Umweltschutz:Strafsteuer für Pommesgabel

Lesezeit: 1 min

50 Cent extra kostet die Schale, 20 Cent extra die Gabel. (Foto: imago)

Tübingen führt eine Abgabe bei Mitnahmegerichten ein. Damit soll der Einsatz von Einweg­geschirr begrenzt werden.

Von Hans von der Hagen, München

Die Essenspause am Imbiss wird in Tübingen vom kommenden Jahr an teurer - zumindest, wenn man Einweggeschirr benutzt: Der Tübinger Gemeinderat beschloss am Donners- tag, dass Einweg-Verpackungen und -Geschirr jeweils 50 Cent kosten, bei Einwegbesteck beträgt die Steuer 20 Cent. Damit das Essen am Ende nicht zu teuer wird, wurde die Obergrenze bei 1,50 Euro festgelegt.

Zahlen müssen nach Angaben der Stadt Händler, die Take-away-Gerichte und Kaffee in nicht wiederverwendbaren Verpackungen verkaufen. Betroffen sind neben den Imbissbetrieben etwa auch Eisdielen, Bäckereien, Tankstellen oder Lieferdienste.

"Die Wegwerfkultur in den Städten lebt davon, dass die Städte mit Millionenaufwand den Müll beseitigen. Damit ist in Tübingen jetzt Schluss: Wer Müll produziert, muss dafür bezahlen", teilt Oberbürgermeister Boris Palmer mit. In der Beschlussvorlage heißt es, dass die Stadt für Entsorgung des Verpackungsmülls derzeit etwa 700 000 Euro zahlt.

Wer die Verpackungen zurücknimmt und recycelt, wird von der Steuer befreit

Die Betriebe können sich und ihre Kunden von der Steuer befreien, wenn sie die jeweiligen Verpackungen vollständig zurücknehmen und "einer stofflichen Verwertung außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung" zuführen. Die Verpackungen sollen also recycelt werden. Ausnahmen gibt es etwa für Speisen und Getränke, die auf zeitlich befristeten Veranstaltungen ausgegeben werden - allerdings nur dann, wenn Händler nicht an mehr als zehn Tagen im Jahr Speisen und Getränke bei solchen Veranstaltungen verkaufen.

Kassel hatte 1992 einen ähnlichen Vorstoß gewagt - der Kaffeebecher kostete damals 40 Pfennig, ein Pappteller 50 Pfennig. Dieser Versuch wurde allerdings 1998 für verfassungswidrig erklärt und wieder abgeschafft. Damit das nicht erneut passiert, hat Tübingen ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das hat nach Angaben der Stadt bestätigt, dass die Verpackungssteuersatzung "im Grundsatz" zulässig ist. "Wir haben uns an der Kasseler Satzung orientiert", teilt die Stadt mit. "Diese ist in ihrer konkreten Ausgestaltung auch weder vom Bundesverwaltungsgericht noch vom Bundesverfassungsgericht kritisiert worden." Mittelfristig verspricht sich Palmer einen nachhaltigeren Konsum: "Ich bin mir sicher, dass die Verpackungssteuer umweltfreundliches Handeln befördern und Mehrwegsystemen zum Durchbruch verhelfen wird." Laut Deutschem Städtetag erhebt derzeit keine weitere Kommune eine vergleichbare Steuer. Um voranzukommen, forciert die Kommune nach eigenen Angaben die Entwicklung alternativer Systeme von Mehrweg-Verpackungen: Der erste Schritt ist ein Merkblatt, das über "Alternativen zu Einwegverpackungen in Bäckereien aufklärt".

© SZ vom 01.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: