Ungarn:1,22 Euro pro Liter - aber nur für Einheimische

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Mittlerweile ohne Preisvorteil: Ein Kroate befüllt seinen Wagen an einer Tankstelle im ungarischen Lenti. (Foto: Vjeran Zganec Rogulja/IMAGO/Pixsell)

Die Orbán-Regierung deckelt den Spritpreis an Tankstellen. Touristen jedoch müssen mehr zahlen - was gegen EU-Recht verstoßen könnte.

Von Björn Finke, Brüssel

Tanken für 1,22 Euro pro Liter - für die meisten Europäer ist das ein ferner Traum. Ungarns autoritäre Regierung bestimmte aber schon im November, dass die Tankstellen im Land ihren Sprit für höchstens 480 Forint pro Liter verkaufen dürfen, was umgerechnet eben 1,22 Euro entspricht. Diese Preisobergrenze dient dem Kampf gegen die Inflation und soll bis mindestens Ende Juni gelten, vermutlich jedoch länger. Allerdings änderte die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán das System vor anderthalb Wochen und könnte sich damit frischen Ärger mit der EU-Kommission einhandeln. Denn Budapest legte fest, dass jetzt nur noch Ungarn von der Regelung profitieren sollen.

Wer dagegen in einem Auto mit ausländischem Kennzeichen tanken will, soll den Marktpreis zahlen, nicht den gedeckelten. Die Regierung beklagt ausufernden Tanktourismus aus Nachbarländern - und da sie die Mineralölkonzerne für die Preisobergrenze entschädigt, wird das teuer. Im Europaparlament regt sich aber schon Kritik: Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber moniert in zweiseitigen Briefen an Binnenmarktkommissar Thierry Breton und Justizkommissar Didier Reynders, dass eine Unterscheidung an der Tankstelle zwischen In- und Ausländern "das Diskriminierungsverbot innerhalb der EU" verletze. Das Vorgehen Ungarns "öffnet die Tür für andere diesbezügliche Maßnahmen und riskiert, grundlegende EU-Freiheiten und -Rechte permanent zu beschädigen", warnt der wirtschaftspolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion, der größten Gruppe im Europaparlament.

Ferber zufolge zahlen in Ungarn Fahrer mit ausländischen Kennzeichen nun 40 bis 60 Prozent mehr pro Liter Sprit als Einheimische. Er äußert in seinem Schreiben die Hoffnung, dass der Missstand auf EU-Ebene ausgeräumt werden könne. Klingt vage, aber der Süddeutschen Zeitung sagte der Abgeordnete dann ganz konkret, die Kommission müsse "hier zügig handeln und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn einleiten". Es wäre nicht das erste.

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