UN-Bericht zur Arbeitslosigkeit:Arbeitslosigkeit in Spanien sprengt alle Dimensionen

In Spanien und Griechenland herrschen die höchsten Arbeitslosenraten, die von der UN erfasst werden. Junge Menschen trifft es am härtesten: Mehr als die Hälfte von ihnen in beiden Ländern hat keinen Job. Selbst die Zahlen aus dem afrikanischen Mali sind besser - auch wenn die Staaten schwer vergleichbar sind.

Die Krise lässt die Arbeitsmärkte in Südeuropa kollabieren, die Gegend leidet unter der weltweit höchsten erfassten Arbeitslosenrate. Die Erwerbslosenquote in Spanien und Griechenland sei mit 24,5 beziehungsweise 22,3 Prozent höher als in allen anderen Ländern, für die international vergleichbare Daten vorlägen, berichtet die Financial Times Deutschland unter Berufung auf eine Länderanalyse der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

Am schlimmsten ist die Lage für junge Menschen in den beiden Ländern: Die Jugendarbeitslosigkeit ist in keinem erfassten Land höher: 55 Prozent der unter 24-jährigen Griechen seien derzeit ohne Job, bei den Spaniern sind es rund 53 Prozent.

Die UN-Organisation ILO hat für ihre Analyse Jobzahlen für 178 Staaten rund um den Globus erhoben. In etwa 50 davon wurde zudem die Bevölkerung befragt, um die Ergebnisse international vergleichbar zu machen. Für viele afrikanische, karibische und lateinamerikanische Staaten gibt es nur Schätzungen. Doch selbst unter diesen seien nur wenige Länder, in denen prozentual mehr Menschen ohne Job seien als in Griechenland oder Spanien, heißt es in dem Bericht. Dies sei beispielsweise in Namibia der Fall. Im afrikanischen Mali dagegen liegt die Quote niedriger - einem Land, das in diesem Land von einem Militärputsch und Kämpfen zwischen Regierung und islamistischen Milizen erschüttert wurde.

Arbeitslosenzahlen aus entwickelten Ländern sind nur schwer vergleichbar mit denen aus Entwicklungs- oder Schwellenländern. Denn in diesen ist nicht nur die Erhebung der Daten durch eine schwächere Verwaltung und die weite Verbreitung informeller Arbeitsverhältnisse schwierig. Die ILO zählt mithelfende Familienangehörige in agrarischen Betrieben als arbeitend. Das kann die Quote von Staaten, die von Subsistenzwirtschaft geprägt sind, niedriger erscheinen lassen als in Industrieländern - obwohl die Situation auf dem dortigen Arbeitsmarkt viel angespannter sein kann.

Die ILO-Daten zeigen erneut, was für extreme Erschütterungen die Sparprogramme in beiden Staaten auslösen. 2007, im Jahr vor Beginn der Krise, lag die Arbeitslosenquote in beiden Staaten noch bei 8,3 Prozent. Einen so drastischen Anstieg hatten im vergangenen Jahr auch Weltwährungsfonds und Europäische Union nicht vorhergesagt. Sie gingen sogar davon aus, dass die Zahlen in beiden Ländern spätestens 2013 wieder sinken würden.

Die ILO dagegen rechnet weiter mit hohen Arbeitslosenzahlen in Südeuropa. "Selbst wenn die Eurokrise in den kommenden Monaten nicht eskaliert, wird die Arbeitslosigkeit in den Euro-Südländern in den nächsten Jahren nur sehr langsam sinken", sagte Ekkehart Ernst, Chef der ILO-Prognoseabteilung, der FTD. Die UN-Behörde geht davon aus, dass 2015 in Griechenland noch immer 20,3 Prozent, in Spanien 23,4 Prozent der Erwerbsbevölkerung ohne Job sein dürften.

In Spanien spielen nicht nur Kapitalflucht und Einschnitte bei den Staatsausgaben eine Rolle. Vor allem jüngere Menschen sind einseitig ausgebildet. Während des Immobilienbooms zu Beginn des Jahrtausends haben viele junge Leute Jobs für die Bauwirtschaft gelernt. Sie wurden Ingenieure, Dachdecker - oder arbeiteten gleich ohne Ausbildung, aber für gutes Geld in der Branche. Als die Spekulationsblase platze, gab es keine Jobs für diese Menschen mehr.

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