Unternehmensführung:Zittern in der Chefetage

Spitzenmanagern fehlt es an Strategien gegen die Krise. Viele schätzen die Situation ihres Unternehmens zu optimistisch ein - statt Kreativität herrscht Lethargie.

Markus Balser

Taumelnde Banken, Jobabbau in Hightech-Konzernen, Kurzarbeit bei Chemie- und Autoherstellern: Die Wirtschaftskrise trifft immer mehr Branchen hart. Doch trotz desolater Wirtschaftslage feilen offenbar nur die wenigsten Chefetagen an schlagkräftigen Krisenplänen. Weltweit herrsche im Spitzenmanagement von Unternehmen ein dramatischer Mangel an geeigneten Strategien, um der Wirtschaftskrise historischen Ausmaßes zu begegnen, warnt die Unternehmensberatung Booz & Company in einer aktuellen Studie, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Unternehmensführung Zittern in der Chefetage dpa-Bildfunk

Wird bald am Umweltschutz gespart? Eine Müllverbrennungsanlage in Oberhausen.

(Foto: Foto: dpa)

Manager können Krise kaum einschätzen

Viele Unternehmenschefs blieben trotz schwacher Wirtschaftsentwicklung tatenlos, kritisiert die Studie. Hauptgrund der Vorstandslethargie: Unsicherheit. Zwar erwarteten die Hälfte der Befragten, dass sich ihre Branche in Folge der Krise stark verändere, doch fast alle Manager gaben an, Ausmaß und Richtung nicht einschätzen zu können. Selbst in den Unternehmen wächst der Zweifel, ob die eigene Chefetage für die kommenden Monate gut gerüstet ist. 40 Prozent der befragten Manager unterhalb der Vorstandsebene trauen ihrer Konzernspitze kein überzeugendes Krisenmanagement zu. Vor allem den Verlierern der Krise stellt die Studie ein katastrophales Zeugnis aus. So kümmerten sich 65 Prozent der angeschlagenen Konzerne nur unzureichend um ihre Unternehmensfinanzen und den Erhalt ihrer Liquidität.

Es sei zwar gut, dass Manager in der Krise nicht überreagierten, sagt Ansgar Richter, Professor für Strategie und Organisation an der European Business School in Oestrich-Winkel. Dennoch sei die Tatenlosigkeit offenbar vielerorts dem Mangel an Konzepten gegen die Krise geschuldet. "In guten Zeiten entwirft kein Vorstand einen Plan B", sagt Richter. "Das kritische Potential wird in vielen Unternehmen einfach ausgeblendet." Nun dürften sich nicht die Fehler der achtziger und neunziger Jahre wiederholen. Konzerne hätten mit Entlassungswellen damals in Kürze systematisch Motivation und Qualifikation ihrer Mitarbeiter zerstört, warnt Richter.

Reines Wunschdenken

Optimismus gibt es derweil in den Chefetagen. Drei Viertel der befragten Spitzenmanager halten die Situation ihrer Konzerne für positiv. Nur 20 Prozent fürchten eine Verschlechterung. Mehr als 50 Prozent erwarten, sich in der Krise einen Wettbewerbsvorteil verschaffen zu können. "Das dürfte Wunschdenken bleiben, wenn die Konzerne nicht schneller und entschlossener auf die Krise reagieren", glaubt Stefan Eikelmann, Sprecher der Booz-Geschäftsführung in Deutschland. Wegen der einbrechenden Exporte stünden ganze Industriezweige vor einer existenziellen Krise.

Sollte es zu Sparrunden in ihren Konzernen kommen, zeigen hochbezahlte Spitzenkräfte wenig Kreativität. 40 Prozent der Befragten gehen von einem drastischen Abbau bei Umweltaktivitäten und dem sozialen Engagement von Unternehmen aus. Sinkende Umweltausgaben betreffen der Studie zufolge vor allem die in diesem Sektor einflussreichsten Branchen Energiewirtschaft und Transportwesen.

Für die Studie befragte die Unternehmensberatung Booz & Company weltweit im Dezember 830 Top-Manager, davon 15 Prozent aus Deutschland. Für radikale Kursänderungen fehle gerade in Deutschland offenbar der Mut für tiefgreifende Veränderungen, sagt Eikelmann.

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