Übernahme:Bayer-Chef verteidigt Angebot

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In Niedersachsen blüht der Raps. Das Saatgut dafür könnte von Bayer kommen. Auch Monsanto hat Samen für die Ölpflanze im Sortiment. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

62 Milliarden Dollar für Monsanto? Manche halten das für gewagt.

Von Varinia Bernau, Düsseldorf

Es war eine Übernahmeschlacht, die Bayer viel Geld kostete, insgesamt 17 Milliarden Euro. Als sie endlich entschieden war, musste Werner Baumann den Pharmakonzern Schering ins eigene Unternehmen eingliedern. Zehn Jahre ist das her. Gewerkschafter lobten damals das besonnene Vorgehen Baumanns, der vom Herbst 2006 bis 2009 Arbeitsdirektor bei Bayer Schering Pharma war.

Baumann empfahl sich seinerzeit für den Bayer-Chefposten. Seit drei Wochen hat er diesen nun inne - und plant bereits eine Übernahme, die fast viermal so teuer wäre: Für 62 Milliarden Dollar, umgerechnet 55 Milliarden Euro, will Bayer den US-Saatguthersteller Monsanto übernehmen. Das wäre, wenn es gelingt, die größte Übernahme, die ein deutsches Unternehmen jemals gestemmt hat - noch größer als die Fusion von Daimler und Chrysler.

Es dürfte also kein Zufall gewesen sein, dass Bayer-Finanzvorstand Johannes Dietsch am Montag ausgerechnet auf Schering zu sprechen kam, um die Zweifel all jener zu zerstreuen, die meinen, der Deal sei eine Nummer zu groß. Monsanto habe in etwa so viele Mitarbeiter wie einst Schering, aber deutlich weniger Unternehmenseinheiten. Die Sache sei also längst nicht so komplex. Das ist die Art und Weise, wie sie bei Bayer Zuversicht demonstrieren. Denn das Team um Baumann muss noch viele Zweifel zerstreuen: bei Aktionären, Kartellbehörden, Mitarbeitern, Kunden. Nachdem das Kaufangebot vergangene Woche durchgesickert war, war Bayer viel Skepsis entgegengeschlagen. Vielleicht auch, weil man vieles nicht gut genug erklärt habe, gestand Baumann am Montag ein. Also machte der Bayer-Chef sich daran, für seine Sache zu werben. Monsanto sei für Bayer, "die perfekte Ergänzung", gemeinsam würden beide Unternehmen einen weltweit führenden Anbieter für Saatgut und Pflanzenschutzmittel schaffen. Allein dadurch, dass sie beim Kunden einheitlich aufträten, könnten sie nach drei Jahren einen zusätzlichen Gewinn von 1,5 Milliarden Dollar erwirtschaften, rechnete er vor. Auch für die Aktionäre von Monsanto sei der Aufschlag von 37 Prozent auf den Aktienkurs ein "äußerst attraktives Angebot". Und auch die Kunden könnten sich freuen: Ihnen werde der neu formierte Konzern "maßgeschneiderte Lösungen aus einer Hand anbieten". Die Angst vor allem amerikanischer Landwirte vor steigenden Preisen sei hingegen unbegründet: Auch künftig werde auf dem Agrarchemiemarkt ein intensiver Wettbewerbs herrschen. Nicht wenige Analysten glauben, dass die Monsanto-Führung die Offerte zunächst als zu niedrig ablehnen und auf ein Gegenangebot von BASF spekulieren könnte. Der Rivale aus Ludwigshafen, der schon lange mit Monsanto zusammenarbeitet, wollte die Bayer-Offerte nicht kommentieren. Kritisch sehen viele Investoren auch, dass sich Bayer ein Viertel des Kaufpreises über eine Kapitalerhöhung bei seinen Aktionären holen will. Für den Rest will Bayer weitere Schulden aufnehmen. Ob Baumann auch eine feindliche Übernahme, also gegen den Willen von Vorstand und Verwaltungsrat von Monsanto durchziehen würde, ließ der Bayer-Chef offen. Die Amerikaner haben sich zu den Details der Offerte bislang nicht geäußert, in der vergangenen Woche allerdings von einem "unverbindlichen, unerbetenen" Angebot gesprochen. Baumann betonte, man habe konstruktive Gespräche mit Monsanto-Chef Hugh Grant geführt.

Mancher Mitarbeiter müsste wohl umziehen, denn die Saatgut-Sparte soll nach Missouri

Er hatte auch eine Botschaft an die Mitarbeiter parat: Die Unternehmen ergänzten sich eher, als dass sie sich überlappten. Das würde, so betonte er, für viele Mitarbeiter die Möglichkeit bieten, sich beruflich weiterzuentwickeln. Nicht auszuschließen allerdings, dass das für den einen oder anderen mit einem Umzug verbunden wäre: Die Saatgut-Sparte sowie die Nordamerika-Geschäfte des zusammengeschlossenen Unternehmens sollen von St. Louis im US-Bundesstaat Missouri aus gesteuert werden. Dort hat Monsanto schon heute seinen Sitz. Der Pflanzenschutz soll weiterhin in Monheim am Rhein angesiedelt sein.

Und dann ist da natürlich noch der ramponierte Ruf von Monsanto, den Bayer mitkaufen würde. Baumann gestand ein, dass gerade in Deutschland und Frankreich das Image des US-Konzerns miserabel sei. Bayer werde alles tun, um durch Gespräche mit den Kritikern die Vorbehalte auszuräumen. Ob der Name Monsanto beibehalten würde, sei offen. Man werde abwägen zwischen den Befindlichkeiten von Monsanto und dem eigenen Anspruch, die neue Position, die Bayer im Agrargeschäft spielen will, zum Ausdruck zu bringen. Wegen seiner gentechnisch veränderten Lebensmittel, aber auch wegen der Entwicklung des Unkrautvernichters Glyphosat, gilt Monsanto vielen als der Inbegriff des Bösen. Diesem Bild möchte Bayer etwas entgegensetzen: 2050 würden drei Milliarden Menschen mehr auf der Welt leben als heute. Sie zu ernähren, werde nur gehen, wenn bei gleicher Fläche die Erntemengen erheblich stiegen. "Bayer und Monsanto stellen sich dieser Verantwortung", so Baumann.

© SZ vom 24.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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