Überblick:Noch ohne Schlussakt

Frankfurter Skyline mit EZB

Die Europäische Zentralbank in Frankfurt verfolgt das Ziel, die Inflationsrate auf mittlere Sicht unter, aber nahe zwei Prozent zu halten.

(Foto: Boris Roessler/dpa)

Einige Finanzhäuser im öffentlichen Bankensektor sind bereits auf gutem Weg, aber die Situation der Landesbanken ist weiterhin ungewiss.

Von Christiane Kaiser-Neubauer

Es gibt starke Signale einer Erholung, für den Abgesang auf die Krise ist es aber noch zu früh. Altlasten, Niedrigzinsen und Kosten der Regulierung belasten die Landesbanken. Wie eine Transformation in diesem schwierigen Umfeld gelingen kann, zeigt etwa die Bayern-LB. Das ungewisse Schicksal der HSH Nordbank kann den öffentlichen Bankensektor jedoch erneut in die Krise stürzen.

Der Ausgang des Dramas, das sich seit Jahren am öffentlichen Bankensektor abspielt, ist ungewiss. Jüngster Akt: Die Übernahme der angeschlagenen Bremer Landesbank durch die Norddeutsche Landesbank (Nord-LB), die aufgrund der weltweiten Schifffahrtskrise mit zuletzt 1,9 Milliarden Euro Jahresverlust selbst kräftig Schlagseite hat. "Ich sehe die Landesbanken nicht dauerhaft stabilisiert. Der Wettbewerb bei Unternehmenskrediten und im Privatkundengeschäft ist extrem hart. Wer wachsen will, muss mehr ins Risiko gehen und das kann wieder Probleme bringen", sagt Martin Faust, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management. Wohin das führen kann, zeigt ein kurzer Blick zurück.

Fehlspekulationen mit hochriskanten Wertpapieren, Kreditausfälle bei ehrgeizigen Großfinanzierungen sowie Auslandsexpansionen bescherten den Ländern als Eigentümern und somit den Steuerzahlern Milliarden Verluste. Nach den staatlichen Rettungsaktionen und der Konsolidierungswelle sind mit der Landesbank Baden Württemberg (LBBW), der Bayern-LB, der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und der Saar-LB vier von sechs Instituten trotz Altlasten auf Gewinnkurs. Bei den Schwergewichten in Stuttgart und München gelang durch die von der EU verordnete Schrumpfkur eine rasche Sanierung.

Die Bayern-LB erzielte im Vorjahr 545 Millionen Euro Gewinn und bescherte der Staatskasse damit die erste Ausschüttung (115 Millionen Euro) seit der Finanzkrise. "Das Beihilfeverfahren war eine schwierige Zeit für uns, aber auch ein Segen für die Bank. Durch den externen Druck mussten wir uns bereits vor Jahren von einer Landesbank alter Prägung hin zur Kundenbank mit einer schlanken Organisation und dem Fokus auf den Kernmarkt Deutschland weiter entwickeln," sagt Johannes-Jörg Riegler, Vorstandsvorsitzender der Bayern-LB. Zwei Jahre nach seinem Antritt sind vier der fünf Milliarden Euro Schulden an den Freistaat überwiesen, die harte Eigenkapitalquote ist auf 13,2 Prozent gestiegen. Im 1. Quartal 2017 hat die Bank ihr Vorsteuerergebnis mehr als verdoppelt. Anstrengungen, die der Bayern-LB drei Upgrades der Ratingagentur Moodys einbrachten und sie in puncto Profitabilität vor der privaten Konkurrenz von Commerzbank und Deutscher Bank einreiht. Der Primus LBBW schrieb - belastet durch Abschreibungen der übernommenen Sachsen-LB - 2016 nur elf Millionen Euro Gewinn. Eine Rückbesinnung auf das traditionelle Geschäftsmodell als Förderer der regionalen Wirtschaft kann freilich nur funktionieren, wenn der Druck der Politik, hohe Gewinne erwirtschaften zu müssen, endgültig der Vergangenheit angehört. Doch ohne großes Auslandsgeschäft und risikoreicher Investmentsparte sinken das Geschäftsvolumen und die Renditeaussicht der Finanzhäuser. Mit ein Grund, warum sich die Landesbanken immer weniger an ihre Landesgrenzen halten und bundesweit auf Kundenjagd gehen. "Eine Landesbank, die gemäß ihrem Auftrag die heimische Wirtschaft unterstützt, hat natürlich auch nur da eine Perspektive, wo es genügend entsprechende Unternehmen gibt. Wir haben in und um München sieben von dreißig Dax-Unternehmen. Das ist eine einmalige Situation in Deutschland, die es so vielleicht nur noch in Baden-Württemberg gibt", sagt Riegler.

