Umstrittene Gehaltserhöhung:Siemens beurlaubt Deutschland-Personalchef

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In der Affäre um die sechsstellige Gehaltserhöhung für den Vorsitzenden des Betriebsrats zieht Siemens erste Konsequenzen: Der Technologiekonzern stellt den Personalchef von Deutschland, Walter Huber, frei. Ihm soll offenbar die Hauptverantwortung zugeschoben werden. Doch ausgestanden ist die Affäre damit nicht.

Von Caspar Busse

Nach dem Wirbel um die Gehaltserhöhung für den Vorsitzenden des Siemens-Gesamtbetriebsrats, Lothar Adler, steigt bei dem Münchner Industrie-Unternehmen der Druck. In diesem Zusammenhang gab es nun erste Konsequenzen im Top-Management. Der Deutschland-Personalchef des Unternehmen, Walter Huber, wurde am Freitag beurlaubt. Offenbar trägt er Hauptverantwortung für die umstrittenen Entscheidungen.

Huber galt als starker Mann in der Personalabteilung, er war für 130 000 Mitarbeiter im Inland zuständig. Hintergrund: Vor gut fünf Jahren hatte Siemens Adler, der damals zum Gesamtbetriebsratschef aufgestiegen war, eine deutliche Gehaltserhöhung um rund 100 000 Euro gewährt. Adler erhielt zuletzt ein Fixgehalt von gut 200 000 Euro plus eine erfolgsabhängige Vergütung von weiteren 100 000 Euro.

"Mit dieser Freistellung ist ausdrücklich keine abschließende Bewertung laufender Sachverhaltsklärungen verbunden", teilte ein Siemens-Sprecher zur Personalie Huber mit. Die Freistellung steht aber im Zusammenhang mit der Klärung arbeitsrechtlicher Fragen aus der Vergangenheit.

Dem Vernehmen nach wurde die Gehaltserhöhung für Betriebsrat Adler vor fünf Jahren von der Personalabteilung unter der Leitung Hubers ausgearbeitet. Diese wurde an den damals für Personal zuständigen Vorstand weitergeleitet. Das war seinerzeit Siegfried Russwurm, der das Ressort aber erst kurz zuvor übernommen hatte - übrigens von seinem damaligen Vorstandskollegen Heinrich Hiesinger, der inzwischen Vorstandsvorsitzender beim angeschlagenen Stahlunternehmen Thyssen-Krupp ist.

Interne Untersuchung von Siemens-Juristen

Russwurm habe die Personalsache dann an den Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher weiter gegeben, der diese abgezeichnet habe, heißt es. Die ganze Sache ging dann wieder zurück in die Personalabteilung. Aus dem Umfeld von Löscher verlautete zuletzt, dass er weder die Gehaltserhöhung betrieben noch unterzeichnet habe. Dieses Detail scheint also ungeklärt - wie so vieles in diesem Fall. Warum überhaupt hat Adler eine so deutliche Aufbesserung seiner Bezüge erhalten? Und ging dabei alles arbeitsrechtlich korrekt zu? Das ist derzeit Gegenstand einer internen Untersuchung von Siemens-Juristen.

Die Suche nach einem Schuldigen hat also begonnen. Bereits Mitte September hatte Brigitte Ederer, die Arbeitsdirektorin, den Vorstand im Streit mit den Arbeitnehmervertretern verlassen. Nun muss auch Huber gehen - vorläufig. Er arbeitet schon lange bei Siemens und hatte beispielsweise auch die AUB-Affäre vor einigen Jahren überlebt.

Damals hatte der Konzern den Arbeitnehmervereins AUB heimlich gefördert, um einen unternehmensfreundlicheres Gegengewicht zur mächtigen IG Metall zu bilden. Das flog irgendwann auf und war auch Gegenstand von Gerichtsverhandlungen. Huber hatte damals jede Verquickung immer dementiert, es wurden bei internen Untersuchungen keine Anhaltspunkte dafür gefunden.

Die Frage ist, ob damit die Affäre Adler bereits ausgestanden ist. Russwurm, 50, trägt als damaliger Personalvorstand sicher eine Mitverantwortung. Er ist heute im Vorstand für Bereich Industrie zuständig und galt Ende Juli diesen Jahres kurzzeitig als möglicher Nachfolger für Peter Löscher, der über eine Gewinnwarnung stürzte. Dann ernannte der Aufsichtsrat unter der Leitung von Gerhard Cromme jedoch den langjährigen Finanzvorstand Joe Kaeser, 56, zum neuen Konzernchef. Russwurm hatte das Nachsehen.

Der promovierte Fertigungstechniker, der auch Honorarprofessor an der Uni Erlangen-Nürnberg ist, arbeitet seit 1992 für Siemens, in verschiedenen Bereichen. Seit 2008 ist er im Vorstand. Der Bereich Industrie ist nach der Energiesparte das zweitgrößte Geschäftsfeld und stark von der Weltkonjunktur abhängig. Das Ergebnis war im letzten Quartalsbericht rückläufig.

Unklar ist, wie genau das Gehalt eines freigestellten Betriebsrats ermittelt werden kann. Grundsätzlich soll eine fiktive berufliche Entwicklung zugrunde gelegt werden, unter Berücksichtigung vergleichbarer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das aber ist nicht so einfach.

Adler arbeitete ursprünglich als Fernsehtechniker für Siemens in Karlsruhe. Er ist seit längerem freigestellt. Siemens zahlt ihm zudem in München einen Wohnung für etwa 750 Euro im Monat plus Nebenkosten, das aber sei im Konzern absolut üblich, heißt es. Adler wird im kommenden Frühjahr 65 Jahre alt, will aber über die Siemens-interne Altersgrenze hinaus weitermachen. Sein Mandat als Betriebsratschef endet aber.

© SZ vom 12.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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