Umstrittene Rechnung:Maut-Schadenersatzforderung stößt auf Skepsis

Die Bundesregierung hat ihren Schiedsrichter für das anstehende Verfahren um die Schadensersatzforderungen aus der entgangenen LKW-Maut benant. Experten bezeichnen die geforderte Summe von 4,6 Milliarden Euro als illusorisch.

Die milliardenschwere Schadenersatzforderung des Bundes an das Maut-Konsortium Toll Collect stößt parteiübergreifend auf Skepsis.

Die Verkehrspolitiker aller Bundestagsfraktionen verwiesen auf die komplizierte Rechtslage.

So muss dem Konsortium aus DaimlerChrysler und Deutscher Telekom zur Durchsetzung der Forderung eine vorsätzliche Täuschungsabsicht nachgewiesen werden.

Absoluter Experte

Das Bundesverkehrsministerium sieht sich hingegen in einer "belastbaren Position". Zur möglichen Dauer des Verfahrens wollte Ministeriumssprecher Michael Zirpel dennoch keine Prognose geben.

Der von der Regierung benannte Schiedsrichter Horst Eidenmüllers sei "absoluter Experte" auf dem Gebiet des Mediationsrechts, sagte Zirpel.

Die Gegenseite habe jetzt einen Monat Zeit, ebenfalls einen Schiedsrichter zu benennen. Die beiden Mediatoren würden dann einen dritten Experten hinzuziehen.

Das Schiedsgericht ist unabhängig und tagt nicht öffentlich. Nach Angaben des Betreiberkonsortiums kann das Schiedsverfahren bis zu fünf Jahre dauern.

Hart und unappetitlich

Der Verkehrsexperte der Grünen, Albert Schmidt, erwartet allerdings, dass sich beide Seiten bei einem erfolgreichen Start der Lkw-Maut zu Jahresbeginn 2005 "schnell verständigen" werden.

Funktioniere das System jedoch wieder nicht, werde es "hart und unappetitlich", sagte Schmidt im Fernsehsender n-tv. Nach Aussage des Ministeriumssprechers ist das Maut-Projekt bislang im Zeitplan.

Es gebe keinerlei Hinweise, dass der 1. Januar 2005 als Starttermin für die Maut nicht gehalten werden könne.

Der SPD-Verkehrsexperte Peter Danckert nannte die geforderte Summe von rund 4,6 Milliarden Euro "illusorisch". Er hoffe zwar, dass sich die Bundesregierung im Schiedsgerichtsverfahren gegenüber dem Konsortium Toll Collect mit ihren Forderungen durchsetze, sagte Danckert im Inforadio Berlin/Brandenburg.

Ein Erfolg sei jedoch unwahrscheinlich, da den Konsortialpartnern Telekom und DaimlerChrysler nur schwer Vertragsverletzungen nachgewiesen werden könnten.

Wunschdenken

Unions-Fraktionsvize Klaus Lippold (CDU) sagte im Deutschlandfunk, bei den Schadenersatzforderungen sei "sehr viel Wunschdenken" im Spiel. Der Vertrag sei so schlecht ausgehandelt worden, dass die "Stolpesche Rechnung" wohl nicht aufgehe.

Das Bundesverkehrsministerium hatte am Donnerstag die Schadenersatzforderung im Schiedsgerichtsverfahren gegen Toll Collect auf rund 4,6 Milliarden Euro beziffert.

Die Forderungen aus entgangenen Einnahmen belaufen sich demnach auf rund 3,6 Milliarden Euro. Dazu kommen Vertragsstrafen in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro.

Ursprünglich sollte die Satelliten gestützte Autobahn-Maut im August 2003 starten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: