Als Sven Müller feststellte, dass er auf Dienstreise länger in Oberpfaffenhofen festhängt, war der Ärger groß. Eine Übernachtung organisieren, die Rückfahrt umplanen. Das Wochenende ist hinüber, und dann muss er das auch noch alles vernünftig abrechnen. Das hatte er sich anders vorgestellt. Sven Müller ist zwar nur ein fiktiver Charakter, aber er soll hier stellvertretend für all die Angestellten stehen, die schon einmal länger beruflich unterwegs waren, als geplant. Sie haben vielleicht das Gefühl, ansatzweise nachvollziehen zu können, was zwei Nasa-Astronauten passiert ist: Die waren auch für die Arbeit unterwegs und mussten umplanen. Allerdings dauerte ihre Dienstreise statt einer Woche gleich neun Monate – und sie bekommen nicht einmal die astronomischen Überstunden bezahlt.
Technische Probleme verhinderten die geplante Rückreise von Suni Williams und Barry Wilmore, die auf der Internationalen Raumstation (ISS) im Einsatz waren. Die Nasa entschied, sie aus Sicherheitsgründen bei nächster Gelegenheit mit einem anderen Raumschiff zurück auf den Heimatplaneten zu holen. Das dauerte allerdings, am Ende kehrten sie vergangene Woche nach neun Monaten zurück. So lange auf Dienstreise zu sein, wird sich wenigstens finanziell lohnen, könnte man meinen – aber falsch gedacht.

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Denn US-Astronauten umgibt zwar eine gewisse Superhelden-Aura, aber letztlich sind sie auch nur Regierungsangestellte. Und als solche bekommen Suni Williams und Butch Wilmore ihr normales Gehalt, das laut Nasa immerhin bei etwa 150 000 Dollar pro Jahr liegt. Angesichts des ungewöhnlichen Arbeitsortes ist es sicher auch eine gute Nachricht, dass die Nasa auch die Extrakosten für Mahlzeiten, Unterkunft und Transport übernimmt. Eine Bezahlung für Überstunden, Wochenend- und Feiertagsarbeit sei hingegen nicht vorgesehen, sagte ein Nasa-Sprecher der New York Times. Stattdessen werden die Raumfahrer einen kümmerlichen Zusatzposten auf ihrer Gehaltsabrechnung finden: Eine Tagespauschale in Höhe von fünf Dollar für „incidentals“, also unvorhergesehene Nebenausgaben. Bei welcher Gelegenheit diese im Weltraum angefallen sein sollen, ist zwar fraglich, definiert die US-Regierung diese Ausgaben doch als Gebühren und Trinkgelder. Über die Zeit dürfte sich diese Pauschale auf 1430 Dollar für 286 Tage im All belaufen.
Ein Betrag, mit dem der deutsche Angestellte Sven Müller bei seinem ungeplanten Aufenthalt in Oberpfaffenhofen immerhin etwas hätte anfangen können, dort gibt es neben dem Raumfahrt-Technologiezentrum zumindest noch ein Hotel, einen Asia-Imbiss und einen Aldi. Auf einer Raumstation hingegen gibt es wenig Freizeitmöglichkeiten, zumal so ein langer Aufenthalt im All extrem anstrengend für den Körper ist. Die Astronauten müssen hart trainieren, um nicht zu viel an Muskelmasse zu verlieren, es gibt Veränderungen an Gehirn und Augen. Und wer auf der engen ISS einen der wenigen Plätze besetzt, der muss rund um die Uhr dazu beitragen, Station und wissenschaftliche Experimente am Laufen zu halten. Der Ausblick aus dem Fenster entschädigt zwar für vieles, doch letztlich sind Astronauten dauerhaft gefangen im Büro. Aber das ist wohl noch so ein Gefühl, das Sven Müller auch zu kennen meint.