Übernahme von Chiquita:Brasilianischer Bananen-Poker

Brazilian bid for Chiquita challenges big banana merger

Bananen des Konzerns Chiquita in einem Supermarkt in den USA

(Foto: AFP)

In der Obstszene herrscht Aufregung. Eigentlich wollten der US-amerikanische Konzern Chiquita und der irische Obsthändler Fyffes zur Nummer eins der Bananen-Branche fusionieren. Doch nun funkt ein Konsortium aus Brasilien dazwischen.

Von Peter Burghardt, Buenos Aires

Wenn Brasilien ins Spiel kommt, dann wissen auch nordamerikanische Giganten, dass es ernst wird. 2007 übernahm der Fleischproduzent JBS aus São Paulo den US-Rivalen Swift und wurde die Nummer eins. 2010 leistete sich ein New Yorker Fonds mit den Brasilianern Jorge Paulo Lemann, Marcel Herrmann Telles und Carlos Alberto Sicupira die Hamburgerkette Burger King. 2008 schluckte die belgisch-brasilianische Brauerei InBev den Konkurrenten Anheuser-Busch mit seinem Dünnbier Budweiser und wurde das bedeutendste Brauhaus der Erde. Jetzt planen zwei Firmen aus dem größten Land Lateinamerikas einen weiteren Vorstoß in die führende Wirtschaftsmacht: Diesmal geht es um Bananen.

Der Safthersteller Cutrale und das Geldhaus Safra wollen Chiquita Brands International kaufen und die wichtigste Fusion in der Branche verhindern. Seit März verschmilzt der Fruchtklassiker aus North Carolina mit dem vormaligen Kontrahenten Fyffes aus Irland, doch das Duo aus dem Süden ging zu Wochenbeginn beherzt dazwischen: Cutrale und Safra bieten 625 Millionen Dollar für Chiquita, 99 Millionen Dollar mehr als Fyffes. Pro Aktie will das Gespann 13 Dollar ausgeben, 29 Prozent mehr als der Kurs bei Handelsschluss am Freitag, wobei das Papier angesichts der Offensive zu Wochenbeginn um 30 Prozent stieg. Die Herren von Chiquita wollen das Angebot prüfen, in der Obstszene herrscht entsprechende Aufregung.

Berühmt-berüchtigter Vorgänger

Sichert sich Brasilien auch noch die Bananen mit den blauen Aufklebern, die jedes Kind kennt? Chiquita kontrolliert ungefähr 22 Prozent des Marktes, etwas weniger als Dole (26 Prozent), hätte gemeinsam mit Fyffes (sieben Prozent) aber die Spitze erklommen. Zum Sortiment gehören auch Ananas, Äpfel und Fruchtsalate. Der Jahresumsatz liegt bei drei Milliarden Dollar. Chiquita ist der Nachfolger der berühmt-berüchtigten United Fruit Company, die in Kolumbien oder Guatemala gerne mit den Mächtigen kungelte und Eingang in Werke von Gabriel García Márquez und Miguel Ángel Asturias fand. Der Ausdruck Bananenrepublik entwuchs den Umtrieben auf den Plantagen der Diktatoren-Freunde.

Zuletzt war Chiquita wegen seiner Nähe zu kolumbianischen Paramilitärs aufgefallen. Der Multi räumte ein, die rechtsextremen Todesschwadronen geschmiert zu haben, um Anbaugebiete gegen die linke Guerilla zu schützen. Die US-Justiz warf Chiquita vor, zwischen 1997 und 2004 alles in allem 1,7 Millionen Dollar entrichtet zu haben, und verhängte 2007 eine Strafe in Höhe von 25 Millionen Dollar. Eine Sammelklage von 4000 kolumbianischen Opfern der Gewalt und ihrer Angehörigen wies ein Gericht in Miami jedoch ab.

Ärger gibt es auch wegen des Rückgangs der Gewinne, dazu bedroht ein Pilz namens Tropical Race 4 die Stauden. Und nicht zuletzt: Von dem kolossalen Zusammenschluss mit Fyffes ist vor allem die Politik in Washington wenig begeistert.

Das neue Unternehmen Chiquita Fyffes sollte 4,6 Milliarden Dollar umsetzen und mehr als 32 000 Mitarbeiter beschäftigen. Chiquita hätte die knappe Mehrheit, die Marken Chiquita und Sol würden erhalten bleiben, die Fusion senke die Ausgaben. Als Sitz war Dublin vorgesehen, und nicht Charlotte in den USA. Doch da horchte die US-Regierung auf, denn das gilt als Versuch, den US-Steuern zu entkommen und in der irischen Metropole billiger weg zu kommen. Das bestreiten die Partner zwar, aber das Weiße Haus stellte sogar Maßnahmen in Aussicht, um solche Sparmodelle zu verhindern.

Brasilianischer Coup?

Und jetzt also auch noch Herausforderer aus Brasilien: Die Banco Safra mit ihrer Zentrale an der Avenida Paulista in São Paulo ist die achtgrößte Bank zwischen Amazonas und Atlantik und verwaltet 200 Milliarden Dollar. Aus dem Imperium Cutrale wiederum stammen 40 Prozent der weltweiten Orangensäfte, Brasilien ist deren größter Produzent. Die miesen Arbeitsbedingungen zugunsten gewaltiger Renditen wurden in Studien immer wieder kritisiert. Das Unternehmen besitzt Fabriken in der Heimat und in Florida, wo es unter anderem Minute Maid und Simply Orange von Coca-Cola beliefert, der Umsatz liegt bei fünf Milliarden Dollar.

Der Ertrag von Orangensaft ging in den vergangenen Jahres jedoch wegen alternativer Getränke zurück, statt 21,5 Millionen Litern wie vor zehn Jahren werden laut der Statistiker von Markestrat und der Zeitung O Estado de São Paulo nur noch 18,4 Millionen Liter getrunken, dazu stört eine Plage die Zitrusfrüchte. Cutrale erweiterte sein Sortiment deshalb auf weitere Einnahmequellen wie Soja. Außerdem verdienen die Brasilianer mit Pfirsichen und anderen Früchten. Der Verbund mit Chiquita soll Cutrale gegen Widersacher wie Dole Food und Fresh Del Monte konkurrenzfähig erhalten. Man biete Chiquita "eine weitreichende Plattform in allen Bereichen der Produktion von Obst und Säften", wirbt der Bieter. Es wäre ein weiterer Coup von Brasiliens Weltfirmen.

Das Blatt Folha de São Paulo findet, das Abzeichen von Chiquita erinnere an die Sambatänzerin und Schauspielerin Carmen Miranda, eine brasilianische Ikone.

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