Umfrage zum Weihnachtsgeld:Von Gewinnen spürt der Mitarbeiter nur wenig

Lesezeit: 3 min

Die Konzerngewinne steigen, doch beim Arbeitnehmer kommt davon fast nichts an: Nur wenige Dax-Konzerne zahlen ihren Mitarbeitern mehr Weihnachtsgeld als im vergangenen Jahr, wie eine Umfrage von sueddeutsche.de ergab.

Stefan Hofer

Das Leben wird teurer, die Inflation steigt: Zwar bekommen bei fast allen Dax-notierten Konzernen die tariflichen Mitarbeiter Weihnachtsgeld. Aber eines ist klar: Der ein oder andere Mitarbeiter hätte ob gestiegener Preise und guter Konjunktur in Deutschland ein bisschen mehr als im Jahr 2006 erwartet. sueddeutsche.de fragte nach, wie viel Weihnachtsgeld Tarif-Mitarbeiter bekommen.

Ob Adidas, die Deutsche Post, Eon oder RWE: Viele Unternehmen zahlen unverändert zum Vorjahr ein Monatsgehalt als Weihnachtsgeld an ihre Mitarbeiter aus, Henkel folgt mit 95 Prozent eines Monatsgehalts. In der Metallbranche gelten andere Tarifverträge, so zahlen Continental, Daimler oder MAN 55 Prozent eines Monatslohns aus. Bei der Deutschen Telekom gibt es kein Weihnachtsgeld.

Absolute Zahlen werden auch genannt: Ein Tarif-Mitarbeiter bei Volkswagen bekam Ende November einen Bonusanteil in Höhe von 1191 Euro ausbezahlt. Thyssen Krupp zahlt 110 Prozent eines Monatslohns - zuzüglich einer variablen Bonuszahlung ergab das im vergangenen Jahr eine Summe von 1680 Euro pro Mitarbeiter. Die Höhe der Bonuszahlung für 2007 stehe noch nicht fest, versichert eine Konzern-Sprecherin.

Etliche Unternehmen fahren Rekordgewinne ein

Die prozentuale Höhe des Weihnachtsgeldes gemessen am Monatslohn bleibt für den Arbeitnehmer aber trotz guter Wirtschaftslage und steigender Preise unverändert, Unternehmensgewinne werden also nicht durch höheres Weihnachtsgeld an die Mitarbeiter weitergegeben. Gleich mehrere Dax-Konzerne konnten ihren Unternehmensgewinn im Vergleich zum Vorjahr deutlich steigern.

Lufthansa baute den Gewinn in den ersten neun Monaten dieses Jahres auf 1,6 Milliarden Euro aus, die Postbank meldete eine Gewinnsteigerung um 67 Prozent zum Vergleichszeitraum. SAP konnte im Geschäftsjahr 2007 das stärkste Umsatzwachstum der vergangenen vier Jahre vorweisen und BMW schraubte den Konzerngewinn im Vergleich zum Vorjahresquartal von 720 Millionen auf 765 Millionen Euro - prognostiziert wurde sogar noch mehr.

Der Ökonom Michael Bräuninger vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Institut kennt die Gründe, warum Dax-Konzerne trotzt höherer Gewinne beim Weihnachtsgeld geizen. "Die Tarifpolitik ist eine Abfederung gegen Konjunkturschwankungen," sagt Bräuninger über die unveränderte Höhe der Gratifikationen. Der Tarifvertrag sei unter anderem als längerfristige Absicherung oder Schutz für den Arbeitnehmer gedacht, um bei konjunkturellen Schwankungen sowohl "nach oben als auch nach unten" ausgleichend wirken zu können. Daher gebe es eben keine Anpassungen, vermutet Bräuninger.

Manche Konzerne wiederum splitten das 13. Monatsgehalt: die knapp 30.000 Bodenpersonal-Mitarbeiter der Lufthansa erhalten 50 Prozent eines Monatsgehalts ausbezahlt - der zweite Teil folgt als Urlaubsgeld im Frühjahr. Die Allianz kürzte zwar die November-Gratifikation (von 0,9 Monatsgehältern im Jahr 2006 auf 0,8), im Gegenzug wurde jedoch das im Mai ausbezahlte Urlaubsgeld von 1,3 auf 1,46 Monatsgehälter angehoben.

Auslaufmodell Weihnachtsgeld?

Bei einigen Unternehmen wurde das Weihnachtsgeld durch unternehmens- und leistungsabhängige Erfolgsbeteiligungen ersetzt - wie bei der Commerzbank. Seit dem Geschäftsjahr 2005 gibt es eine neue und vom Ergebnis der Commerzbank abhängige Erfolgsbeteiligung, die jeweils im Frühjahr des Folgejahres ausbezahlt wird. "Stärker als in der Vergangenheit wird der Mitarbeiter zum Mitunternehmer gemacht, der am Erfolg 'seiner Bank' partizipieren kann", sagte ein Commerzbank-Sprecher.

Der Softwarekonzern SAP hat "schon seit längerem tradierte Gehaltsbestandteile wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld komplett abgeschafft", wie eine Sprecherin formulierte. Als Kompensation biete SAP zum Jahresgrundgehalt allen Mitarbeitern ein Erfolgsbeteiligungsprogramm. Die Zielgröße sei bei Erreichen des Unternehmenserfolges ein Monatsgehalt pro Mitarbeiter, hieß es weiter.

Bei der Deutschen Bank fließt das Weihnachtsgeld in einen sogenannten Bonus ein. Die Sondervergütung wird Tarif-Mitarbeitern zusätzlich zu den garantierten 13 Monatsgehältern, außertariflichen Mitarbeitern zusätzlich zu den zwölf Monatsgehältern gezahlt. Der Mindestbonus bei den tariflichen Angestellten betrage derzeit 1068 Euro, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bank.

Wo Treue noch belohnt wird

Anderswo wird Treue zum Unternehmen belohnt: Neulinge bei BMW bekommen nur 30 Prozent eines Monatslohns zusätzlich zum November-Entgelt ausbezahlt, nach einem Jahr Betriebszugehörigkeit wird auf 80 Prozent aufgestockt, nach vier Jahren auf 105 Prozent. Langjährige Mitarbeiter erhalten ab dem sechsten Jahr 120 Prozent. Daimler verfährt ebenso mit einem gestaffelten System: Nach drei Jahren wird von 25 auf 55 Prozent aufgestockt.

Andere Regelungen gelten für Arbeitnehmer ohne Tarifvertrag. Fast alle Dax-Konzerne zahlen ihren außertariflichen Mitarbeitern, leitenden Angestellten und Vorständen variable Sonderzahlungen, die sich am Unternehmensgewinn, an individuellen Leistungen oder an beidem orientieren. Metro zahlt etwa an leitende Angestellte, Vorstände und Mitarbeiter Tantiemen aus, deren Höhe entweder von der Unternehmensentwicklung oder von einer Mischung aus Unternehmensentwicklung und persönlicher Leistung abhängen.

© sueddeutsche.de/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: