Unfairer Betriebsurlaub:Italienische Unternehmer bauen heimlich ihre Firmen ab

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Die Arbeiter der Firma Hydraulic Lift in Mailand stehen nach den Ferien plötzlich vor verschlossenen Türen: Während ihres Urlaubs soll der Firmeninhaber den Standort ohne Vorankündigung geschlossen haben. Diese bizarre Taktik kommt in Italien in Mode.

Dass Unternehmen Standorte schließen, kommt oft genug vor. Eher selten aber ist, dass das heimlich geschieht. Nun aber berichtet die italienische Zeitung La Repubblica von einer unglaublichen Reihe spontaner Standortschließungen. Schon drei Mal in diesem Sommer hätten Unternehmer ihre Angestellten in den Betriebsurlaub geschickt, um sich dann heimlich mit allen transportfähigen Maschinen aus dem Staub zu machen.

Dieses Mal hat es den Angaben des Blattes zufolge die 30 Arbeiter der Firma Hydronic Lift getroffen. In einer Fabrik in Pero, einer Gemeinde in der Nähe von Mailand, produzierten sie bis Anfang August hydraulische Komponenten von Fahrstühlen. Den Urlaub sollen die Mitarbeiter dann im Glauben angetreten haben, nach drei Wochen wieder zur Arbeit zu gehen.

Doch dem war nicht so: Mitten in den Ferien hätten sie per Post die Kündigung erhalten. Die Firma habe den Geschäftsbereich kurzerhand aufgegeben. Ein Unternehmenssprecher sagte der La Repubblica, der Standort sei für eine "unternehmensinterne Umstrukturierung" geschlossen worden. Die Firma hat ein weiteres Werk in Mc Kinney im US-Bundesstaat Texas.

Die italienische Gewerkschaft Fiom-Cgil spricht von einem "Sport, der unter italienischen Unternehmern im Sommer 2013 in Mode" komme. Zuvor waren bereits ähnliche Fälle bekannt geworden.

Die Zeitung Il Fatto Quotidiano berichtete über den Chef von Firem Formigine, einem Hersteller für Elektroteile. Am 2. August wünschte Fabrizio Pedroni den Mitarbeitern in seiner Fabrik in Modena eine schöne Sommerpause. Nur einen Tag später begann er heimlich, seine Fabrik abzubauen. Als die Arbeiter Wind von der Flucht bekamen, befand sich 90 Prozent des Maschinenparks bereits auf dem Weg nach Polen.

Gegen die roten Zahlen

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte Pedroni, seine Firma habe seit Jahren Verluste gemacht. In Italien habe er den Betrieb nicht aufrechterhalten können. "Hätte ich die Mitarbeiter in meine Pläne eingeweiht, hätten sie meine Fabrik besetzt", sagte Pedroni. Nach der Flucht habe er mehrere Morddrohungen erhalten. Trotzdem gibt es für ihn kein Zurück.

Auch in Forlì, ebenfalls in Norditalien, wollte sich ein Unternehmer davonschleichen. Arbeiter des Klimaanlagen-Herstellers Dometic bemerkten, wie Unbekannte über Nacht das Lager leerräumten und verständigten die Polizei. Später wurde bekannt, dass der Unternehmer sie wohl beauftragt hatte.

Die italienischen Gewerkschaften sind alarmiert. Mehrere Unternehmen haben angekündigt, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern, um Kosten zu sparen. Arbeiter, die sicher gehen wollen, dass sie auch nach dem Urlaub noch einen Arbeitsplatz haben, werden wohl künftig in den Ferien vor den Toren ihrer Fabrik zelten müssen.

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