Ungleichgewichte im Welthandel:USA auf Kuschelkurs mit China

Ein Bericht der US-Regierung hätte für Ärger im Handelsstreit mit China führen können. Jetzt wird Finanzminister Geithner das Papier vorerst nicht veröffentlichen.

Nikolaus Piper

In ihrem langen Streit um die Währungspolitik ist die amerikanische Regierung der Volksrepublik China einen großen Schritt entgegengekommen. Finanzminister Timothy Geithner verzichtet bis auf weiteres darauf, das Land offiziell der Manipulation seines Wechselkurses zu bezichtigen. Dennoch wächst der Druck auf China.

Zur Entspannung dürfte auch beigetragen haben, dass Chinas Staatspräsident Hu Jintao vorige Woche für Mitte April einen Besuch in Washington angekündigt hatte. Die chinesisch-amerikanischen Beziehungen hatten sich in den vergangenen Monaten zusehends verschlechtert. Das lag unter anderem am Besuch des Dalai Lama bei Präsident Barack Obama im Februar und am Verkauf amerikanischer Waffen an Taiwan.

Brisantestes Thema im Hintergrund war jedoch immer die Währungsfrage. Die USA werfen der chinesischen Führung vor, den Kurs des Yuan künstlich niedrig zu halten und so für die Vernichtung von Jobs in Amerika verantwortlich zu sein. Als kritisches Datum galt bisher der 15. April. An diesem Tag sollte Finanzminister Geithner turnusgemäß seinen Bericht zur Handelspolitik vorlegen. Geithner stand unter erheblichem Druck aus den eigenen Reihen, dort China der "Währungsmanipulation" zu beschuldigen und so Sanktionen in Gang zu setzen.

Bericht verschoben

Diesen Bericht hat Geithner nun überraschend auf unbestimmte Zeit verschoben. Er begründete diesen Schritt in einer äußerst vorsichtig formulierten Erklärung: In den kommenden drei Monaten gebe es eine Reihe internationaler Treffen, die zu "stärkerem, nachhaltigerem und ausgeglichenerem globalen Wachstum" führen könnten, heißt es darin. Mit Blick auf China schreibt der Minister lediglich, ein "mehr am Markt orientierter Wechselkurs" könne einen "entscheidenden Beitrag" zum Abbau globaler Ungleichgewichte leisten.

Es geht aber nicht nur um China. Länder mit großen Handelsüberschüssen wie Japan und Deutschland müssten mehr tun, um die Binnennachfrage zu beleben, heißt es weiter. Der Satz bedeutet, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beim nächsten Treffen der G-20-Minister am 23. April in Washington mit der Forderung konfrontiert werden wird, Deutschland solle Wachstumslokomotive für die Welt sein. Ähnliche Forderungen waren bisher schon innerhalb der EU laut geworden.

Unter Ökonomen gibt es kaum Zweifel, dass der niedrige Wechselkurs des Yuan zu den extremen Handelsüberschüssen Chinas und den entsprechenden Defiziten der Vereinigten Staaten beigetragen hat. Seit Sommer 2008 bindet die Bank von China die Währung zu einem Kurs von 6,83 Yuan an den Dollar. Um dieses Ziel zu erreichen, kaufen die Chinesen ständig Dollar auf den Devisenmärkten. Das Land hat mittlerweile mit 2,4 Billionen Dollar die größten Devisenreserven der Welt. Zu diesen Reserven gehören US-Staatsanleihen im Wert von 889 Milliarden Dollar, wodurch China zu einem der größten Gläubiger der amerikanischen Regierung geworden ist.

Härteres Vorgehen gegen China verlangt

Offen ist allerdings, um wie viel der Yuan aufwerten sollte, damit der Wechselkurs die ökonomischen Realitäten widerspiegelt. Die Schätzungen reichen von zehn bis 50 Prozent. Nach einer Übersicht der Agentur Bloomberg über Devisentermingeschäfte in der vorigen Woche setzen Spekulanten im Durchschnitt darauf, dass China demnächst eine Aufwertung um 2,7 Prozent zulassen wird. Chinas Regierung hatte sich in der Vergangenheit aber immer vehement gegen Forderungen des Auslands nach einer Aufwertung gewehrt.

Innerhalb der Vereinigten Staaten verlangen viele Politiker und Ökonomen deswegen ein wesentlich härteres Vorgehen gegen China. Der Nobelpreisträger Paul Krugman fordert einen Strafzoll von 25 Prozent auf chinesische Waren. Der einflussreiche demokratische Senator Charles Schumer aus New York kündigte an, er werde weiter einen Gesetzentwurf verfolgen, der Sanktionen gegen ein Land bereits dann in Gang setzt, wenn das US-Wirtschaftsministerium eine "Fehlbewertung" der Währung feststellt.

Bisher ist dies nur dann möglich, wenn der schwerere Vorwurf der Währungsmanipulation erfüllt ist. Der Entwurf wird von Senatoren aus beiden Parteien gestützt. "Selbst wenn die Regierung ihre Entscheidung verschiebt: Wir werden unsere Forderung nach einem Gesetz nicht verschieben", erklärte Schumer.

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