Uber und das Taxigewerbe:Legende vom harmlosen Start-up

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Etabliertes Taxigewerbe gegen den Neuling aus den USA: Die Firma Uber sorgt weiter für Streit. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Der Fahrdienstvermittler Uber hat immer noch den Nimbus eines kleinen, freundlichen Start-ups. Doch das Prinzip Uber ist das Prinzip Überfall, das Unternehmen ist längst milliardenschwer. Gut, dass das Landgericht Frankfurt den Taxi-Konkurrenten vorerst gestoppt hat.

Kommentar von Jan Heidtmann

Die Internetbranche ist zwar noch vergleichsweise jung, aber bereits reich an Legenden. Eine davon ist, dass hier regelmäßig Klein gegen Groß, Start-up gegen Establishment, sympathisch gegen dogmatisch antritt. Sie umrankt auch das Agieren des Fahrdienstes Uber, der eine wunderbare Idee gegen eine übermächtige und rücksichtlose Kamarilla aus Taxi-Unternehmen und Behörden verteidige. Wie ein David gegen einen Goliath, so zumindest die Erzählung. Sie ist vor allem eines: kompletter Unsinn.

Der Marktwert von Uber wird inzwischen auf rund 17 Milliarden Dollar geschätzt. Das ist mehr, als die Autovermietung Hertz wert ist; das Netz-Unternehmen bietet seine Dienste nach eigenen Angaben in weltweit gut 200 Städten an. Und es sind nicht kleine Financiers einer gut gemeinten Firmengründung, die sich bei Uber engagiert haben. Es sind zum Beispiel die Investmentbank Goldman Sachs, Google und Amazon-Gründer Jeff Bezos, deren Geld in dem Unternehmen aus San Francisco steckt. 200 Milliarden Dollar, das ist der Firmenwert, den Uber einmal erreichen soll.

Ordnungsgeld droht

Nun hat das Landgericht Frankfurt am Main eine einstweilige Verfügung gegen Uber erlassen. Solange die Uber-Fahrer keinen Personenbeförderungsschein wie Taxi- oder Busfahrer besitzen, darf das Unternehmen in Deutschland keine Dienste mehr vermitteln. Ansonsten drohen der Firma bis zu 250 000 Euro Ordnungsgeld je Fahrt oder Ordnungshaft für Ubers Statthalter Zac de Kievit. Das klingt alles unheimlich deutsch: Ordnungshaft, Personenbeförderungsschein - doch es ist richtig, wie das Landgericht entschieden hat. Und es war an der Zeit. Ähnliche Versuche in Hamburg hat Uber aushebeln können, in Berlin scheuten die Taxifahrer vor Gericht zu gehen- aus Sorge, Uber könnte später Schadenersatz fordern.

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Denn das Prinzip Uber ist das Prinzip Überfall. Hat das Unternehmen eine Stadt für seinen Fahrdienst ausgemacht, geht es nach der immer selben Methode vor: Erst werden Fahrer angeworben, die App wird freigeschaltet, dann wird gewartet, ob es Widerstand gibt. "Die deutsche Gesetzgebung ist zu einer Zeit geschrieben worden, als das Internet noch nicht erfunden war", sagte Pierre-Dimitri Gore-Coty, einer der Europa-Chefs von Uber. "Es ist in unserem Interesse und im Interesse unserer Kunden, dass die Gesetze korrigiert werden." Für diese Korrektur werden renommierte Public-Relations-Agenturen eingeschaltet. Sollte das nicht genügen, schickt Uber seine Anwälte. So hat das Unternehmen auch angekündigt, das Geschäft trotz der Verfügung des Landgerichts weiter betreiben zu wollen.

"Gegner ein Arschloch namens Taxi"

Ubers Gründer und Chef, der Amerikaner Travis Kalanick, gilt als einer der aggressivsten Unternehmer der Branche, sympathisch an ihm ist hauptsächlich, dass er seine Ambitionen nicht versteckt. "Wir befinden uns in einer politischen Kampagne", sagte er kürzlich bei einer Konferenz in Kalifornien, "in der der Kandidat Uber heißt und der Gegner ein Arschloch namens Taxi."

Der bulligen Rhetorik gegenüber steht die Selbstdarstellung von Uber, Teil einer Gemeinschaft Gleichgesinnter zu sein. In der nach der Idee der Share Economy der Wohlstand aller steigt, wenn man nur teilt. Eine im Prinzip gute Idee, doch Firmen wie Uber haben sie längst pervertiert. Denn tatsächlich profitiert von Uber vor allem Uber. Es vermittelt etwas, das es gar nicht besitzt: Autos, Chauffeure; die gesamte Verantwortung aber liegt bei den Fahrern selbst. Hätten Lidl oder Aldi Arbeitsbedingungen wie Uber - der Skandal wäre groß.

Was das noch mit der Idee der Share Economy zu tun hat? Die Internetbranche ist eben reich an Legenden.

© SZ vom 03.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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