Elon Musk:Twitter heißt jetzt X, sonst ändert sich vorerst nichts

Elon Musk: Immer für eine überraschende Wendung gut: Elon Musk.

Immer für eine überraschende Wendung gut: Elon Musk.

(Foto: Samuel Corum/AFP)

Das Unternehmen Twitter existiert nicht mehr und heißt jetzt X Corp. Vorerst ändert sich nur der Name, Twitter-Chef Elon Musk könnte aber größere Pläne haben.

Von Simon Hurtz, Berlin

Jetzt ist es also doch passiert: Elon Musk hat Twitter aufgelöst. Seit der Multimilliardär das Unternehmen vor knapp sechs Monaten übernahm, wird Twitter immer wieder totgesagt. Musk werde die Plattform kaputtsparen und ruinieren, befürchteten Nutzer, Expertinnen und Journalisten. Das offizielle Ende ist weit weniger spektakulär: Twitter heißt jetzt X, sonst ändert sich vorerst nichts.

Aus dem Unternehmen Twitter, Inc. wurde bereits Mitte März X Corp., das wiederum zur X Holdings Corp. gehört. Die Namensänderung geht aus Gerichtsdokumenten hervor, die zunächst nur einem pseudonymen Twitter-Account aufgefallen waren. Anfang der Woche berichtete das Online-Magazin Slate, seitdem häufen sich die Spekulationen über Musks mögliche Motive.

Eine Interpretation lautet, dass Musk Twitter in eine Allzweck-App nach dem Vorbild von Wechat verwandeln möchte. Die chinesische App vereint soziales Netzwerk, Finanzdienstleistungen, Online-Shopping, Essensbestellungen, Terminvereinbarungen und Jobbörse. "Es macht alles - eine Art Twitter, plus PayPal, plus eine ganze Reihe von Dingen, mit einer großartigen Oberfläche", sagte Musk vor knapp einem Jahr. "Es ist wirklich eine hervorragende App, so etwas haben wir außerhalb Chinas nicht."

Bei seinem ersten Treffen mit Twitter-Angestellten im Juni drückte Musk erneut seine Bewunderung für die "großartige, großartige App" WeChat aus. Wenn Twitter etwas Vergleichbares erreichen könne, wäre das ein riesiger Erfolg, sagte Musk. Kurz vor dem Abschluss der Übernahme Ende Oktober schrieb er: "Der Kauf von Twitter ist ein Beschleuniger für die Entwicklung von X, der App für alles."

Musks Kommentar? X

Der Buchstabe X scheint Musk schon länger zu faszinieren. 1999 gründete er die Online-Bank X.com, auch in SpaceX, dem Tesla Model X und in den Namen seiner Kinder taucht das Zeichen auf. Vor sechs Jahren kaufte er die Domain X.com von Paypal zurück. Die aktuellen Mutmaßungen kommentierte der Twitter-Eigentümer gewohnt kryptisch mit einem einzigen Buchstaben: "X".

In den vergangenen Jahren hat Musk oft Dinge versprochen oder angekündigt, von denen er später nichts mehr wissen wollte. Er liebt es, Medien und Öffentlichkeit vorzuführen, für seine Witze und Tweets musste er bereits Dutzende Millionen Euro Strafe zahlen. Womöglich ist die Umwandlung von Twitter in X Corp. eine weitere Trollerei - mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass das Unternehmen genau wie Tesla und SpaceX in Nevada registriert ist, was weniger Verpflichtungen und juristische Vorteile mit sich bringen könnte.

Vielleicht möchte Musk Twitter aber wirklich radikal umbauen und in X, der App für alles, aufgehen lassen. Zumindest arbeitet er bereits aktiv daran, Gründe dafür zu schaffen, nicht nur das Unternehmen, sondern auch die App umzubenennen, indem er die Marke Twitter lächerlich macht. Anfang April zierte statt des Unternehmenslogos zwischenzeitlich ein Hund die Webseite. Auf einem Schild an der Firmenzentrale in San Francisco ließ Musk das 'w' in Twitter übermalen. Wer Twitters Pressestelle Fragen schickt, wie für diesen Artikel, bekommt eine automatisierte Antwort, die Musks Verhältnis zu unabhängigen Medien treffend beschreibt: ein Emoji in Form eines Kothaufens.

Im vergangenen halben Jahr feuerte Musk mehr als drei Viertel der Angestellten, mittlerweile arbeiten nur noch rund 1500 Menschen für Twitter. Er ließ Nutzerinnen und Nutzer darüber abstimmen, ob der ehemalige US-Präsident Donald Trump zurückkehren darf, ob eine Amnestie für dauerhaft gesperrte Konten erlassen werden und ob er selbst als Twitter-Chef zurücktreten soll. Das Ergebnis lautet dreimal Ja, bislang holte Musk aber erst Trump und Tausende Rechtsradikale zurück, mit seinem Rücktritt lässt er sich mehr Zeit.

Mehr als die Hälfte der wichtigsten Werbekunden zogen sich von Twitter zurück. Unternehmen fürchteten, dass ihre Anzeigen neben rassistischen, antisemitischen oder frauenfeindlichen Tweets auftauchen könnten. Glaubt man Musk, dann handelte es sich nur um eine vorübergehende Pause. "Fast alle von ihnen sind entweder zurückgekommen oder haben gesagt, dass sie zurückkommen werden", sagte er am Dienstagabend in einem Gespräch mit einem BBC-Reporter, das live auf Twitter übertragen wurde.

Musk zufolge gehe es Twitter "einigermaßen gut", trotz der Massenentlassungen funktioniere die Plattform nach wie vor. Er bereue den Kauf nicht und würde Twitter angeblich nicht mal verkaufen, wenn jemand 44 Milliarden Dollar böte - diese Summe hatte Musk gezahlt, kürzlich bezifferte er Twitters aktuellen Wert auf etwa 20 Milliarden Dollar. Indirekt gab Musk zu, dass er mit seinen kontroversen Tweets selbst zum Wertverlust beigetragen hat. "Habe ich mir mit Tweets mehrfach selbst ins Bein geschossen? Ja", sagte er im Gespräch mit der BBC. "Ich denke, ich sollte nach 3 Uhr morgens nicht mehr twittern."

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