Es soll der größte Krankenhaus-Konzern in ganz Europa werden: Der Gesundheitskonzern Fresenius kauft für mehr als drei Milliarden Euro einen Großteil der Rhön-Klinikum AG. Mit dem Geschäft, das beide Konzerne in der Nacht zum Freitag verkündeten, nimmt der monatelange Kampf um die Vorherrschaft am deutschen Klinikmarkt eine unerwartete Wendung. "Die Blockade ist aufgehoben - die Kuh ist vom Eis", sagte ein Beteiligter.
Fresenius erwirbt 43 Kliniken und 15 medizinische Versorgungszentren, die im laufenden Jahr zusammen einen Betriebsgewinn (Ebitda) von 250 Millionen Euro und einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro erzielen sollen - das entspricht rund zwei Dritteln der Gesamterlöse von Rhön.
Die Fresenius-Tochter Helios wird nach der Übernahme mit 117 Kliniken und einem Umsatz von rund 5,5 Milliarden Euro der größte private Klinikbetreiber in Europa sein. In Deutschland wird Helios als erster Anbieter ein flächendeckendes Kliniknetz betreiben und kann somit Angebote wie eine private Zusatzversicherung für gesetzlich Versicherte einführen. Damit wäre ein großer Traum von Rhön-Gründer Eugen Münch erfüllt, der den Verkauf an Fresenius vor rund zwei Jahren einfädelte. "In Zukunft wird die Mehrheit der Menschen in Deutschland binnen einer Stunde eine Helios-Klinik erreichen können", erklärte Fresenius.
Heimlicher Plan
Fresenius war 2012 mit der Übernahme von Rhön-Klinikum gescheitert, weil sich der Konkurrent Asklepios in letzter Minute bei der fränkischen Klinikkette eingekauft hatte. Kürzlich kündigte der Medizintechnikkonzern B. Braun an, seinen Anteil an Rhön auf über 25 Prozent aufzustocken, womit der Konzern einen Rhön-Verkauf dauerhaft hätte verhindern können. Braun und Asklepios wollten so die Schaffung eines übermächtigen Anbieters auf dem deutschen Klinikmarkt verhindern.
Die Spitzen von Fresenius und Rhön haben in den vergangenen Monaten mit ihren Juristen jedoch in aller Stille einen Plan ausgeheckt: Der Dax-Konzern übernimmt nicht den gesamten Rhön-Konzern, sondern nur den Großteil seiner Kliniken. Die Aufsichtsräte und Vorstände beider Unternehmen hätten das Geschäft bereits abgesegnet und entsprechende Verträge unterschrieben, sagte ein Fresenius-Sprecher. Eine Zustimmung der Rhön-Aktionäre sei nicht mehr nötig.
Rhön will sich auf universitäre Forschung konzentrieren
Die Basis des nun deutlich kleineren Rhön-Konzerns bilden die Häuser in Bad Berka und Frankfurt/Oder, der Stammsitz in Bad Neustadt sowie die Universitätskliniken in Gießen und Marburg. Die "neue Rhön" startet mit einem Umsatz von rund einer Milliarde Euro und rund 15.000 Mitarbeitern. Der Konzern wolle sich in Zukunft vor allem auf Einrichtungen konzentrieren, an denen eine medizinische Vollversorgung einher mit universitärer Forschung geht.
Das Bundeskartellamt muss noch grünes Licht für das Geschäft geben. Allerdings habe Fresenius seine Pläne dort noch nicht vorgelegt. "Uns liegt bislang keine Anmeldung vor", sagte ein Sprecher der Behörde. Indes könnten die Pläne auch zunächst bei der EU-Kommission vorgelegt werden, wenn die Umsätze der an einer Fusion beteiligten Konzerne bei über fünf Milliarden Euro liegen. Allein Fresenius hatte 2012 einen Gesamtumsatz von 19,3 Milliarden Euro eingefahren.
Das Bundeskartellamt kann aber einen Antrag stellen, die Fusion selbst zu prüfen, da in erster Linie der deutsche Markt betroffen ist. Die Unternehmen können auch selbst den Brüsseler Wettbewerbshütern mitteilen, dass aus ihrer Sicht eine Prüfung durch das Bundeskartellamt möglich wäre - dies könnte das Verfahren beschleunigen. Fresenius will den "überwiegenden Teil der Transaktion" bis Ende des Jahres über die Bühne bringen.