Üppige Prämien:Die neuen Sonnenkönige

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Auf Investmentbanker regnet es in diesen Wochen Millionen - weil die Geschäfte glänzend liefen.

Gerd Zitzelsberger

Die richtige Bescherung kommt erst ein paar Wochen nach Weihnachten, und sie fällt diesmal üppiger aus als je zuvor - jedenfalls für viele, die zur Zunft der Investmentbanker gehören.

Mit dem Geld ändert sich der Lebensstil - und die Körperform. (Foto: Foto: AFP)

In dieser Branche stellen die Jahresprämien selbst bei namenlosen Mitarbeitern auf der dritten oder vierten Führungsebene die Vorstandsgehälter großer Konzerne in den Schatten. In London, Europas größtem Finanzzentrum, können 3000 Investmentbanker damit rechnen, dass sie schon jetzt für den Rest ihres Lebens ausgesorgt haben.

18 Milliarden Euro - allein in New York

Sobald die Bücher für das abgelaufene Jahr geschlossen sind, geht die Branche ganz schnell ans Verteilen: In diesen Tagen werden die Prämien festgelegt, die in den Führungsetagen oft deutlich über dem "normalen" Gehalt liegen.

Anstand muss sein, und so teilen die Geldhäuser ihren Mitarbeitern den Bonus offiziell erst mit, wenn im Februar oder März der Jahresabschluss formell festgestellt worden ist. Unter der Hand freilich weiß mancher schon, was auf ihn zurollt, und das ist mehr als je zuvor.

In New York, wo die Verhältnisse etwas transparenter sind als in Europa, schätzen die Behörden, dass die Investmentbanken für 2005 Prämien in Höhe von knapp 18 Milliarden Euro ausschütten. Das bedeutet einen Anstieg um mehr als 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr und einen Rekord.

In London liegen die Verhältnisse ähnlich: Im Durchschnitt dürften die Prämienzahlungen um 16,5 Prozent höher liegen als im Vorjahr und damit ebenfalls einen Rekord erreichen, schätzt das Forschungsinstitut CEBR.

Das Boom-Jahr 2000 stellt London noch stärker in den Schatten als New York: Damals dürften sich die Bonuszahlungen auf acht Milliarden Euro (zu heutigem Wechselkurs gerechnet) belaufen haben. Für das Jahr 2005 schätzt das CEBR sie auf elf Milliarden Euro.

Bezogen auf alle Angestellten in der "City" bedeutet das zwar nur eine Prämie von weniger als 35.000 Euro. Aber Durchschnittszahlen führen in die Irre: In Wirklichkeit bekommen viele wenig, und wenige enorm viel. "Die Prämien sind diesmal noch stärker einzelfallbezogen als früher", umschreibt Personalberater Richard Fisher die Tendenz.

Schon ein erfolgreicher, aber sonst normaler Händler bei einer der führenden Banken dürfte auf etwa 1,2 Millionen Euro kommen, schätzt Mike Brennan von der Personalberatung Alexander Mann.

In den Etagen darüber kann der Bonus dann schnell einen zweistelligen Millionenbetrag erreichen. Seine Kollegen bei Brewin Dolphin vermuten, dass 3000 Londoner Investmentbanker eine Prämie von 1,5 Millionen Euro oder mehr erhalten.

Die Leute haben ausgesorgt, möchte man meinen, zumal es für die meisten nicht der erste Millionen-Segen ist. Doch viele der frischgebackenen Millionäre werden weiter einen Elf-Stunden-Tag haben.

Goldenes Jahr

"Mit dem Geld ändert sich auch der Lebensstil", weiß Brennan: Das Haus für zwei Millionen ist nicht mehr gut genug, und bei der Harley Medical Group sind die Buchungen von Männern aus der City auch bereits um 40 Prozent gestiegen: Die Patienten lassen sich aus Bauch und Hüfte das Fett absaugen, das sie bei der Schreibtischarbeit angesetzt haben.

Die Gründe für den Bonus-Boom sind schnell erzählt: Die Investmentbanken haben ein goldenes Jahr hinter sich. Noch immer gibt es unter ihnen kaum Preiswettbewerb, ihr Erfolg hängt nur von der Menge des Geschäfts ab. Und darüber können sie nicht klagen: Weit mehr Unternehmen als im Jahr zuvor sind, gerade in London, an die Börse gegangen.

Das Karussell von Übernahmen dreht sich beinahe wieder so schnell wie im Boom vor sechs Jahren. So genannte strukturierte Finanzierungen, die kaum einer durchschaut und deren Nutzen auch nicht immer über jeden Zweifel erhaben ist, kommen in Mode, und die hohen Rohstoffpreise haben zu massiven Kapital-Umschichtungen geführt.

Hinzu kommt, dass die Investmentbanken bis 2004 kaum neue Mitarbeiter eingestellt haben, und zudem Hedge-Fonds oder private Kapitalsammelbecken jetzt Leute abwerben. Vor diesem Hintergrund gibt es in der Öffentlichkeit auch kaum Diskussionen über die Angemessenheit der Traum-Prämien - zumal sie zu den bestgehüteten Geheimnissen in der Finanzmeile zählen.

Nur der amerikanischen Wertpapier-Aufsichtsbehörde wird es allmählich zu bunt: Sie versucht inzwischen zu erreichen, dass zumindest die höchsten Gagen der neuen Sonnenkönige veröffentlicht werden müssen.

© SZ vom 14.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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