Banken:Unicredit sichert sich weitere Commerzbank-Anteile – kommt jetzt die Übernahme?

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Der Commerzbank-Tower in Frankfurt am Main. (Foto: Frank Rumpenhorst/picture alliance/dpa)

Bisher kontrollierte die italienische Großbank etwa 21 Prozent der Anteile, jetzt sind es schon 28 Prozent, wenn auch teils nur über Finanzinstrumente. In Mailand heißt es weiterhin, das sei nur ein Investment.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Zuletzt sah es so aus, als habe die italienische Unicredit das Interesse an der Commerzbank verloren – schließlich hatte deren Vorstandschef Andrea Orcel gerade überraschend ein Übernahmeangebot für eine italienische Bank lanciert. Zwei Banken gleichzeitig übernehmen? Das wäre auch für einen „Superstrategen“ wie Orcel zu viel, so die Meinung vieler Beobachter. Und auch Orcel selbst hatte durchblicken lassen, dass sich seine Pläne in Deutschland zumindest verschieben könnten.

Umso überraschender kam nun die Nachricht, dass Unicredit sein Engagement bei der Commerzbank weiterhin ausbaut. Wie die Italiener am Mittwochmorgen meldeten, kontrollieren sie über Finanzinstrumente inzwischen 28 Prozent der Commerzbank. Ein Übernahmeangebot für Deutschlands zweitgrößte Privatbank wird damit wahrscheinlicher, auch wenn Unicredit bislang nur 9,5 Prozent des Commerzbank-Anteils tatsächlich über Aktien hält. Weitere 18,5 Prozent entfallen auf Wertpapiere, mit denen sie sich den Zugriff auf die Anteile bereits gesichert haben.

Für eine Erhöhung über zehn Prozent der Aktien bräuchte Orcel auch erst einmal die Erlaubnis der Finanzaufsicht, die laut Financial Times bis Mitte März auf dem Tisch liegen dürfte und wohl eher eine Formalie darstellt. Bei 30 Prozent oder mehr wäre sie zudem verpflichtet, ein öffentliches Übernahmeangebot für den Rest der Aktien vorzulegen.

Zugleich betonte Unicredit, dass ihr Commerzbank-Engagement weiterhin lediglich als Finanzinvestment zu betrachten sei – was angesichts der schrittweisen Erhöhung allerdings zunehmend unglaubwürdig wirkt. Die Position habe zudem keine Auswirkungen auf das parallele Übernahmeangebot für die italienische Banco BPM. Insider vermuten, dass Orcel zunächst nur den jüngsten leichten Preisrückgang der Commerzbank-Aktie ausnutzen und mit dem Zukauf auch ein Signal an die Aktionäre beider Banken senden wollte, dass er seine Frankfurter Pläne weiter ernsthaft verfolgt.

Die Aktien der Commerzbank stiegen am Mittwochvormittag um gut drei Prozent; auch die Anteilsscheine der Unicredit notierten leicht im Plus. Eine Commerzbank-Sprecherin teilte mit, die Bank nehme die Nachricht zur Kenntnis und konzentriere sich auf die Weiterentwicklung der Strategie, die man am 13. Februar veröffentlichen werde.

Frederik Werning von der Gewerkschaft Verdi sagte, der erneute Ausbau der Position bestätige den aktionistischen und unfreundlichen Kurs von Unicredit-Chef Orcel. „Auf uns wirkt das Ganze kopflos und ausschließlich von Machtinteressen getrieben“, sagte Wernig. Hinzu komme, dass Orcels Aussagen offensichtlich eine sehr kurze Halbwertzeit hätten. „Die Belegschaft der Commerzbank hat in den letzten Monaten durch zahlreiche Aktionen deutlich gemacht, dass der einzig richtige Kurs die Eigenständigkeit der Commerzbank ist“. Anfang September hatte Unicredit den Teilausstieg des Bundes bei der Commerzbank genutzt und war im großen Stil bei der Frankfurter Bank eingestiegen. Die Bundesregierung hält derzeit noch zwölf Prozent der Aktien und hatte sich entschieden, bis auf Weiteres keine Commerzbank-Aktien mehr zu verkaufen. Die Übernahmepläne der Unicredit lehnt sie ab, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach im September gar von einer „unfreundlichen Attacke“, auch der Vorstand der Bank zeigt sich bislang skeptisch und bevorzugt die Eigenständigkeit.

Der Übernahmepoker hat daher längst auch eine politische Dimension: Feindliche Übernahmen sind in der Bankenbranche per se ungewöhnlich, aber dass eine Bank gegen den Willen der jeweiligen Regierung übernommen wird, das gab es auch innerhalb Europas praktisch noch nie. Der Staat hatte die Commerzbank in der Finanzkrise vor fünfzehn Jahren gerettet und teilverstaatlicht. Im Sommer trennte sich der Bund von einem Teil der Aktien.

Unicredit-Chef Andrea Orcel hat immer wieder betont, er sehe umfangreiche Synergien zwischen der Commerzbank und der Mailänder Großbank. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet im Fall einer Übernahme einen Stellenabbau bei der Commerzbank mit ihren etwa 42 000 Beschäftigten und verweist auf die Übernahme der Hypo-Vereinsbank durch die Unicredit im Jahr 2005, die damals Jobs gekostet hatte.

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