Düsseldorf (dpa/lnw) - Wer einen Handwerker braucht, muss derzeit einer Umfrage zufolge so lange warten wie noch nie. Im Schnitt vergehen 9,8 Wochen zwischen Auftragserteilung und Beginn der Arbeiten, wie eine am Montag vorgestellte Befragung der Handwerkskammer Düsseldorf unter 1500 Betrieben ergab. Die Betriebe kommen aus dem Kammerbezirk Düsseldorf, der etwa ein Drittel aller Handwerker in NRW umfasst.
Nach den Worten vom Handwerk-NRW-Präsidenten Andreas Ehlert hat die Düsseldorfer Untersuchung auch Aussagekraft für das ganze Bundesland. Vor einem halben Jahr hatte eine ähnliche Umfrage noch eine Durchschnittszeit von 8,5 Wochen ergeben. Ehlert begründet die längeren Wartezeiten mit den Folgen des Fachkräftemangels und der hohen Nachfrage. „Die Auftragsbücher sind voll.“
Bei der Durchschnittszeit nicht eingerechnet sind besonders eilige Aufträge. „Wenn eine Heizung kaputt geht oder es einen Wasserrohrbruch gibt, ist der Handwerker noch am selben Tag da“, sagt Ehlert. Bei Aufträgen ohne so eine akute Dringlichkeit dauert es aber länger als früher.
Je nach Bereich ist die Lage unterschiedlich. Wer zum Beispiel Fachkräfte für ein neues Badezimmer braucht, der muss sich in Geduld üben: Installateure aus der Sparte Sanitär-Heizung-Klima brauchen im Schnitt 12,5 Wochen, bis sie klingeln und loslegen. Auf Maurer wartet man derzeit den Angaben zufolge 13,8 Wochen, auf Zimmerer 14,2 Wochen und auf Dachdecker 18,3 Wochen - also mehr als vier Monate.
Einen weiteren Höchststand gibt es bei offenen Stellen. „41 Prozent der befragten Betriebe würden gerne Personal aufbauen und es geling ihnen nicht.“ Ehlert appellierte an die Politik, mehr zu tun, damit sich junge Leute für eine Ausbildung entscheiden und Handwerker werden. „Das Handwerk ist der Bereich, in dem die größte Zukunft liegt, wenn ich auf die nächsten Jahrzehnte schaue.“ Andere Wirtschaftsbereiche stünden auch durch den wachsenden Einfluss von Künstlicher Intelligenz vor einem Umbruch, der Ungewissheit mit sich bringe. Im Handwerk sei das anders.
Eine Entspannung beim Personalmangel ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Mit Blick auf die „Wärmewende“ - also Änderungen zur klimaschonenden Nutzung von Wärmeenergie - sagte Nordrhein-Westfalens oberster Handwerksvertreter: „Diese Wärmewende erfordert vermutlich drei Mal so viele Handwerkerinnen und Handwerker als das, was wir heute haben.“
Die Pressekonferenz fand auf dem Gelände der Elektro Kai Hofmann GmbH statt. Der gleichnamige Firmeninhaber berichtete ebenfalls von einer schwierigen Suche nach Fachkräften. Der Betrieb hat 17 Angestellte. „Fünf gute Mitarbeiter würde ich noch nehmen“, sagte Elektroinstallateur Hofmann, der sich auf Smart-Home-Anwendungen spezialisiert hat. „Aber ich bekomme sie nicht.“
Und wie sieht es aus mit der Inflation - sind nicht auch die Handwerker-Stundensätze durch die Decke gegangen? Handwerksvertreter Ehlert schüttelt den Kopf - „da hat es über die vergangenen Jahre keine dramatische Erhöhung gegeben“. Es mag zwar „in dem einen oder anderen Fall“ sein, dass ein Handwerker Kosten weitergebe, also „versucht, die inflationäre Entwicklung in den Preisen abzubilden“. Häufig lasse das der Wettbewerb aber gar nicht zu.
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