Übernahmekampf um Endesa:Der spanische Krieg

Seit mehr als zwölf Monaten kämpft der deutsche Energiekonzern um die Übernahme des Konkurrenten. Doch nicht nur Eon hat Interesse an Endesa - ein Bieterkampf steigert den Preis ins Unermessliche.

H.-W. Bein, J. Cáceres und K.-H. Büschemann

Jetzt wird es schwierig. In spanischen Zeitungen gibt es erste Spekulationen, Eon sei bei seinem Vorstoß in Spanien wohl gescheitert. Der Düsseldorfer Energiekonzern werde das Angebot zur Übernahme des Madrider Energiekonzerns Endesa möglicherweise zurückziehen.

Davon ist bei Eon noch lange nicht die Rede. Doch in der Düsseldorfer Unternehmenszentrale geht der Frust um: "Die wollen uns nicht", sagt ein Eon-Manager über die massive Ablehnung des deutschen Unternehmens in Spanien.

Eon hatte im Februar 2006 ein Angebot für Endesa gemacht. Das Unternehmen war in den Fokus gerückt, nachdem Gas Natural, der viel kleinere Gas-Versorger aus Barcelona, ein Übernahmeangebot für Endesa gemacht hatte.

Ziel: Größter privater Energiekonzern weltweit

Eon, ohnehin einer der größten privaten Energiekonzerne der Welt, wollte mit seinem Einkauf in Spanien zum größten privaten Versorger der Welt aufsteigen. Jetzt sieht es so aus, als könnte Eon bald zum größten Verlierer einer der größten europäischen Übernahmeschlachten werden.

Eon verdient mit Strom und Gas klotzig Geld. Der Konzern hat eine prall gefüllte Kasse und ist seit langem auf der Suche nach ausländischen Unternehmen. Da kam den Düsseldorfern das spanische Ziel recht. Endesa ist auf der iberischen Halbinsel stark vertreten und sogar in Lateinamerika aktiv. Mehr als 29 Milliarden Euro bot Bernotat für das spanische Unternehmen.

Ein Wahnsinnspreis, darüber waren sich Fachleute einig. Doch Bernotat hatte seinen Plan: "Endesa ist für uns ein stabiles Standbein in Märkten, wo wir bisher noch nicht oder kaum vertreten sind." Er will eine große Marktmacht erreichen, damit er im Kampf um die begehrten Brennstoffe nicht ins Hintertreffen gerät.

Anruf von Angela Merkel ist fehlgeschlagen

Alles schien gut vorbereitet. Am Abend bevor Eon-Chef Wulf Bernotat den Übernahmeplan ankündigte, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Madrid bei Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero angerufen, um ihn über Bernotats Plan zu informieren. So sollte der grenzübergreifende Deal erleichtert werden.

Doch Merkels Anruf kam gar nicht gut an. Er rief in Madrid Empörung hervor. Weniger über Merkel als über Bernotat, der die Regierungschefin vorgeschickt hatte. In diesem Vorgehen machten Spaniens Politiker eine gehörige Portion Arroganz aus. So nicht, war die Antwort. Auch Endesa-Chef Manuel Pizarro reagierte beleidigt. Für die gebotenen 27 Euro pro Endesa-Aktie wollte er das Unternehmen auf keinen Fall hergeben. Der Unternehmenswert liege eher bei 45 Euro, meinte Pizarro damals.

Zähes Ringen

Nach mehr als einjähriger Zermürbungsschlacht ist Eon ordentlich weichgekocht. Mehrfach hat der Düsseldorfer Konzern sein Angebot erhöht. Zuletzt bot er 42,3 Milliarden Euro für Endesa, 40 Euro pro Aktie - und damit 38 Prozent mehr als am Anfang des Kampfes. Doch es reicht noch immer nicht.

Der Grund für die Preissteigerung ist ein zähes Ringen, in das sich im Laufe der Zeit noch Nebenbuhler einreihten. Fünf Monate nach der Eon-Ankündigung stieg der spanische Mischkonzern Acciona mit zehn Prozent bei Endesa ein. Der tat sich später mit dem italienischen Stromkonzern Enel zusammen, um Eon gemeinsam aus dem Feld zu schlagen.

Beide halten inzwischen 46 Prozent an Endesa. Politiker schalteten sich ein. Auf beiden Seiten verdienen sich inzwischen Anwälte mit Schriftsätzen, die den Gegnern Prozesse androhen, goldene Nasen.

Unterstützung der Regierung

Bernotat hat kaum noch Chancen, bei Endesa die gewünschte Mehrheit der Aktien und damit das Sagen zu bekommen. Der Eon-Chef muss sich vorhalten lassen, von Anfang an ungeschickt taktiert zu haben. Seine Gegner haben die Unterstützung der spanischen Regierung.

Auch wenn der Endesa-Verwaltungsrat seinen Aktionären die Annahme des Eon-Angebots empfiehlt, für das die Frist am Dienstag abläuft, dringt er mit seiner Meinung nicht durch. Die vereinten Konkurrenten haben längst ein Angebot von 41 Euro angekündigt.

Manches deutet darauf hin, dass sich Eon wie der Elefant im Porzellanladen verhalten hat. Einerseits ist Spanien für deutsche Unternehmen empfänglich. Es gibt im Land bereits 1100 deutsche Firmen, die für etwa acht Prozent des Bruttoinlandsproduktes Spaniens verantwortlich sind.

Nationaler Marktführer geplant

Andererseits wird arrogantes Gebaren dem gelegentlich etwas schroff auftretenden Eon-Chef nicht zum ersten Mal unterstellt. Aber die spanische Regierung hatte andere Pläne, bevor Bernotat aufkreuzte.

Zapatero hatte einst Gefallen gefunden an dem Plan von Gas Natural zur Endesa-Übernahme. So ließe sich ein nationaler Marktführer bilden, den sich die Regierung im Grunde wünschte. Das war Bernotat offenbar nicht klar.

Dass Eon diesen Plan zu durchkreuzen versuchte, war der sozialistischen Regierung sauer aufgestoßen. Zumal Endesa-Chef Pizarro als ein enger Vertrauter des früheren Regierungschefs José María Aznar gilt, dem Guru der konservativen Volkspartei.

Strategisch überlegen

Doch in Madrid fragen sich selbst Kreise, die der Eon-Offerte wohlwollend gegenüberstehen, ob sich Bernotat wirklich gut beraten ließ. Auch wenn die Regierung den Düsseldorfern einen Stein nach dem anderen in den Weg gerollt hat, auch wenn spanische Analysten darüber klagen, dass manche Beteiligte des Spiels in den vergangenen Monaten mit offenen oder versteckten Fouls gearbeitet haben.

Strategisch waren ihm die Rivalen Acciona und Enel überlegen. Während Eon mit keiner einzigen Endesa-Aktie in die Schlacht zog, sicherten sich Enel und Acciona heimlich, still und leise beträchtliche Aktienpakete, ehe sie ihre Intentionen offenlegten.

Der Kampf geht weiter. Inzwischen warnte die Bundesregierung den EU-Partner Spanien vor unfairen Maßnahmen. Die deutsche Regierung werde sich in den Fall einschalten, wenn der Eindruck entstehe, dass durch staatliche Maßnahmen die Fairness des Wettbewerbs beeinträchtigt werde.

Das Wirtschaftsministerium beobachte die Vorgänge "mit großem Interesse und werde alles unternehmen, um einen fairen Wettbewerb zu garantieren". Im Gegenzug kündigten Enel und Acciona am Freitag eine Klage vor dem nationalen Gerichtshof an, um die eigenen Übernahmechancen zu verbessern.

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