Umstrukturierung:Niemand will der Deutschen Bank die Postbank abkaufen

Deutsche Bank - Postbank

2008 hatte die Deutsche Bank die Postbank übernommen. Zwischenzeitlich gab es Versuche, sie zu verkaufen. Doch jetzt soll sie ganz in den Mutterkonzern eingegliedert werden.

(Foto: dpa)
  • Die Deutsche Bank will sich acht Milliarden Euro frisches Kapital besorgen, die Postbank bleibt Teil des Konzerns.
  • Beides bedeutet ein peinliches Eingeständnis fürs Management.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Nun also doch: Zwei Jahre lang hat die Deutsche Bank vergeblich versucht, ihre Tochter Postbank zu verkaufen. Nun musste das Management eingestehen, dass niemand die Bank zu einem akzeptablen Preis kaufen wollte. Und so ist Vorstandschef John Cryan dazu gezwungen, eine Kehrtwende zu vollziehen: Die Postbank wird mit ihren 14 Millionen Kunden unter dem Dach der Bank mit dem blauen Logo bleiben.

Für das Management ist das ein peinliches Eingeständnis. Und es ist nicht das einzige: Die Bank muss sich acht Milliarden Euro frisches Kapital holen - obwohl Cryan monatelang Gerüchten einer Kapitalerhöhung widersprochen hat.

Am Sonntag beschloss der Aufsichtsrat die Pläne, die in Eckpunkten bereits am späten Freitagabend mitgeteilt worden waren. Teil dieser Strategieanpassung ist es zudem, die Vermögensverwaltung teilweise an die Börse zu bringen, was ebenfalls die Kapitalausstattung verbessert. Zudem wird das Investmentbanking wieder zu einer Sparte zusammengefasst. Nicht zuletzt wurde das Ende der Ära Cryan eingeläutet, dessen Vertrag 2020 ausläuft: Finanzvorstand Marcus Schenck und Privatkundenvorstand Christian Sewing werden jeweils zu Vize-Vorstandschefs befördert. "Unsere Entscheidungen sind ein wichtiger Schritt, um die Deutsche Bank stärker zu machen und wieder wachsen zu können", sagte Cryan am Sonntag. Mit der Kapitalerhöhung kommt die Bank Kritikern entgegen, welche schon seit Jahren die zu dünne Ausstattung mit Eigenmitteln kritisieren. Eigentlich sollte der Verkauf der Postbank das Kapital der Mutter entlasten. Die schwache Rücklagenbasis machte die Bank anfällig für Krisen. Als vergangenen Sommer herauskam, dass die Amerikaner der Bank eine Strafe von 14 Milliarden Dollar für Vergehen aus der Finanzkrise angedroht hatten, war das Geldhaus fast in Existenznot geraten.

Erst als Cryan vor Weihnachten eine niedrigere Strafsumme aushandeln konnte, erholte sich der Aktienkurs wieder. Von ihrem Allzeittief bei unter zehn Euro haben sich die Aktien seither auf gut 19 Euro verdoppelt. Sowohl über die Kapitalerhöhung als auch die Wiedereingliederung der Postbank und den Teilbörsengang der Vermögensverwaltung wurde schon seit vergangenem Sommer spekuliert. Einflussreiche Großaktionäre hatten gefordert, die Strategie anzupassen.

Für viele der 19 000 Postbank-Mitarbeiter dürfte die Entscheidung trotzdem ein Schock sein. Die Befürchtung: Gliedert die Konzernmutter die 2008 übernommene Privatkundentochter dieses Mal radikal ein, könnten Tausende Arbeitsplätze wegfallen. Wie viele Stellen betroffen sind, wollte Cryan am Sonntag noch nicht sagen, gab aber einen Hinweis: Für "Restrukturierung und Abfindung" im Zuge der Integration kalkuliert die Bank mit Kosten von rund einer Milliarde Euro.

Die Eingliederung dürfte drei bis vier Jahre dauern. Auch für die Aktionäre ist die Entscheidung erst einmal unerfreulich - zumindest verwässert es den Anteil derjenigen, die bei der Kapitalerhöhung nicht mitziehen wollen. Bereits drei Mal in den vergangenen sieben Jahren hatten Cryans Vorgänger die Anteilseigner um frisches Kapital bitten müssen - insgesamt um 22 Milliarden Euro. Nötig war das nicht nur, weil die Regulatoren von Banken immer höhere Eigenkapitalquoten fordern, sondern weil das Geldhaus seinen Investmentbankern seit der Finanzkrise Boni von rund 24 Milliarden Euro gezahlt hatte, für deren Geschäfte allerdings mehr als 12 Milliarden Euro an Strafen anfielen. Die Kapitalerhöhungen flossen damit quasi direkt in die Taschen der Investmentbanker.

Die neue Aufstellung hinterlässt Spuren im Vorstand

Solche Spielchen kann sich die Bank nicht noch einmal erlauben; und immerhin für 2017 wurden die Boni bereits gekürzt. Weil viele Aktionäre wissen, dass im Kampf um große Kunden derzeit nichts so wichtig ist wie eine gute Kapitalbasis, dürfte die Ankündigung am Markt unter dem Strich gut ankommen. Die Kapitalerhöhung sei "ein richtiger und logischer nächster Schritt, um die Bank neu auszurichten", sagte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment, die zu den größeren Aktionären der Bank gehört.

Dass die Bank für 2017 nun doch eine Mindestdividende zahlen wolle, sei ein gutes Zeichen. Ob Union bei der Kapitalerhöhung mitziehe, hänge jedoch von den Details ab. Ob auch die anderen Großaktionäre die Kapitalerhöhung zeichnen, wird sich bald zeigen: Die Scheichs aus Katar, die rund acht Prozent halten, hatten ihre Bereitschaft signalisiert. Auch das chinesische Industriekonglomerat HNA, das erst vor zwei Wochen mit 3,04 Prozent bei der Bank eingestiegen ist, dürfte mitziehen. Offen ist, ob auch der US-Fondsriese Blackrock, der sechs Prozent hält, aktiv in die neuen Aktien investiert. Auch im Vorstand hinterlässt die Aufstellung Spuren: Postbank-Chef Frank Strauß soll mit Christian Sewing das Privatkundengeschäft leiten. Strauß soll später ebenfalls Deutsche-Bank-Vorstand werden. Finanzchef Schenck wird mit Garth Ritchie das Investmentbanking führen. Ein Nachfolger für Schenck als Finanzchef wird gesucht.

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