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Union Investment:Sieg gegen Wells Fargo

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Die Fondsgesellschaft erstreitet von der Skandalbank die Rekordsumme von 480 Millionen Dollar vor einem US-Gericht.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Kaum zwei Jahre ist es her, da gehörte die Aktie der US-Bank Wells Fargo zu den beliebtesten in den USA. Während die Konkurrenz in Europa unter den niedrigen Zinsen ächzte, brach Wells Fargo laufend Rekorde, überbot regelmäßig Gewinnschätzungen und genoss einen ausgezeichneten Ruf. Mit Warren Buffett als Großaktionär hatte das Institut - die zweitgrößte Privatkundenbank in den Vereinigten Staaten und eine der größten und profitabelsten der Welt - ein zusätzliches Gütesiegel.

Bis Mitte September 2016 ein Skandal die Bank erschütterte. Da erfuhr die Welt, dass Mitarbeiter über Jahre hinweg mehr als zwei Millionen Phantomkonten eingerichtet hatten, um Vertriebsziele zu erreichen. Gewinn und Umsatz wurden zulasten der Kunden im großen Stil manipuliert, nach und nach wurden weitere Vergehen öffentlich. Der langjährige Bankchef John Stumpf trat ab. 185 Millionen Dollar Strafe musste Wells Fargo zahlen; vor wenigen Tagen kam es zu einem Vergleich mit verschiedenen US-Behörden, in dem Wells Fargo eine Milliarde Dollar zahlen muss.

Jetzt kommen noch einmal 480 Millionen Dollar hinzu: Nach SZ-Informationen hat die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, Union Investment, diese Summe als Hauptkläger in einem Verfahren vor dem 9. Berufungsgericht in den USA erstritten. Einen höheren Vergleich hat noch kein deutscher Investor in den USA erzielt.

Die Skandalbank muss nun die Rechnung für frühere Fehler bezahlen

Auch unter den Fondsmanagern von Union Investment galt die Wells-Fargo-Aktie lange als Favorit, sie war in zahlreichen ihrer Fonds enthalten. Mit dem Vergleich muss Wells Fargo den Schaden kompensieren, der den beteiligten Investoren durch Aktienkursverluste infolge der Konto-Schiebereien entstanden war. Man sei wegen "erheblicher Bedenken um die öffentliche Ordnung" tätig geworden, sagt Andreas Zubrod, der das Verfahren als Rechtsvorstand von Union Investment angestrengt hatte. Den Aktionären sei schwerer Schaden entstanden. "Wir sind froh, dass Wells Fargo mit diesem Vergleich einen wichtigen Schritte unternimmt, die Rechnung für frühere Fehler zu bezahlen", sagt er.

Der Millionenvergleich mit der skandalträchtigen Bank ist exemplarisch. Vermögensverwalter, seien es mittelgroße wie Union investment mit 325 Milliarden Euro Investorengelder oder Giganten wie Blackrock mit inzwischen mehr als 6,2 Billionen Dollar, werden immer mehr zu Erziehern der Unternehmen, in die sie investieren. Sie kritisieren öffentlich ethisch-moralisches Fehlverhalten von Managern, dringen darauf, die Regeln für gute Unternehmensführung einzuhalten und verweigern im Zweifel öffentlichkeitswirksam ihre Zustimmung für Manager auf der Hauptversammlung. Zubrod spricht von einer "marktgetriebenen Regulierungsinstanz", zu der sich Investoren entwickeln.

Sobald es strafrechtlich relevant wird, zögern die Großaktionäre nicht mit Klagen. So hat eine Reihe von institutionellen Investoren auch Volkswagen wegen des Dieselskandals auf Schadenersatz verklagt, vor dem Landgericht Braunschweig - ein Verfahren, in dem es seit Jahren keine Bewegung gibt. Im Fall Wells Fargo brauchte es nur gut eineinhalb Jahre nach Bekanntwerden der Betrügereien, bis Union den Vergleich für die Aktionäre zu erstritten hatte.

In dieser Woche will das Bundeskabinett das Gesetz zur Musterfeststellungsklage auf den Weg bringen. Damit hätten Verbraucher und Aktionäre auch hierzulande die Möglichkeit, gemeinsam vor Gericht aufzutreten. Allerdings müssen sie sich von Verbänden vertreten lassen. Der VW-Prozess um die Aktionärsklagen soll im September beginnen.

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Quelle:
SZ vom 07.05.2018
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