Süddeutsche Zeitung

Unternehmen:Rocket Internet dämmt die Verluste ein

  • Im vergangenen Jahr sind die Verluste wichtiger Beteiligungsfirmen von Rocket Internet zurückgegangen.
  • Die Zahlen für die Holding selbst sind aber schlecht: Der Umsatz liegt bei nur noch 50,4 Millionen Euro - der Verlust hingegen bei fast dem Fünfzehnfachen.

Von Caspar Busse

Vorsichtige Hoffnung für die angeschlagene Berliner Internet-Holding Rocket Internet: Im vergangenen Jahr sind die Verluste wichtiger Beteiligungsfirmen zurückgegangen. Und der Lieferdienst Delivery Hero, zu dem unter anderem Foodora und Lieferheld gehört, prüft bereits einen Börsengang. Sollte dieser glücken, wäre das ein wichtiges Signal für Rocket Internet. Es wäre nicht nur der Beweis, dass das Geschäftsmodell intakt ist - junge Internetfirmen hochbringen und dann erfolgreich verkaufen oder am Aktienmarkt platzieren. Es würde auch frisches Kapital in die Kassen von Rocket Internet kommen. Rocket hält derzeit 37,7 Prozent an Delivery Hero.

"Im Jahr 2016 haben unsere ausgewählten Unternehmen weitere Fortschritte auf dem Weg in Richtung Profitabilität erzielt", sagte Vorstandschef Oliver Samwer. Die operativen Verluste ausgewählter Start-up-Unternehmen - vom Kochbox-Anbieter Hello-Fresh über Delivery Hero bis zu den Möbelhändlern Westwing und Home 24 - gingen um 234 Millionen auf rund 360 Millionen Euro zurück. Der Umsatz legte zugleich um fast 30 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro zu, wie Rocket Internet mitteilte. Und es sehe auch "nach einem guten ersten Quartal" aus, sagte Finanzvorstand Peter Kimpel.

"Wir sind sehr gut ausgestattet"

Die Zahlen für die seit 2014 börsennotierte Holding Rocket Internet selbst sind aber schlecht. Der Umsatz lag bei nur noch 50,4 Millionen Euro, bei einem Verlust von 741,5 Millionen Euro, also fast das Fünfzehnfache. Finanzmann Kimpel erklärte das unter anderem mit hohen Wertberichtigungen auf Beteiligungen, besonders an der Global Fashion Group, in der die Anteile an einigen Online-Modehändlern gebündelt sind. Wann Rocket Internet endlich Gewinne machen werde, ließ Kimpel auch auf Nachfrage offen. Nach wie vor steht aber das Versprechen, dass drei große Rocket-Beteiligungsfirmen 2017 Gewinne erwirtschaften werden.

Fest steht auch, dass das Gründen von vielen Internet-Unternehmen nach wie vor viel Geld kostet. Und das spürt auch Rocket Internet. "Wir sind sehr gut ausgestattet", betont Kimpel. Das Finanzpolster sei ausreichend, die liquiden Mittel lagen seinen Angaben zufolge Ende März bei 1,5 Milliarden Euro, bei ausgewählten Unternehmen kämen zusätzlich etwa 800 Millionen Euro dazu. In diesem Jahr würden weitere fünf bis acht Firmen gestartet, betonte Samwer. Die Zahl der Mitarbeiter in der Holding hat sich 2016 bereits drastisch verringert. Von 425 waren Ende vergangenen Jahres noch 276 übrig. Der Betreuungsaufwand für die Start-up-Firmen sei geringer geworden, heißt es dazu. Außerdem seien viele Mitarbeiter von der Holding ins operative Geschäft gewechselt. Bei den wichtigsten Rocket-Unternehmen sind weltweit rund 28 000 Menschen beschäftigt.

Es sind also keine guten Zeiten für Rocket Internet und Gründer Samwer: Der Aktienkurs ist am Boden, der schwedische Großaktionärs Kinnevik hatte seinen Rückzug bekannt gegeben, es gibt Kritik von außen und Zweifel am Geschäftsmodell. Aber Samwer kann das alles nicht beirren. "Unser Geschäftsmodell bleibt unverändert", schreibt der Vorstandsvorsitzende im Vorwort des neuen Geschäftsberichts. Er glaubt an sein Unternehmen und an seine Ideen: "Wir gründen und investieren in marktführende Internetunternehmen weltweit und unterstützen sie im Laufe ihrer Entwicklung mit operativer Expertise und Kapital."

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