Übernachtungs-Plattform:Airbnb wird von Profis überrannt

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Allein für Berlin gibt es auf Airbnb 38 500 Betten im Angebot. (Foto: imago/STPP)
  • Ein beachtlicher Teil der Wohnungen bei Airbnb wird mittlerweile von professionellen Vermietern angeboten.
  • Das belegen Daten, die die SZ zusammen mit anderen Medien ausgewertet hat.
  • Airbnb ist längst zum globalen Tourismus-Anbieter geworden - und hat deshalb überall auf der Welt Ärger mit den Behörden.

Von Katharina Brunner und Christian Endt

Freundlich lächelt ein junger Mann in die Kamera. Er nennt sich Andreas. Zusammen mit Paula kümmert er sich um Anfragen für Airbnb-Unterkünfte in Köln-Deutz, Leverkusen oder Mülheim. Andreas und Paula sind keine Anbieter, die sich ein paar Euro dazuverdienen wollen, indem sie ihre Wohnung vermieten, wenn sie im Urlaub sind. Hinter ihnen steckt stattdessen die Firma Homerent Immobilien GmbH aus Köln. 4,5 Millionen Mietumsatz haben die von der Firma vermittelten Wohnungen insgesamt erzielt, auf einer Vielzahl von Portalen, auch über Buchungen bei Airbnb.

Homerent ist ein besonders krasses Beispiel für eine Entwicklung, die das Geschäft von Portalen wie Airbnb grundlegend verändert: Ein großer Teil der Airbnb-Vermieter sind nicht mehr Privatleute, die einen Teil der eigenen Wohnung mit Fremden teilen - sondern Profis. Das belegen Daten, die die SZ zusammen mit Kollegen von De Tijd aus Belgien, Le Monde aus Frankreich und Trouw aus den Niederlanden ausgewertet hat. Die Datenbank umfasst alle Übernachtungsplätze, die Airbnb in den zehn größten deutschen Städten im Angebot hat. Insgesamt sind das mehr als 37 000 Zimmer und Wohnungen, die mindestens eine Bewertung haben, also mindestens einmal tatsächlich gebucht wurden. Das entspricht Schlafgelegenheiten für mehr als 100 000 Gäste. Allein in Berlin sind mehr als 38 500 Betten im Angebot. Zum Vergleich: Die gesamte Tourismusindustrie bietet in Berlin 139 000 Übernachtungsplätze.

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Geteilte Zimmer, bei denen nur einzelne Schlafplätze vermietet werden, spielen bei Airbnb kaum noch eine Rolle. Sie machen inzwischen weniger als zwei Prozent aller Angebote aus. In 40 Prozent der Fälle bekommt der Gast ein eigenes Zimmer in einer Wohnung angeboten. Mit 58 Prozent macht das Vermieten ganzer Wohnungen oder Häuser inzwischen aber das Kerngeschäft von Airbnb aus. Die Firma ist heute ein globaler Tourismus-Anbieter, konkurriert mit Hotelketten und großen Plattformen wie Booking.com.

Deshalb hat Airbnb überall auf der Welt Ärger mit städtischen Behörden. Ferienwohnungen gelten als Gewerbe und können somit nicht ohne Weiteres in Wohngebieten eröffnet werden. Viele Metropolen haben daher inzwischen mehr oder weniger strenge Regeln beschlossen, um das Airbnb-Geschäft einzudämmen. In Hamburg können Privatleute maximal die Hälfte ihrer Wohnung ganzjährig vermieten, oder die ganze Wohnung maximal das halbe Jahr. Sonst ist eine Genehmigung nötig.

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"Wir wollen nicht, dass sich Touristen dort aufhalten, wo vorher eine Familie gewohnt hat", sagt auch Uwe Amend, Vizechef der Bauaufsicht in Frankfurt. Die Bundesregierung hat gerade extra das Baurecht verschärft, um den Kommunen zu helfen. Sie können nun leichter einschreiten. In Frankfurt darf eine Bestandswohnung bald nur noch eine Ferienwohnung werden, wenn der Besitzer eine Ausgleichswohnung schafft.

Kritik an seinem Geschäftsmodell weicht die Plattform aus. "Für die Einhaltung lokaler Regeln sind die Gastgeber selbst verantwortlich", sagt Airbnb. Airbnb-Wohnungen würden meist nur temporär angeboten, wenn die Bewohner im Urlaub oder auf Dienstreise sind. Das Management des Unternehmens scheut das Wort "Vermietung", spricht lieber von "Homesharing": "Homesharing entzieht keinen Wohnraum, da die Gastgeber in diesen Wohnungen selbst leben", sagt ein Sprecher von Airbnb. Lediglich "in typischen Ferienregionen" arbeite man auch mit gewerblichen Gastgebern zusammen.

Die Daten erzählen eine andere Geschichte. Demnach gehören etwa 18 Prozent der auf Airbnb inserierten Wohnungen in den zehn größten deutschen Städten zu einem Vermieter, der noch mindestens eine weitere Wohnung im Angebot hat. Etwa 1290 solcher Multi-Anbieter gibt es in den zehn größten deutschen Städten, sie kommen zusammen auf mehr als 4000 Mietangebote. Mindestens 34 Anbieter auf dem deutschen Markt vermieten zehn oder mehr Wohnungen über Airbnb. Die weltweit größten Anbieter haben nach Recherchen von Buzzfeed mehr als 1000 Angebote online. Das sind womöglich Appartementhäuser, die speziell für Kurzzeitvermietungen gebaut wurden.

Airbnb lockt auf der eigenen Webseite ausdrücklich Profis an. Sie gibt Tipps "für Anbieter von professionell verwalteten Unterkünften". Diese sollen beispielsweise einen Manager ständig verfügbar halten. Auch Hotels sind ausdrücklich erwünscht, nur mehr als 25 Zimmer sollten sie nicht haben. Ebenfalls auf der Seite findet sich ein Werkzeug, mit dem interessierte Anbieter ihre möglichen Einnahmen ausrechnen können. Wer in Berlin eine Wohnung mit Platz für vier Personen vermietet, kann demnach mit 632 Euro pro Woche rechnen. Das ist deutlich mehr als ein angenehmer Nebenverdienst. Die großen Anbieter kommen geschätzt auf sechsstellige Umsätze im Jahr, wenn man die Anzahl der Bewertungen hochrechnet.

Airbnb empfiehlt Hotel-typische Zeitfenster

Mittlerweile wollen sogar Start-ups am Airbnb-Boom mitverdienen, zum Beispiel Airgreets. Für 25 Prozent Provision übernehmen die Mitarbeiter alles, was zu einer Airbnb-Vermietung gehört: Sie stellen das Inserat ein, übergeben den Schlüssel und reinigen nach der Abreise die Wohnung. Gründer Sebastian Drescher ist es wichtig zu betonen, dass sich ihr Service gerade nicht an professionelle Anbieter richtet: "Unsere Kunden wohnen auch wirklich in der Wohnung."

Airbnb empfiehlt seinen Vermietern inzwischen, Hotel-typische Zeitfenster zum Ein- und Auschecken anzubieten. In den USA steht laut der Nachrichtenagentur Bloomberg außerdem die Einführung einer Premium-Sparte kurz bevor. Wer dort inserieren möchte, muss sich zuvor von einem Airbnb-Mitarbeiter besuchen lassen, der mittels einer Checkliste die Einführung von Qualitätsstandards überprüft.

Einerseits will Airbnb der nette Nachbar sein, der nur coole Zimmer vermittelt, die eh leer stehen - und andererseits immer professioneller werden. Der Spagat wird immer größer.

© SZ vom 04.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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