Unicredit:Die gute Figur zählt

Dem Mailänder Bankenkonzern Unicredit geht es nicht gut, wie vielen italienischen Banken. Dass ausgerechnet jetzt wieder über einen Verkauf der Münchner Tochter Hypo-Vereinsbank spekuliert wird, ist kein Zufall.

Von Stephan Radomsky

Jean-Pierre Mustier packt die Probleme gleich richtig an, so soll es wohl aussehen. Kaum ist der neue Chef zwei Tage beim strauchelnden italienischen Bankkonzern Unicredit im Amt, hat er mit dem Verkauf von kleineren Anteilen an zwei Töchtern schon mehr als eine Milliarde Euro dringend benötigtes Kapital eingespielt. Dass die Deals noch von Mustiers Vorgänger Federico Ghizzoni eingefädelt worden waren und er sie auch weitestgehend zum Abschluss gebracht haben dürfte - geschenkt.

Denn im Moment geht es für Mustier und Unicredit vor allem um eines: Zuversicht. Der neue Chef muss die größte Bank Italiens stabilisieren und bei den Anlegern Vertrauen zurückgewinnen, und zwar schnell. Denn Unicredit ächzt unter faulen Krediten über rund 80 Milliarden Euro. Gemeinsam mit der kleineren Rivalin Monte dei Paschi di Siena steht sie damit im Zentrum der italienischen Bankenkrise. Insgesamt haben die Institute im Land kritische Darlehen über rund 360 Milliarden Euro angehäuft. Auf bis zu zehn Milliarden Euro schätzten Analysten deshalb zuletzt den Finanzbedarf allein bei Unicredit. So viel aber ist im extrem schwierigen Umfeld für Banken derzeit kaum aus eigener Kraft zu verdienen, angesichts von Minizinsen und lahmender Konjunktur in Teilen Europas. Zuletzt verloren die Anleger deshalb in Scharen das Vertrauen, das Brexit-Votum beschleunigte den Absturz zusätzlich. Ein paar gute Nachrichten zwischendurch täten da gut.

Passenderweise machte am Dienstagabend dann auch ein Gerücht die Runde: Die Unicredit könnte ihre Münchner Tochter Hypo-Vereinsbank (HVB) ebenfalls teilweise an die Börse bringen, ventilierten die Finanzspezialisten der Nachrichtenagentur Reuters. Andere Medien zogen am Mittwoch nach, stets mit dem Hinweis auf einen "ranghohen Banker" als Gewährsmann für die möglichen Börsenpläne.

Nur: Echte Belege oder wenigstens eine Bestätigung aus zweiter Quelle gibt es nicht. Ein Teilverkauf der HVB wird zwar seit Jahren immer wieder diskutiert, dass es nun passiert, erscheint aber unwahrscheinlich. Zwar brächte er Mustier weiteres Geld - der Preis wäre aber hoch.

Die HVB ist für Unicredit der größte Ertragsbringer, Mailand ist auf die Überweisungen aus München angewiesen. Würden die Italiener einen Anteil verkaufen, müssten sie auch die Gewinne teilen. Zugleich ließe sich mit einem Minderheitsanteil wohl nur relativ wenig einspielen. Seit Monaten versucht die Deutsche Bank erfolglos, die Postbank als Ganzes loszuwerden. Ein Minderheitsanteil, der keinen Einfluss aufs Geschäft erlaubt, fände da wohl nur mit hohem Abschlag einen Käufer.

Egal, die Verkaufs-Story blieb nicht ohne Folgen. Um fast 15 Prozent stieg die Unicredit-Aktie am Dienstag, am Mittwoch legte sie zwischenzeitlich noch einmal gut fünf Prozent zu - auf noch immer sehr niedrigem Niveau, aber immerhin. Kaum verwunderlich also, dass Börsenbeobachter den "ranghohen Banker" hinter der Story in der Mailänder Unicredit-Zentrale vermuten und dass der sein Ziel mit dem Kursplus schon erreicht hat. Manchmal reicht es eben, sich hübsch zu machen und gut auszusehen. "Fare bella figura" heißt das in Italien.

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