Unternehmen und ihre Mitarbeiter:Der Preis der Unsicherheit

Der Aufschwung in der Industrie ist unerwartet stark, jetzt sollen auch die Mitarbeiter profitieren. Sonderzahlungen sind gut, doch für Lohnerhöhungen ist es noch zu früh.

Caspar Busse

Erst die Mitarbeiter, dann die Aktionäre: Der Münchner Siemens-Konzern verkündete an diesem Mittwoch, dass sich die meisten der 400.000 Beschäftigten über eine Sonderprämie freuen können, immerhin 310 Millionen Euro werden so ausgeschüttet. Die Nachricht, dass auch die Dividende angehoben werden soll, folgte dann erst einen Tag später. Das zeigt, welches Signal Siemens-Chef Peter Löscher aussenden wollte.

Euro-Geldbörse

Der Aufschwung erreicht die Geldbörse, einige Unternehmen ziehen sogar Lohnerhöhungen vor.

(Foto: ag.dpa)

Siemens ist kein Einzelfall: Gleich mehrere Unternehmen bedanken sich derzeit bei den Mitarbeitern mit Sonderzahlungen, andere ziehen schon lange beschlossene Tariferhöhungen vor. Der Aufschwung in der deutschen Industrie - von den Autoherstellern bis zu den Chemiekonzernen - ist unerwartet stark. Die Beschäftigten können sich nun über Extra-Zahlungen freuen und werden dafür belohnt, dass sie mit Kurzarbeit oder freiwilligem Verzicht zur Überwindung der Krise beigetragen haben.

Dabei ist es wohl gar keine Frage, dass sich nicht nur die Siemens-Mitarbeiter mehr über dauerhafte Gehalts- und Lohnerhöhungen freuen würden. Dass nun von vielen Unternehmen lediglich Einmalzahlungen geleistet werden, ist ein Tribut an die große Unsicherheit, wie es mit der Weltwirtschaft weitergehen wird. Ist der Aufschwung in Deutschland nur ein Strohfeuer? Wird es im nächsten Jahr erneut nach unten gehen oder kann sich die deutsche Wirtschaft stabilisieren? Geht es künftig wild auf und ab? Oder schaffen es die deutschen Unternehmen, sich langfristig von der Konkurrenz abzusetzen? Nicht nur die vehemente Diskussion um Exportbegrenzungen für erfolgreiche Volkswirtschaften oder die zunehmende Sorge vor Währungskriegen zeigen, wie groß derzeit die Risiken sind.

Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass die Unternehmen vorsichtig sind, zwar die Mitarbeiter bedenken, sich aber (noch) nicht langfristig binden. Das ist umso wichtiger, als die bestehende Tarifpolitik noch immer nicht flexibel genug ist, um angemessen schnell auf das Auf und Ab der Weltwirtschaft zu reagieren. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie wichtig eine vernünftige Lohnpolitik ist. Der deutsche Standort hat auch deshalb stark an Wettbewerbskraft gewonnen, weil die Entgelte eben nicht so rasant gestiegen sind wie in vielen anderen Ländern. Das war natürlich nicht schön für die Arbeitnehmer. Dafür aber steht die deutsche Wirtschaft nun relativ gut da, und die Arbeitslosigkeit sinkt, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: