Immer teurere Mietangebote, immer weniger Sozialwohnungen, lange Wartelisten in Studentenheimen: Der angespannte Wohnungsmarkt in vielen deutschen Städten belastet viele Haushalte finanziell, warnt die Wirtschaftsauskunftei Creditreform. "Wohnen ist in deutschen Großstädten in vielen Fällen zum Armutsrisiko, in jedem Fall zum Überschuldungsrisiko geworden", heißt es im neuen Schuldneratlas, den Creditreform jetzt in Düsseldorf vorgestellt hat. "Gerade für Familien und insbesondere für Alleinerziehende schaffen die Entwicklungen am Wohnungsmarkt eine gefährliche Situation."
In vielen Städten müssten Mieter einen immer höheren Anteil ihres Einkommens für die Miete ausgeben, heißt es in dem Bericht. Zwar vermeiden die meisten Menschen um jeden Preis, Mietschulden anzuhäufen, weil sie dann schlimmstenfalls ihre Wohnung verlieren könnten. Den Mietern bleibe aber spürbar weniger Geld für andere Zwecke übrig.
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Viele müssen zusätzlich arbeiten gehen ...
Wegen der hohen Wohnkosten müssten zum Beispiel viele Studenten zusätzlich arbeiten gehen und auch deshalb länger studieren als geplant. "Die dadurch entstehenden Mehrkosten und Schulden begleiten die Studierenden auch nach Ende des Studiums", heißt es in dem Bericht. Während in den Städten viele Zugezogene um Wohnungen konkurrieren, stehen auf dem Land vielerorts ganze Häuser leer.
Schon heute seien in Deutschland gut 6,9 Millionen Menschen überschuldet, meldet Creditreform. Das sind etwa 19 000 mehr als noch vor einem Jahr. Als überschuldet gelten Menschen, die ihre Ausgaben über eine längere Zeit nicht begleichen können. Die Auskunftei zählt zum einen harte Fälle in Schuldnerverzeichnissen, in denen Menschen Privatinsolvenz anmelden mussten oder Forderungen von Inkassounternehmen hatten. Zum anderen nennt Creditreform auch sogenannte weiche Fälle, in denen Menschen mehrere, vergebliche Mahnungen von unterschiedlichen Gläubigern erhalten haben. Insgesamt seien gut zehn Prozent der volljährigen Menschen in Deutschland überschuldet.
... und schaffen es nicht, den eigenen Haushalt wirtschaftlich zu führen
Die Auskunftei blickt zwiespältig in die Zukunft: Eine gute Nachricht ist, dass immer weniger Menschen aufgrund von Arbeitslosigkeit in die Schuldenfalle geraten. Creditreform verweist auf die Rekordbeschäftigung in Deutschland und hohe Tarifabschlüsse in vielen Branchen. Andererseits gerieten immer mehr Menschen in Zahlungsschwierigkeiten, weil sie ihren Haushalt nicht wirtschaftlich führten. Auch dank der niedrigen Zinsen nehmen wieder mehr Konsumenten Kredite auf. Insgesamt geht die Auskunftei davon aus, dass die Zahl überschuldeter Menschen in den kommenden Jahren weiter steigen wird.
Ein Risiko sieht Creditreform in den gestiegenen Kaufpreisen für Immobilien in den Städten. Wer zum ersten Mal Wohneigentum kauft, müsse immer höhere Kreditsummen aufnehmen, die "für Normalverdiener und junge Familien kaum mehr zu finanzieren sind", heißt es in dem Schuldneratlas. Wenn die Zinsen in den nächsten Jahren steigen und Immobilien nicht mehr stark an Wert gewinnen würden, könnte die Zahl der Überschuldungsfälle "in näherer Zukunft merklich ansteigen". Allerdings bringen Käufer im Schnitt viel Eigenkapital in die Baufinanzierung ein und sichern sich die niedrigen Zinsen über lange Laufzeiten.
Die höchste Überschuldungsquote misst die Auskunftei unter Menschen, die zwischen 30 und 39 Jahren alt sind. "Wirkliche Sorgen bereitet aber die Überschuldung alter Menschen", heißt es in dem Schuldneratlas. Demnach stecken in diesem Jahr 69 000 mehr ältere Menschen in Zahlungsschwierigkeiten als im Vorjahr. Das entspricht einer Zunahme um 35 Prozent. Immer mehr Rentner seien auf zusätzliche Einnahmen, etwa Minijobs, angewiesen, "um den gewohnten Lebensstandard für Wohnung und Konsum halten zu können", heißt es in dem Bericht. "Das sind allerdings in den allermeisten Fällen geringfügig Beschäftigte", sagt Michael Bretz, Wirtschaftsforscher von Creditreform. Weil Rentner relativ geringe Einkünfte haben, hätten sie es im Alter zudem noch schwerer, Schulden abzubauen.
Der beste Weg, damit künftig weniger Menschen in die Schuldenspirale geraten, seien mehr Vollzeit-Arbeitsplätze in Deutschland. Auch empfiehlt Creditreform, dass es mehr Wohnungen in begehrten Städten brauche, damit die Mieten in den Wohnungsinseraten nicht mehr so stark steigen wie in den vergangenen Jahren. Zudem fordert die Auskunftei, dass der Staat die Finanzbildung der gesamten Bevölkerung in der Schule verbessern sollte.