UMTS-Versteigerung:Endlich ins Netz

Diesmal macht es die Politik richtig: Sie schielt bei der Versteigerung der UMTS-Frequenzen nicht auf hohe Erlöse, sondern setzt die richtigen Anreize - und das nutzt Deutschland.

Caspar Dohmen

Seit Menschen sich wirtschaftlich betätigen, hängt ihr Erfolg entscheidend von der Infrastruktur ab. Zunächst ergab sie sich durch die natürliche Umgebung, weswegen man gerne am Meer oder an Flüssen siedelte. Später schufen Menschen die Infrastruktur selbst. So bauten die Römer bereits umfangreiche Straßen oder Wasserleitungsnetze. Mit der Industrialisierung entstand eine Palette neuer Strukturen, so Eisenbahn-, Strom- oder Telefonnetze. Sie bildeten das wirtschaftliche Rückgrat florierender Volkswirtschaften, bis heute.

Seit der digitalen Revolution des 21.Jahrhunderts braucht es jedoch mehr für eine wettbewerbsfähige Volkswirtschaft: moderne Telekommunkationsnetze über Glasfaser- oder Funktechnologien, um die anschwellende Datenflut des Internet zu bewältigen. Sie ersetzen herkömmliche Telefonkabel. Wer heute noch über die alte Kupferdoppelleitung im Internet surft, weiß, warum. Er wartet lange und braucht gute Nerven. Für Privatpersonen ist dies nur ärgerlich, für Firmen aber katastrophal. Schließlich läuft in der Wirtschaft kaum noch etwas ohne schnelle Verbindungen: Firmen bekommen darüber Aufträge, sie lagern Daten auf fremde Server aus oder treffen Kollegen aus aller Welt bei Videokonferenzen.

So entsteht ein zunehmender Teil der wirtschaftlichen Wertschöpfung mit Netzanwendungen, wodurch viele Bereiche umgekrempelt werden. Zum Beispiel das Gesundheitssystem: Spezialisten können sich per Video einer Operation zuschalten, niedergelassene Ärzte mit Krankenhauskollegen bei einer virtuellen Konferenz über einen Tumorpatienten beraten. Parallel zu den steigenden Möglichkeiten wächst der Datenbedarf. So erwartet der Netzwerkausrüster Cisco, dass sich der globale Datenverkehr bis 2013 gegenüber 2008 vervierfachen wird.

Gerade für Deutschland ist ein zukunftsfähiges Datennetz besonders wichtig, da es als rohstoffarme Volkswirtschaft stark von Innovationen abhängig ist, und einer der wichtigsten Treiber für neue Ideen oder Verfahrensverbesserungen ist eben das Internet. Leider hatte die Bundesregierung dem Netzausbau lange eine geringere Priorität eingeräumt als manch anderer Industriestaat. Geht es um schnelle Netze, dann haben Länder wie Japan oder Korea die Nase vorne. Hier haben Regierungen hohe Summen investiert, sie betrachteten den Ausbau des Netzes als öffentliche Aufgabe. Dagegen setzte die deutsche Politik vor allem auf den privatfinanzierten Ausbau. Telekom & Co sollten es richten. Sicher kann man in einer Marktwirtschaft diesen Weg einschlagen. Erfolgreich wird man jedoch nur sein, wenn man die richtigen Anreize setzt.

Hier gab es Fehler, beispielsweise bei der spektakulären Versteigerung der UMTS-Frequenzen vor zehn Jahren. Damals spülte der Verkauf zwar 51 Milliarden Euro in die Kasse des Bundesfinanzministers Hans Eichel, was ihm den Spitznamen "Hans im Glück" eintrug, doch der hohe Verkaufspreis war kontraproduktiv. Zwei Firmen mussten ersteigerte Frequenzpakete sogar nach einiger Zeit zurückgeben, weil sie keine Netze bauten. Die neue Technologie kam nur schleppend in Gang.

Ab dieser Woche versteigert die Netzagentur im Auftrag des Bundes nun erneut umfangreiche Frequenzen, welche Militär und Rundfunk nicht mehr brauchen. Und diesmal macht es die Politik richtig. Sie schielt nicht auf hohe Erlöse, sondern setzt die richtigen Anreize. Die Käufer der Frequenzen müssen hohe Auflagen erfüllen und bis zum Jahr 2016 mindestens 90 Prozent aller Menschen in ländlichen Regionen Deutschlands an das schnelle Netz anschließen.

Wenn sie dabei Fortschritte machen, dürfen sie Frequenzen für die Versorgung der Ballungsräume nutzen, was zweifelsohne für die Unternehmen wegen der höheren Kundendichte das wesentlich einträglichere Geschäft ist. Als Verbraucher oder Unternehmer sollte man sich von der aktuellen Kritik einiger Unternehmen an der Auktion nicht irritieren lassen. Ihnen geht es um Partikularinteressen. Politik und Netzagentur handeln weitsichtig für die Volkswirtschaft.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: