Aldi Süd und Aldi Nord wollen das Hickhack um den Unkrautvernichter Glyphosat zu ihrem Vorteil nutzen. Derzeit ist nicht abschließend geklärt, ob Glyphosat tatsächlich krebserregend ist oder nicht. Auch ist noch unklar, ob das Unkrautgift in Deutschland ganz oder nur eingeschränkt zugelassen wird. Die Bürger und damit die Lebensmittelkäufer sind verwirrt und besorgt. Vor dem Hintergrund wollen sich Aldi Süd und Nord in einer gemeinsamen Aktion profilieren. Sie geben vor, ihre Fleisch-, Milch- und Eier-Lieferanten dazu bewegen zu wollen, die Verwendung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat bei Futtermitteln zu reduzieren oder ganz darauf zu verzichten.
In einem Schreiben an etwa 65 Hersteller für die Aldi-Eigenmarken, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, werden diese dazu aufgefordert, bis Ende Januar darzulegen: In welchen Futtermitteln der möglicherweise krebserregende Wirkstoff zum Einsatz kommt? Wie hoch dessen Anteil in den Futtermitteln ist, bis wann komplett darauf verzichtet werden könnte und an welche Tierarten es verfüttert wird?
"Unser Anliegen, die Glyphosatgehalte deutlich zu reduzieren"
Diese Fragen werden die Molkereien, Frischfleisch-Hersteller, Fischzuchtbetriebe und Eierlieferanten nicht selber beantworten können, sondern an die Futtermittelhersteller weiterreichen müssen. Insofern ist die gesamte Wertschöpfungskette von der Maßnahme betroffen. Es ist davon auszugehen, dass andere Lebensmittelhändler mit einer ähnlichen Initiative nachziehen. Bisher haben die Schweizer Handelsunternehmen Coop und Migros sowie die Baumärkte der Rewe-Group lediglich Unkrautvernichter mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat aus dem Sortiment genommen, aber keine Lebensmittel.
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In dem Schreiben von Aldi Nord und Aldi Süd heißt es, es sei "unser Anliegen, die Glyphosatgehalte deutlich zu reduzieren, im besten Fall den Einsatz komplett auszuschließen". Aldi Süd bestätigte das Vorgehen auf Anfrage. Ein Sprecher sagte: "Glyphosat ist wie die Gentechnik ein Thema, das unsere Kunden und die Verbraucher allgemein sehr beschäftigt." Noch ist nicht klar, was die genauen Konsequenzen der Abfrage sein werden. Bereits im Februar hatte Aldi Süd die Lieferanten seiner sogenannten Trockenware, also Pasta, Reis und Cerealien, dazu aufgefordert, mittelfristig die Glyphosat-Rückstände auf maximal 20 Prozent der von der EU festgelegten Höchstmenge zu verringern. Was das bewirkt hat, ist bislang nicht klar. Auch diesmal gibt Aldi vor, einen Schritt weiter zu gehen, als es die Politik der Lebensmittelindustrie vorschreibt.
Die EU-Kommission hatte vergangene Woche entschieden, Glyphosat in den EU-Ländern für weitere fünf Jahre zuzulassen. Dem war ein Scharmützel zwischen Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks vorausgegangen. Inzwischen prüfen Bundesregierung und Bundesrat, ob eine nur eingeschränkte Verwendung von Glyphosat in Deutschland möglich sei.
Aldi Süd und Aldi Nord nehmen in ihrem Schreiben ausdrücklich auf "die aktuelle Entwicklung" in der Politik Bezug. Es sieht so aus, als wollten die Discounter nicht darauf warten, bis alle Gesundheits- und Rechtsfragen geklärt sind, sondern eigene Standards schaffen. Ein Marketinggag? In jedem Fall versuchen die Discounter, bei einem öffentlichkeitswirksamen Thema schneller zu sein als die Konkurrenz und sich so einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.