Umfrage:Die Strategien der Renditekicker

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Auf welche Titel renommierte Anlagespezialisten wie Wolfgang Mayr setzen, warum in Asien große Kurschancen liegen und wieso Gottfried Heller eine ähnliche Entwicklung an den Börsen wie Mitte der 90er Jahre für möglich hält

Von Norbert Hofmann

Wenn sich die renommierten Investmentstrategen Deutschlands auf die Suche nach Einzeltiteln an den Börsen machen, lohnt es sich zuzuhören.

Vertragsunterzeichnung in China. Wolfgang Mayr sieht bei gut geführten Unternehmen in Asien Kurschancen. (Foto: Foto: Reuters)

Zum Beispiel dem Münchner Wolfgang Mayr, der gerade erst wieder bei der Wahl der "German Masters" zu einem der zehn besten bankenunabhängigen Vermögensverwalter gekürt wurde.

Mayr sucht rund um den Globus nach gut geführten Unternehmen, die an den Aktienbörsen entsprechende Kurschancen haben. Er findet sie derzeit vor allem in Asien, wo sowohl die Bevölkerungs- als auch die Wohlstandszunahme für Wachstumssprünge sorgen.

Korrektur fällig

"Die Entwicklung in Asien und im Pazifikraum ist heute ein ähnlicher Treibstoff für die Börsen wie es in den 90er Jahren die Technologie war", sagt Mayr. Die so genannten Emerging Markets haben nach seiner Einschätzung die Schwelle zum Status der Industrienationen bereits überschritten.

Auf einem "unumkehrbaren Weg zu stabilen Volkswirtschaften" sieht er auch die Staaten des einstigen Ostblocks. Ob Ölaktien wie die ungarische MOL oder die österreichische OMV, ob Wertpapiere von Maschinenbauern oder Finanztitel: Alle Unternehmen mit einem guten Osteuropageschäft nimmt er genauer unter die Lupe.

Allzu viel Euphorie will Mayr indes nicht wecken. Nach der bereits mehr als drei Jahre anhaltenden Aufwärtsbewegung an den Börsen der Welt, glaubt er, sei nun wieder eine Korrektur fällig.

Blick nach China

Ähnlich sieht man das bei der Berenberg Bank in Hamburg. Zwar glaubt man dort, dass der Dax in diesem Jahr noch auf 4600 bis 4800 Punkte klettern könnte, vorher aber könne es - ebenso wie im vergangenen Jahr nach der kurzen Frühjahrsrallye - seitwärts oder leicht nach unten gehen, nicht zuletzt weil die US-Notenbank eine Phase der Zinsanhebungen in Gang gesetzt hat. "Das führt zu einer Liquiditätsverknappung und somit - ebenso wie der hohe Ölpreis - zu einer Belastung für die Aktienmärkte", sagt Chef-Volkswirt Wolfgang Pflüger.

Zudem schlage sich der von Asien ausgehende Preisdruck auch in den Gewinnperspektiven der westlichen Unternehmen nieder. Wer es vorsichtiger angehen will, der soll, so Pflüger, eher einen Schwerpunkt auf solide Aktien mit hoher Dividendenrendite legen.

Anleger mit mehr Mut zum Risiko und einem langen Atem finden ebenfalls genügend Aktien mit Wachstumspotenzial. Auch bei der Berenberg Bank wirft man dabei mehr als nur einen Blick nach China, zumal die Börse dort gerade eine mehrere Monate währende Kurskorrektur hinter sich gebracht hat. Darüber hinaus schätzt man aufgrund der günstigen Bewertung den Aktienmarkt in Indien und interessante Rohstofftitel aus Australien.

Laufzeiten auf drei Jahre begrenzen

In Europa wiederum sehen die Geldprofis von der Alster vor allem noch für eine Reihe kleinerer und mittlerer Unternehmen Wachstumspotenzial. Viele seien trotz einer starken Entwicklung in den letzten Jahren noch unterbewertet - nicht zuletzt weil die Researchexperten der Finanzinstitute sie erst jetzt genauer unter die Lupe nehmen. "Es gibt noch einige Schätze zu heben", erklärt Pflügler. Die Titel des MDax und SDax gilt es ebenso im Auge zu behalten wie die im TecDax notierten Technologiewerte.

Für konservative Anleger, die Anleihen bevorzugen, könnte hingegen die Zeit überdurchschnittlich guter Renditen zu Ende gehen. Diese Investoren haben in den letzten Jahren davon profitiert, dass sinkende Zinsen an den Kapitalmärkten zu steigenden Anleihekursen führen.

Der Volkswirt der Berenberg rechnet, wie viele seiner Kollegen, mit einem Ende dieses Trends und empfiehlt angesichts wahrscheinlich eher steigender Zinsen, die Laufzeiten von Rentenpapieren auf drei Jahre zu begrenzen.

Mittelfristig auf konsumorientierte Titel setzen

Das Ende des Anleihen-Booms sieht auch der Bad Homburger Vermögensverwalter Oliver Meus kommen. "Der Rentenmarkt trägt exzessive Züge, das Zinsänderungsrisiko ist erheblich", sagt Meus, der sich mit seinen erfolgreichen Aktienstrategien in jüngster Zeit an der Spitze der Investment-Bundesliga festgesetzt hat. Allein schon aufgrund der im Vergleich zu den USA günstigeren Bewertungen bevorzugt er derzeit Blue Chips an den europäischen Börsen. Versicherungstitel wie die Allianz oder Schweizer Rück gehören für ihn ebenso zu den Favoriten wie der Schweizer Pharmakonzern Novartis.

Meus versucht zudem frühzeitig auch die Chancen von morgen zu erkennen. Trotz der nach wie vor unübersehbaren und nach seiner Einschätzung strukturbedingten Wachstumsstörungen in Deutschland könnten seiner Meinung nach auch konsumorientierte Titel mittelfristig für eine Überraschung sorgen. "Das wird die Börse vielleicht erst in einigen Quartalen nachvollziehen", sagt Meus. Wer bis dahin schon sukzessive Positionen mit Werten wie Metro oder Nestlé aufgebaut habe, könne zu den Kursgewinnern gehören.

An die besonderen Chancen der großen Unternehmen mit einer hohen Marktkapitalisierung glaubt auch Gottfried Heller, Chef der Fiduka Depotverwaltung in München. "Im Vergleich zur Bewertung von Anleihen und amerikanischen Börsentiteln sind europäische Aktien noch bis zu 50 Prozent günstiger", sagt Heller. Große Finanzkonzerne wie ABN Amro oder ING, aber auch Siemens und die Vorzugsaktien von Henkel und VW zählen aktuell zu seinen Favoriten.

Allgemein hält er an den Börsen derzeit eine ähnliche Entwicklung wie zu Mitte der 90er Jahre für möglich. Damals war die Wirtschaft im Jahr 1994 stark gewachsen, was vom marktbreiten S&P-Aktienindex nur mit einer Seitwärtsbewegung honoriert wurde. Im Jahr darauf aber schoss der Index um mehr als 30 Prozent nach oben. Ebenso hatte die Weltwirtschaft im vergangenen Jahr das stärkste Wachstum seit mehr als 30 Jahren zu verzeichnen. "Die Börse aber ist nur auf der Stelle getreten und damit eröffnen sich für 2005 ähnliche Chancen für die Aktienmärkte wie in 1995", sagt Heller.

© SZ vom 15.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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