Umweltbewusstsein von Unternehmen:Seht ihr, wir machen es vor

Wirtschaftsunternehmen warten nicht auf globale Abkommen. Sie nehmen effektiver als die Staaten das Problem der Erderwärmung wahr - und machen das Energiesparen zu ihrer Hauptaufgabe.

Oleg Deripaska

Man könnte sich leicht von Cancún entmutigen lassen, von den großen Schritten, die ausgeblieben sind, und von der internationalen Vereinbarung im Kampf gegen den Klimawandel, die vielversprechender klingt, als sie ist. Zwar scheint ein breiter Konsens zu herrschen, dass die globale Erwärmung eine Bedrohung darstellt und dringliches Handeln erforderlich ist. Trotzdem werden kurzfristige nationale Interessen immer noch vor das langfristige Wohl der Allgemeinheit gestellt.

Eisbär

Einigkeit herrscht zumindest in dem Punkt, dass die Erderwärmung eine Bedrohung ist.

(Foto: dpa)

Glücklicherweise zögern führende Geschäftsleute rund um den Globus nicht zu handeln. Kooperationen auf regionaler Ebene, zum Beispiel zwischen Russland und China, demonstrieren einen klaren Willen, den Klimawandel zu bekämpfen. Auf dem Gipfel von Cancún waren nationale Regierungen unwillig, Zugeständnisse zu machen, um Konflikte zu entschärfen. Es schien im Gegenteil eher, dass regionale Gruppierungen damit beschäftigt waren, sich gegenseitig die Schuld für den Klimawandel zuzuschieben. Selbst internationale Organisationen scheinen allen guten Absichten zum Trotz unfähig, die Kluft zu überbrücken.

Im Gegensatz dazu gibt es weit weg von der internationalen Bühne Grund zum Optimismus: Wirtschaftsunternehmen haben die Notwendigkeit erkannt, Kosten einzusparen und die Umwelt zu schützen. Sie warten nicht auf globale Vereinbarungen zur Reduzierung des Energieverbrauchs, sondern haben das Energiesparen zu einer Hauptaufgabe gemacht - in Russland sowie rund um den gesamten Globus.

Die Regierungen der Welt untersuchen derzeit ihre Energiequellen und Erzeugungskapazitäten ganz genau. Erneuerbare Energien erfreuen sich zunehmend staatlicher Unterstützung: Die Vereinigten Staaten investieren als Teil des Gesamtkonjunkturpakets 66 Milliarden Dollar in die Entwicklung und Nutzung alternativer Treibstoffe. Die EU möchte bis 2020 20 Prozent ihres Stromes aus erneuerbaren Energien generieren. China hat ein 47-Milliarden-Dollar-Gesetz für grünen Strom verabschiedet und fördert Wind- und Solarenergien durch Subventionen und andere finanzielle Mittel.

Um den Klimawandel erfolgreich zu bekämpfen, ist es enorm wichtig, dass China als weltweit größter Produzent von Treibhausgasen seine Wirtschaft entwickeln kann, ohne weiterhin massiv Kohlenstoffemissionen zu produzieren. Selbst wenn der Pro-Kopf-Ausstoß immer noch weit unter amerikanischem Niveau liegt, hat China die Vereinigten Staaten zumindest schon als weltweit größter Produzent von Treibhausgasen abgelöst.

Aber auch hier besteht Grund zum Optimismus. China ist sich der Herausforderung sehr wohl bewusst und hat im Bemühen, die Post-Kyoto-Gespräche anzustoßen, zugesagt, die Emissionen pro BIP (Bruttoinlandsprodukt)-Einheit bis 2020 um mindestens 45 Prozent zu senken. Um diese Einsparungen zu erreichen, ist China derzeit dabei, ältere, mit Kohle betriebene Kraftwerke zu erneuern.