Die erstarkte Konkurrenz im Privat- und Firmenkundengeschäft sehen die 400 deutschen Sparkassen, Eigentümer und Kunden der Landesbanken, freilich nicht gern. Besonders für kleine Landesbanken kann ein partnerschaftliches Geschäftsmodell eine Alternative sein. "Ein Weg ist, sich wieder stärker auf die Sparkassen zu fokussieren und diese im Ausland sowie bei Großkrediten zu unterstützen. Das sind Kunden, die Landesbanken schon haben und nicht erst teuer werben müssen", sagt Faust. Hohe Renditen seien in diesem Geschäft allerdings nicht zu holen.

"Wir brauchen nicht so viele Landesbanken, zwei bis drei würden absolut genügen."

Größte Bedrohung sind neben den Niedrigzinsen, die Regulierungskosten der Basel-III-Vorschriften sowie Aufwendungen für die Bankensicherung. Allein aus Bayern flossen im Vorjahr 37 Millionen Euro in das Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe. Das Thema Haftungsverbund wird derzeit aufgrund des aktuellen Sorgenkinds, der HSH Nordbank, heiß diskutiert (siehe Beitrag oben). Die Rettung des einst größten Schiffsfinanzierers der Welt könnte Landesbanken und Sparkassen in die nächste Krise stürzen.

Im Sicherungsfonds der Landesbanken lagern rund eine Milliarde Euro, der regionale Unterstützungsfonds der betroffenen schleswig-holsteinischen Sparkassen ist deutlich weniger potent. In Summe nicht ausreichend für die zweistelligen Milliardenverluste aus den Reedereikrediten. "Die Verantwortung in Sachen HSH Nordbank liegt klar bei den Eigentümern Hamburg und Schleswig Holstein, die 95 Prozent der Anteile halten. Der Haftungsverbund unter den Landesbanken hat hier keinerlei Auswirkungen auf unser Geschäft", sagt Bayern-LB-Chef Riegler.

Angesichts der andauernden Schwierigkeiten der beiden Landesbanken im Norden Deutschlands, Nord-LB und HSH, wird vielerorts erneut über eine Zusammenlegung am öffentlichen Bankensektor nachgedacht. "Wir brauchen nicht so viele Landesbanken, zwei bis drei würden absolut genügen. Besonders aus Sicht der Sparkassen sind Fusionen sinnvoll. Das Problem ist, dass dieses Thema immer erst in der Krise auf den Tisch kommt und dann häufig zulasten der Steuerzahler gelöst wird", sagt Faust. Die Übernahme der Berliner Landesbank durch die regionalen Sparkassen zeigt, dass es auch anders geht.

Die von den Instituten herbeigesehnte Zinswende würde ihre Belastungen über einen Anstieg der Margen deutlich reduzieren. Steigende Zinsen bringen aber auch die Gefahr von Kreditausfällen mit sich. Die Verlockung höherer Kapitalmarktzinsen darf die Institute nicht zu alten Geschäftspraktiken verführen. "Mein Hauptaugenmerk wird darauf liegen, dass wir auch bei steigenden Zinsen unseren Kurs beibehalten. Wir sind als Bayern-LB schon da, wo wir hin wollen. Wir befinden uns in einer hervorragenden Ausgangssituation und werden diesen Vorsprung zu den Wettbewerbern nicht hergeben", sagt Riegler. Agieren die Landesbanken mit kaufmännischer Vorsicht, könnte der Schlussakt des Krisenspiels mit dem erfolgreichen Verkauf der HSH Nordbank 2018 enden.

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