Milliardenstrafe für die UBS:Heikle Gespräche beim Jagdausflug

Milliardenstrafe für die UBS: UBS-Geschäftsstelle in Zürich. Die Schweizer Bank muss für kriminelle Transaktionen eine Milliardenstrafe zahlen.

UBS-Geschäftsstelle in Zürich. Die Schweizer Bank muss für kriminelle Transaktionen eine Milliardenstrafe zahlen.

(Foto: Michael Buholzer/AFP)

Die UBS ist zu einer Milliardenstrafe verurteilt worden. Das Verfahren wirkt wie ein Musterprozess gegen ein lange praktiziertes Geschäftsmodell der Schweizer Banken insgesamt.

Von Leo Klimm, Paris, Frederik Obermaier und Isabel Pfaff, Bern

"Eine weltweit operierende kriminelle Vereinigung" - nichts anderes ist die Schweizer Großbank UBS für Bradley Birkenfeld. Deshalb jubelt er regelrecht, als er am Mittwoch von der Verurteilung seines Ex-Arbeitgebers zu einer Milliardenbuße erfährt, die Signalwirkung hat. "Das war lang überfällig", sagt Birkenfeld der Süddeutschen Zeitung. Er hat jahrelang für UBS in der Schweiz gearbeitet - und später gegenüber US-amerikanischen Behörden und französischen Ermittlern dazu ausgepackt, wie die Bank im großen Stil Beihilfe zur Steuerhinterziehung leistete.

In Paris verurteilte ein Gericht das Institut deswegen nun zu einer historisch hohen Buße: 3,7 Milliarden Euro soll es zahlen, plus 800 Millionen Euro Schadenersatz an den französischen Staat. Macht zusammengenommen 4,5 Milliarden Euro.

Es ist die höchste Geldstrafe, die in Frankreich je in einem Verfahren um Steuerbetrug verhängt wurde. Den Richtern zufolge hat sich die Bank der "illegalen Kundenanwerbung" und der "schwerwiegenden Geldwäsche bei Steuerhinterziehung" schuldig gemacht. UBS habe in den Jahren 2004 bis 2012, um die es in dem Prozess ging, mit einer "strukturierten, systemischen und alt hergebrachten Organisation" rechtswidrig vermögende Kunden in Frankreich gewonnen, so die Vorsitzende Richterin. Auch fünf von sechs angeklagten früheren UBS-Managern wurden verurteilt; ihnen brummt das Gericht Bewährungsstrafen und Geldstrafen in Höhe von bis zu 300 000 Euro auf.

Das Verfahren wirkt wie ein Musterprozess gegen ein lange praktiziertes Geschäftsmodell der Schweizer Banken insgesamt und gegen die Methoden von UBS im Besonderen. Das Geschäft mit dem Geld von Reichen und Superreichen macht das Wesen des Zürcher Instituts aus. Mit fast zwei Billionen Euro an verwaltetem Vermögen gehört es weltweit zu den Großen in diesem Segment der Finanzbranche.

Und der Bankenplatz Schweiz nimmt mit einem Marktanteil von etwa 25 Prozent in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung den Spitzenplatz ein. Das Volumen der in der Schweiz verwalteten Vermögen hat sich in den vergangenen zehn Jahren - also seit das Land das Bankgeheimnis unter internationalem Druck Stück für Stück aufgeben musste - nicht sehr stark verändert.

Mitarbeiter der Bank buhlten bei Jagdausflügen um reiche Kunden

Der Prozess in Paris lieferte konkrete Einblicke, wie UBS Tausende Kunden anwarb: Mitarbeiter der Bank trafen sich am Rande mondäner Ereignisse mit reichen Franzosen. Etwa bei Golfturnieren, auf Jagdausflügen oder beim French-Open-Tennisturnier. Dazu, so die Ermittler, entsandte UBS eigens Mitarbeiter aus der Schweiz nach Frankreich. Die betuchte Kundschaft sollte demnach heimlich, an den französischen Finanzbehörden vorbei, Konten in der Schweiz eröffnen. Bei der Verschleierung dieser Geldgeschäfte soll die Bank aktiv geholfen haben. Dafür soll sogar eine doppelte Buchführung zwischen der Zentrale in Zürich und der französischen UBS-Dependance eingerichtet worden sein.

Der Pariser Sonderstaatsanwaltschaft für Finanzkriminalität zufolge sind auf diese Weise mehr als zehn Milliarden Euro aus Frankreich auf Schweizer Konten abgeflossen. Von "industriellen Methoden" ist bei den Ermittlern die Rede. Die jetzt verhängte Buße in Höhe von 3,7 Milliarden Euro entspricht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Der Schadenersatz, der dem französischen Staat wegen entgangener Steuereinnahmen zugesprochen wird, ist dagegen niedriger, als die Regierung in Paris in ihrer Eigenschaft als Nebenklägerin gefordert hatte. Sie hatte eine Entschädigung von 1,6 Milliarden Euro verlangt.

UBS bestreitet alle Vorwürfe und kündigte sofort nach Verkündung des Urteils Berufung an. Den Verteidigern der Bank zufolge ist nicht belegt, dass UBS-Mitarbeiter mit vermögenden Kunden in Kontakt traten, um sie zur Eröffnung von Konten in der Schweiz anzustiften. Bis der Streit endgültig gerichtlich entschieden ist, dürften noch Jahre vergehen.

Die Aktien des Instituts verloren am Mittwoch bis zu fünf Prozent an Wert

Die Höhe der am Mittwoch verhängten Buße gibt ihm aber schon jetzt eine besondere Dimension. Derart hohe Strafen für Banken, denen Betrügereien vorgeworfen werden, waren bisher vor allem aus den USA bekannt. Dort haben etwa die Deutsche Bank, das US-Geldhaus Goldman Sachs oder das französische Institut BNP Paribas Strafen kassiert, die noch höher sind. Meist setzten die Banken dabei noch auf eine außergerichtliche Einigung.

UBS schlug diese Lösung in dem französischen Verfahren absichtlich aus. Das Institut ließ es auf einen Prozess ankommen: Während es in ähnlichen Fällen 2014 in Deutschland 300 Millionen Euro und schon 2009 in den USA 780 Millionen Euro zahlte, um einer Verurteilung zu entgehen, lehnte sie in Frankreich einen Vergleich ab. Aus Sicht der Bank erweist sich dies, jedenfalls nach gegenwärtigem Stand, finanziell betrachtet als Fehlentscheidung: Die einst vorgeschlagene Vergleichssumme wäre mit 1,1 Milliarden Euro deutlich günstiger gekommen als die 4,5 Milliarden Euro, die sie nun insgesamt zahlen soll. Wie empfindlich das Urteil die Bank trifft, offenbart die starke Reaktion der UBS-Aktie auf den Richterspruch. Die Anteile der Bank verloren am Mittwochnachmittag bis zu fünf Prozent ihres Werts.

Glaubt man Bradley Birkenfeld, dem UBS-Whistleblower, ist das französische Beispiel kein Einzelfall, sondern die Regel gewesen. "Auf der ganzen Welt arbeitete UBS so", sagt er. Für Birkenfeld ist das Urteil jetzt eine Genugtuung. Und: Für ihn persönlich hat es sich auch sehr gelohnt, über seinen Ex-Arbeitgeber auszupacken. Von der US-Regierung erhielt er dafür eine Belohnung von 104 Millionen Dollar.

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