Wolfgang Schäuble ist schon so lange im politischen Geschäft, dass ihn eigentlich nichts mehr aus der Fassung bringen kann. Doch als der Bundesfinanzminister vergangenes Jahr mit den Ländern über das Hilfspaket für die von der Jahrhundertflut betroffenen Gebiete verhandelte, verlor er seine Gelassenheit angesichts der knallharten Position der Länder. Von der viel gerühmten Solidarität war nichts mehr zu spüren. Das Hilfspaket konnte nur geschnürt werden, weil der Bund das Gros der Kosten übernahm.
Schäuble hörte immer wieder die gleiche Begründung. Man könne sich leider nicht übermäßig engagieren, denn die Schuldenbremse komme ja demnächst und verbiete den Ländern, neue Schulden aufzunehmen. Der Bund hingegen habe Spielräume und könne freier handeln.
Es war nicht das erste Mal, dass die Schuldenbremse als Begründung für eine politische Blockadehaltung der Länder herhalten musste. Zuvor war Schäuble unter anderem deswegen im Bundesrat mit seinem Plan gescheitert, die Steuern zu senken und so die kalte Progression zu mildern, die vor allem Arbeitseinkommen belastet.
Der Bund könnte Kredit-Spielraum an die Länder abgeben
Und auch in den Verhandlungen über die Neuordnung des Finanzausgleichs zwischen den Ländern hörte er immer wieder das Schuldenbremsen-Argument. Deshalb hat Schäuble sich nun entschlossen, das Spiel zu ändern. Er will die Schuldenbremse lockern noch bevor sie tatsächlich richtig in Kraft tritt. Nach seinen Vorstellungen sollen die Länder auch nach 2020 weiter Kredite aufnehmen dürfen. Einen entsprechenden Vorschlag hat er nach Informationen der Süddeutschen Zeitung den Länderfinanzministern bereits vorgelegt. Schäuble riskiert damit viel. Schließlich präsentiert die Bundesregierung den europäischen Nachbaren die deutsche Schuldenbremse immer wieder als Vorbild. Es hat die deutsche Politik Jahre gekostet bevor man sich zu dem Regelwerk durchgerungen hat und nach nur fünf Jahren soll es wieder geändert werden.
Nach den Vorgaben der Verfassung dürfen die Länder von 2020 an keine Kredite mehr aufnehmen. Für den Bund gilt die Schuldenbremse schon von 2016 an. Er soll sich weiterhin verschulden können, wenn auch nur in engen Grenzen. Erlaubt sind 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), was derzeit etwa zehn Milliarden Euro entspricht. Ausnahmen davon soll es nur geben, wenn Naturkatastrophen das Land erschüttern oder die Wirtschaft unter einer schweren Rezession ächzt.