Umwandlung von Filialen:Anderes Weltbild

Europe Sliding Into Recession

Umwandlung in Ein-Euro-Shops: Betriebsräte üben Kritik.

(Foto: Getty Images)

Lesensart, der Käufer von Teilen der Buchgruppe Weltbild, wandelt Filialen in Ein-Euro-Läden um.

Von Stefan Mayr und Dieter Sürig, München/Augsburg

Die Umwandlung von Filialen der Buchkette Lesensart in Ein-Euro-Läden geht anscheinend in unvermindertem Tempo weiter. Nach SZ-Informationen sind weitere Standorte gefährdet, darunter die Filiale in Freising. Die Schum Euro-Shop GmbH & Co. KG aus Dettelbach bei Würzburg hat für zahlreiche neue Standorte bereits Stellenanzeigen geschaltet. Darunter dürften auch einige Lesensart-Geschäfte sein. Ein Euroshop-Sprecher bestätigte, dass über Mietverträge an weiteren Standorten verhandelt werde, Details nannte er aber nicht.

Auch in Lippstadt, Offenburg und Schwabach sucht Euroshop neue Mitarbeiter. In diesen drei Städten gibt es auch Lesensart-Filialen. Ob dort ebenfalls ein Wechsel ansteht, wird offiziell aber nicht bestätigt. Ein Sprecher der Euroshop GmbH berichtet lediglich, in Freising werde zum 1. September ein Laden mit zwei Verkäufern und einem "Verkaufsstellenverwalter" besetzt. Lesensart-Geschäftsführer Rüdiger Wenk weiß nach eigenen Angaben nichts von einer Übergabe an Euroshop. Dabei räumt Wenk ein: "Wir wurden bisher immer nur sehr kurzfristig von Weltbild informiert, wenn eine Filiale geschlossen werden musste." Lesensart hatte der Augsburger Buchgruppe Weltbild im Februar 67 Filialen abgekauft. Seitdem wurden sechs Geschäfte geschlossen oder verkauft. Die Lesensart-Standorte Ahlen, Ansbach und Neuburg/Donau wurden von der Euroshop GmbH übernommen.

Wie berichtet, hat der Betriebsrat von Lesensart in einem offenen Brief an Weltbild beklagt, dass der ehemalige Arbeitgeber aus Augsburg einige Lesensart-Standorte bevorzugt an Euroshop untervermiete und damit die Schließung der Lesensart-Läden in Kauf nehme. Jüngstes Beispiel ist die Filiale in Ahlen in Nordrhein-Westfalen, die zu Monatsbeginn ausgeräumt wurde. "Die Mitarbeiter wurden von der Firma Lesensart vorab nicht über die Maßnahme informiert, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt", kritisiert Betriebsrat Olaf Keith. Er fürchtet nun, Wenk werde sein angekündigtes Buchladen-Konzept nicht umsetzen und stattdessen die Lesensart-Filialen nach und nach abwickeln. Davon wären 350 Mitarbeiter betroffen.

Weltbild reagiert seit dem offenen Brief nicht mehr auf Anfragen. Vor zwei Wochen hatte der Medienhändler noch indirekt eingeräumt, das er für die an Lesensart verkauften Filialen nach wie vor Miete zahle: "Die Übertragung der Mietverträge dauert teilweise noch an", hieß es. Bei den Übernahmen der Lesensart-Filialen kooperiert Euroshop nach eigenen Angaben nicht direkt mit Weltbild. "Das läuft über Makler", sagt ein Sprecher. Dabei profitiert Weltbild nicht das erste Mal vom Expansionsdrang der Euroshop-Kette. Im Sommer 2014 wurde bereits ein Euroshop in einem ehemaligen Weltbild-Shop eröffnet - in Bayreuth. Die Euroshop GmbH wird von Rainer Schum betrieben. Unter dem Motto "Es darf kein Ramsch sein" verkauft er seit 2004 Ein-Euro-Artikel rund um Haushalt, Heimwerken, Beauty und Dekoration. Nach eigenen Angaben betreibt er bundesweit mehr als 225 Filialen - und peilt 30 bis 40 Neueröffnungen pro Jahr an. Zuletzt machte er laut Bundesanzeiger einen Jahresumsatz von fast 71,6 Millionen Euro.

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