Das Land ist führend im Bereich der Kohlenstoffaufbearbeitungs-Technologien (carbon-capture technology). Es hat den globalen Trend erkannt, sich der Atomkraft als verlässliche, saubere und sichere Energiequelle zuzuwenden. China hat mehr Atomkraftwerke als der Rest der Welt zusammen. Eben diese Investitionen müssen im Mittelpunkt stehen, um unser aller Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.

Wasserkraft wächst am schnellsten

Von allen sauberen Energien ist die Wasserkraft die ausgereifteste und vielversprechendste Technologie. Bereits 2009 war Wasserkraft der weltweit am schnellsten wachsende Kraftstoff. Mit Großprojekten wie dem "Three Gorges Damm" generiert China über 16 Prozent seines Stroms mit Wasserkraft. Diese Zahl muss jedoch drastisch erhöht werden, um den Emissionszielen auch bei andauerndem Wirtschaftswachstum gerecht zu werden. Somit schaut China auch nach Russland, um seinen Bedarf an sauberen Energien zu decken.

Russland hat einige der größten unerschlossenen Wasserkraftressourcen der Welt. Für China ist es insbesondere vorteilhaft, dass das größte Wachstumspotential in Sibirien und im östlichen Russland liegt, also nahe der asiatischen Märkte. Strom aus Wasserkraft ist darüber hinaus bestens geeignet, die großen Nachfrageschwankung zwischen Haupt und Nebenzeiten gut zu bewältigen. Wasserkraft kann innerhalb von Minuten eingeschaltet werden und verhindert damit die Notwendigkeit, dass Kohlekraftwerke Energieüberschüsse- und Emissionen erzeugen - 24 Stunden am Tag.

Daraus erklärt sich, warum die russische und die chinesische Regierung große Ambitionen für eine Kooperation im Energiesektor haben. Es wird vermutet, dass Stromexporte von Russland nach China in diesem Jahrzehnt um ein 60-faches ansteigen werden. Um den effizienten Transport zu unterstützen, investiert China umgerechnet 250 Milliarden Dollar in die Verbesserung des nationalen Netzes.

Die Energiepreise in China sind teilweise dreimal so hoch wie in Russland. Das legt nahe, ein Auge auf die Wirtschaftlichkeit zu werfen. Die anhaltende Debatte in China über die Einführung eines internen Kohlepreises wird russische Wasserkraft sogar noch attraktiver machen. Doch während sich unsere Regierungen gewagte Ziele setzen, sind es die Unternehmen, die liefern. Die kürzlich getroffene Vereinbarung zwischen EuroSibEnergo, Teil der EN+ Group, und China Yangtze Power Co, dem größten börsennotierten Wasserkraftunternehmen Chinas, ein Wasserkraftprojekte in Russland zu entwickeln, zeigt, dass der Fortschritt bereits in vollem Gange ist.

Dies ist wahrlich nicht das einzige Beispiel an grenzübergreifenden Kooperationen. Die EU untersucht sogenannte "Super-Netzwerke", um eine Nutzung des Solarstroms aus nordafrikanischen Anlagen zu nutzen. Norwegen und Dänemark arbeiten zusammen, um durch den Austausch von Wasser, Wärme und Windkraft die Kosten der Stromerzeugung zu senken.

Darüberhinaus gibt es Pläne, dass mongolische Windkraft nach Japan und Südkorea geliefert werden soll. Es sind gerade diese Maßnahmen, die helfen, die gedrückte Stimmung von Cancún zu verbessern. Wir müssen weiterhin auf eine globale Vereinbarung gegen den Klimawandel drängen. Fortschritt "im Feld" eilt den internationalen Gesprächen zum Glück bereits voraus.

Oleg Deripaska ist einer der reichsten Männer Russlands. Er ist der Vorstandsvorsitzende der EN+ Group, einer in Russland ansässigen Bergbau-, Metall- und Energie-Gruppe, und Mitglied der "WEF Low Carbon Prosperity Task Force".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: