Gasversorgung:Auch Finnland muss sich an der Uniper-Rettung beteiligen

Gasversorgung: War schon in Berlin zu Gesprächen: Die finnische Europaministerin Tytti Tuppurainen.

War schon in Berlin zu Gesprächen: Die finnische Europaministerin Tytti Tuppurainen.

(Foto: Yves Herman/Reuters)

Dem Energieversorger Uniper muss geholfen werden. Aber nicht nur vom deutschen Staat, sondern auch vom finnischen Großeigentümer. Ein Testfall für Solidarität in Europa.

Kommentar von Thomas Fromm

Im Frühjahr 2020 war in der Welt des Gases noch alles in Ordnung, zumindest schien es nach außen hin so. Das fing schon mit dem Geschäftsmodell an: Gas wurde günstig aus Russland besorgt, dann mit gutem Schnitt an den Markt weitergereicht. Und Händler wie der Düsseldorfer Importeur Uniper verdienten eine Menge Geld damit. Viele dachten wohl, dass das jetzt ewig so weitergehen würde. Okay, Russlands Kriegsherr Wladimir Putin hatte sich ein paar Jahre vorher die Krim einverleibt und politische Gegner vergiften lassen. Aber Russland war ja weit weg. Wer wohnte schon auf der Krim, wer musste schon als Putin-Kritiker sein Leben riskieren? Und außerdem: Das Gas kommt doch aus der Pipeline, nicht? Uniper, erst 2016 von Energiekonzern Eon abgespalten, schien also eine sichere Bank. Vor allem, wenn man das Drumherum ausblendete.

So sah das wohl auch der damalige Chef des finnischen Energiekonzerns Fortum, Pekka Lundmark. Er fand das Geschäftsmodell der Deutschen so überzeugend, dass er sich im Frühjahr 2020 für Milliarden bei Uniper einkaufte - am Ende eines erbitterten Übernahmekampfes hielten die Finnen fast 80 Prozent an dem Unternehmen, sie selbst werden wiederum von der Regierung in Helsinki kontrolliert. So gesehen ist Uniper vor ein paar Jahren ziemlich finnisch geworden.

Sind das wirklich die Probleme der anderen?

Jetzt aber hat man wegen Russlands Angriffskrieg Riesenprobleme und verliert Millionen von Euro am Tag. Lösen aber sollen die Probleme nun die anderen - allen voran der deutsche Staat und damit die Steuerzahler. Und die Finnen? Sie finden es zwar sehr wichtig, dass Uniper gestützt wird. Aber bitte nicht mehr von ihnen, Fortum habe bereits eine Menge Geld in Deutschland investiert. Mit finnischem Geld jetzt deutschen Gaskunden helfen? Sind das nicht die Probleme der anderen?

Nein, sind sie nicht. Erst für Milliarden kaufen und die Belastungen dann einfach so weiterreichen wollen - das ist problematisch. Eigentümer tragen Verantwortung, egal ob sie aus Deutschland oder aus Finnland stammen.

Das Geschäftsmodell hat sich erledigt

Dass sich Deutschland im Laufe der Jahre immer mehr von russischem Gas abhängig gemacht hat, hat auch viel mit dem Geschäftsmodell von Uniper zu tun. Ein Modell, das sich spätestens mit dem Ukraine-Krieg erledigt hat. Gas ist über Nacht zu einem teuren und raren Gut geworden und geht vielleicht bald ganz aus. Wegen der gekappten Lieferungen aus Russland muss Uniper sehen, wo es nun sein Gas herbekommt, um seine Lieferverpflichtungen zu erfüllen. So etwas kostet extra, und zwar nicht zu knapp. Deshalb braucht Uniper jetzt staatliche Hilfen und wartet auf einen Einstieg des Bundes.

Dass jetzt auch deutsche Steuerzahler für diese krachend gescheiterte Strategie aufkommen müssen, ist tragisch, aber wohl unvermeidlich: Ließe man das angeschlagene Unternehmen gegen die Wand fahren, wären die Risiken unkalkulierbar. Aber ganz ohne die finnischen Hauptaktionäre? Fortum hat gut mit Uniper gelebt, der finnische Staat wiederum hat von Fortum profitiert - so funktioniert Wirtschaft in guten Zeiten, aber auch in schlechten. Wenn Finnen und Deutsche in diesen Tagen also um eine Rettung von Uniper ringen, dann werden sich am Ende beide Seiten um eine verantwortungsvolle Lösung kümmern müssen. Es war Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der in diesen Tagen europäische Solidarität in der Energieversorgung anmahnte. Der Fall Uniper ist ein erster großer Test: Wie weit ist es her mit der Solidarität unter Europäern?

"Passt hervorragend zu Fortum"

Seinerzeit schickte Lundmark eine dieser klassischen Manager-Elogen ins Rheinland: "Uniper ist ein erfolgreicher, internationaler Energieversorger und Händler und passt hervorragend zu Fortum." Passt, oder passt nicht mehr? Um es vorsichtig zu sagen: Die Lage ist eh schon äußerst unschön. Und sie wäre noch unschöner, wenn sich Fortum hier einen schlanken Fuß machen würde.

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