer, sagt sie. Aber man bekomme viel geboten, und beim Messe-Dienstag auf der Wiesn seien beide - "na klar!" - auch dabei.

Köhler stellt auf der Messe den Dienstleister Netinsurer vor, der Programme und digitale Infrastruktur für Versicherer anbietet. Das neue Produkt ist eine intelligente Software, hinterlegt mit einer Spracherkennung, die die Beratungsgespräche von Maklern mitschneidet und anhand dessen ein Beratungsprotokoll erstellt. Auf der Konferenz möchten Köhler und Köry Investoren finden und neue Kooperationspartner. "Auf uns ist der Gründergeist der Veranstalter übergeschwappt", sagt Köhler.

Die Österreicherinnen sind zwei von 5000 Besuchern auf der Start-up-Konferenz, die seit 2014 in München stattfindet und Gründer inspirieren, informieren und vernetzen soll. Wer sein Start-up bekannt machen, einen Geldgeber suchen oder von Erfahrenen lernen möchte, kann pitchen, matchen und netzwerken - gern im gründertypischen Denglisch. Bits & Pretzels bietet illustre Redner wie Entertainer Stefan Raab und die Ex-Fußballer und Neu-Unternehmer Oliver Kahn und Philipp Lahm. Am ersten Tag gab der Eröffnungsredner vom vergangenen Jahr, Hollywood-Star Kevin Spacey bekannt, dass er das Gastgeber-Team um Bernd Storm, Andreas Bruckschlögl und Felix Haas als vierter Partner verstärken wird - eine große Sache für den Gründer-Standort München, der sich ja immer wieder gegenüber der Start-up-Hauptstadt Berlin beweisen muss.

Im Eingangsbereich des ICM steht ein Kinderkarussell mit rot-weiß gestreiftem Dach und weiß-blau gemusterten Schildern, Aufschrift "O'zapft is". Trachtler und Nicht-Trachtler stehen auf den Stufen zum Karussell, unterhalten sich beim Bier. Ein Start-up lockt potenzielle Kunden mit einem Bierkrug-Halte-Wettbewerb. Unterhalb der Treppen zur Hauptbühne sitzen Gründer auf kleinen Sofas zusammen, die aus Euro-Paletten zusammengezimmert und mit Sitzpolstern belegt sind. Wer sich beraten lassen möchte, meldet sich in der "Matchmaking-Area", wo Gründer mit anderen Unternehmern zusammengebracht werden.

Im zweiten Stock duftet es nach Popcorn, das ein Werbepartner unter den Zuschauern verteilt hat. Hier stellen 100 vorausgewählte junge Start-ups ihre Konzepte vor, jeder Pitch dauert nur wenige Minuten, vier Investoren fragen kritisch nach. Die sechs Besten kämpfen am zweiten Tag im Finale auf der Hauptbühne unter anderem um eine Reise zur Privatinsel Necker Island von Unternehmer Richard Branson.

In Sichtweite zur Pitch-Bühne steht Robert Zimmermann. Er ist Gründer und Geschäftsführer von Logistico, einem zwei Jahre alten Start-up aus Krefeld. Investoren braucht er nicht: "Ich wüsste nicht, wofür." Wenn er das Kapital aufstocken müsse, werde er das mit seinen Mitgesellschaftern stemmen. Logistico übernimmt den Versand für andere Unternehmen, "Päckchen packen, lagern, verschicken". Nun sucht Zimmermann neue Kunden und die vielen Jung-Gründer bei Bits & Pretzels sind genau seine Zielgruppe: "Die haben die Garage voll mit ihren Produkten, möchten sie aber wieder für ihr Auto nutzen", sagt Zimmermann. Er und sein Team haben Lagerfläche angemietet, die erst zu einem Viertel belegt ist. Bisher laufe es gut auf der Konferenz, sagt Zimmermann, rund zwölf Interessenten habe er schon am Stand gehabt. Allerdings sei er allein auf der Messe und könne daher die vielen Vorträge und Reden nicht anhören. Was schade ist, denn in den einzelnen Diskussionsrunden können Start-ups viel über das Gründen und Scheitern erfahren, vor allem welche Trends es in der Branche gibt.

Wer aufmerksam zuhört, merkt schnell, wo sich Marktlücken auftun können. Im CEO-Talk der Süddeutschen Zeitung etwa saßen sich am Sonntag Christian Bogatu von Fresh Energy, einem Start-up, das seinen Kunden Strom liefert und dessen Verbrauch per intelligentem Zähler und App kontrolliert, und Johannes Teyssen, Vorstand des Energieversorgers Eon gegenüber. Der Energiemarkt werde sich in den nächsten Jahren komplett verändern, sagte Teyssen: "Ich nehme jedes Start-up ernst, denn es könnte für uns zur Gefahr werden."

Die Gastgeber von Bits & Pretzels möchten den Besuchern zukünftig noch mehr bieten. Und da könne Kevin Spacey helfen, sagt Felix Haas. Spacey sei unternehmerisch an der Konferenz beteiligt, aber nicht finanziell. Er werde vor allem Kontakte herstellen, schließlich sei die Messe für potenzielle internationale Redner interessanter, wenn ein Schauspieler wie der Amerikaner an Bord sei. Am Morgen nach dem Messe-Dienstag auf dem Oktoberfest beginnt das Team mit den Planungen für nächstes Jahr.

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