Süddeutsche Zeitung

Unicredit:Mission geglückt

Vor zwei Jahren landete Jean Pierre Mustier in Mailand, um die Bank Unicredit zu sanieren. Das ist ihm durchaus gelungen. Probleme macht allerdings die populistische Regierung in Rom.

Von Ulrike Sauer

Seit Jean Pierre Mustier im Juli 2016 in Mailand landete, um die Großbank Unicredit aus der Krise zu führen, hält sich der ehemalige Soldat der französischen Armee stur an seine alte Fallschirmjäger-Devise: Wichtiges sollte man lieber nicht delegieren. "Ein Fallschirmspringer überlässt niemand anderem die Aufgabe, den Fallschirm wieder zusammenzufalten", sagt Mustier. Das sei zwar eine äußerst langweilige Aufgabe, von deren korrekter Ausführung hänge aber das eigene Leben ab. Am Donnerstag kündigte der Franzose das Gelingen seines Einsatzes an, zwei Jahre nach der Vorstellung eines großen Sanierungsplans. Mit 3,9 Milliarden Euro Gewinn schloss Unicredit im Jahr 2018 fast zum großen Mailänder Rivalen Banca Intesa auf.

Der eigentlich zum Jahresende anvisierte Abbau von 14 000 Stellen ist vollzogen. Was die Schließung von fast 1000 Filialen angeht, ist man bei 93 Prozent. Mustier kam in Mailand schneller voran als erwartet. Er hat den Konzern ganz auf sich zugeschnitten und das Gesicht der Bank verändert. Nach der Kapitalerhöhung um 13 Milliarden Euro sind 80 Prozent des Aktienkapitals in der Hand ausländischer Anleger. Die einst dominierenden italienischen Sparkassenstiftungen und die mit ihnen verbandelten Parteien haben nichts mehr zu melden.

Und nun kündigt der Franzose gleich den nächsten Strategieplan für die Jahre 2020 bis 2023 an. Was er in Zukunft konkret mit dem Mutterkonzern der Hypo-Vereinsbank vor hat, will er zwar erst im Dezember verraten. Vorerst überraschte er aber schon einmal mit dem kompletten Umbau der Mailänder Führungsstruktur im Unicredit-Turm an der Mailänder Piazza Gae Aulenti: Generaldirektor Gianni Franco Papa, 62, verlässt die Bank im Juni nach 39 Jahren, mit einem goldenen Handschlag von 3,7 Millionen Euro. Sein Posten wird abgeschafft. Damit fällt der Filter zwischen Mustier und seinen Topmanagern weg. Der Unicredit-Chef kommandiert seine verkleinerte Führungstruppe künftig direkt. Doch beim Durchregieren stößt der 58-Jährige an unüberwindbare Grenzen. Ziemlich leidvoll musste Mustier in den vergangenen Monaten erfahren, wie sehr die politische Unsicherheit und das wirtschaftsfeindliche Finanzgebaren der populistischen Regierung den italienischen Banken schadet. Im Sommer noch spekulierte man in Europa über einen Zusammenschluss der französischen Société Générale und Unicredit in Italien. Doch dann brachen die Populisten in Rom den Haushaltsstreit mit Brüssel vom Zaun und verschreckten die Finanzmärkte mit ihren Euro-Austrittsplänen. Die Turbulenzen setzten die italienischen Banken massiv unter Druck. Die Aktienkurse fielen in den Keller, die Kosten für ihre eigene Refinanzierung zogen stark an. Unicredit besorgte sich im November Geld bei der amerikanischen Investmentfirma Pimco. Im Januar gelang es, 2,5 Milliarden auf dem US-Anleihenmarkt einzusammeln - zu einem exorbitanten Zinssatz von 6,5 Prozent.

Auch am Donnerstag machte das Krisenland Mustier wieder einen Strich durch die Rechnung. Während er in Mailand seine glänzenden Zahlen vorlegte, setzte die EU-Kommission in Brüssel ihre Wachstumsprognose für Italien auf 0,2 Prozent herunter. Der Risikoaufschlag für römische Staatsanleihen legte sofort stark zu. Die Probleme für die Banken werden sich in den kommenden Wochen nun voraussichtlich wieder verschärfen.

"Italiens Wachstum wird sich fortsetzen und das Land wird einer der Champions Europas sein", hatte Mustier drei Tage nach der Parlamentswahl im vergangenen März optimistisch gesagt. Das war weit gefehlt. Ist es ein Zufall, dass Mustier seine Glücksbringerin "Elkette" - einen plüschigen, kleinen Elch - nicht mehr mit sich herumträgt?

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SZ vom 08.02.2019
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